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Schattenkrieg

Schattenkrieg

Titel: Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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Soldat versuchte verzweifelt, eine Infusionsnadel zu legen.
    Ein Fallschirmjäger, Helmer, baute sich vor ihr auf und salutierte. »Frau Leutnant, er ist so schnell aus dem Haus gelaufen, ich konnte nicht mehr bremsen …« Seine Stimme zitterte. »Er hat gar nicht auf die Straße gesehen, ich kann nichts dafür …«
    Unteroffizier Tönnes trat hinzu. »Ihn trifft keine Schuld, Frau Leutnant. Er konnte wirklich nicht so schnell reagieren.«
    »Glauben Sie, dass das diese Leute hier interessiert?«, erwiderte Veronika barsch. Sie beugte sich zu dem Jungen hinunter. Inzwischen war es ihrem Soldaten tatsächlich gelungen, die Infusionsnadel zu legen, nun wühlte er in der Sanitasche. »Wie geht es ihm?«, fragte sie ihn.
    »Schmidt?«, fragte er, während er eine Infusionsflasche hervorzog und an dem Ende des Schlauchs befestigte.
    Zwischen zwei Beatmungsstößen keuchte der andere: »Ist Kacke!«
    Der Erste blickte zu ihr auf. »Pupillen sind deformiert, wahrscheinlich Hirnblutung.« Er warf einen Seitenblick zu Schmidt, der sich weiter mit der Beatmung abmühte. »Und wir kriegen keine Luft in ihn rein!«
    »Was ist mit dem Beatmungsbeutel?«
    »Keine passende Maske!«
    »Was?«
    »Sind alle zu groß! Wer rechnet denn in diesem Scheißkrieg mit
Kindern

    Veronika erkannte in ihm Garnier, den Halbfranzosen und Sanitäter. Wenigstens musste sie sich nicht auf ihre eigenen, in den letzten vier Jahren rostig gewordenen Talente zurückgreifen. »Schaffen Sie es, ihn zu intubieren?«, fragte sie. Wenn der Junge erst einmal einen Schlauch in der Luftröhre stecken hatte, würde die Beatmung leichterfallen.
    »Ich werd’s versuchen. Aber es würde mich wundern, wenn wir hier was Passendes da hätten!« Er begann erneut, in seiner Sanitasche zu suchen, während sich der andere weiterhin damit abmühte, den Jungen zu beatmen. Sein rot angelaufenes Gesicht zeigte Veronika, dass er mit erheblichem Widerstand zu kämpfen hatte. Ob das Kind wohl am Kehlkopf verletzt war? Veronika hoffte inbrünstig, dass die Luftröhre nicht zuschwellen würde … Sonst könnte ihn nur noch ein Kehlkopfschnitt retten. Veronika hatte ein oder zwei Mal bei einem solchen Schnitt zugesehen, doch sie traute sich nicht zu, selbst einen durchzuführen – vor allem nicht unter solchen Bedingungen. Und das Lazarett war vierzig Kilometer weit weg in Priština!
    Der Sanitäter blickte von seiner Suche auf. »Frau Leutnant, wir haben kein passendes Material! Alles zu groß!«
    »Scheiße. Können Sie einen Kehlkopfschnitt durchführen?«
    Entsetzen trat in sein Gesicht. »Was? Frau Leutnant, ich –«
    »Versuchen Sie Ihr Glück mit den Schläuchen, die wir haben. Aber wenn es hart auf hart kommt, müssen Sie schneiden!« Der Mann nickte, ohne den Schrecken aus den Augen zu verlieren.
    Doch selbst wenn ihm der Schnitt gelingen würde, würde sie das nicht weiterbringen. Wenn der Junge tatsächlich im Kopf blutete, musste ihm jemand den Schädel öffnen. Und das Lazarett war viel zu weit weg …
    »Fragen Sie die Leute, ob es hier einen Arzt gibt!«, befahl sie ihrem Dolmetscher.
    Milanković wankte zu dem vermeintlichen Vater des Jungen, zögerte jedoch, als er den Soldaten mit dem Gewehr im Anschlag bemerkte. Mit einem Wink befahl Veronika, die Waffe herunterzunehmen. Als der Dolmetscher begann, auf den Albaner einzureden, erschien der zweite Dingo und hielt hinter dem Jeep. Soldaten stiegen aus und liefen heran.
    Der Dolmetscher war inzwischen fertig mit seinen Erkundigungen. »Er sagt, dass es hier keinen Arzt gibt«, erklärte er ihr.
    Veronika verdrehte die Augen. »Dann fragen Sie ihn, ob es hier in der
Nähe
einen Arzt gibt!«
    Als sich Milanković erneut dem Einheimischen zuwandte, rief Garnier hinter ihr: »Wir müssen ihn aus dieser Kälte schaffen! Gibt es in dem Haus einen geschürten Kamin oder etwas?«
    Unwillig, darauf zu warten, dass Milanković die Antwort aus dem Einheimischen herausbekam, schickte sie jemanden nach innen, um nachzusehen. Dann lief sie zu einem der umliegenden Gebäude. Die Leute wollten ihr schon die Türe vor der Nase zuschlagen, doch es gelang ihr, rechtzeitig den Springerstiefel dazwischenzuklemmen.
    »Kennen Sie einen Arzt? Wo ist der nächste Arzt?«, fragte sie, erst auf Deutsch, dann auf Englisch. Der Mann verstand sie nicht. Sie versuchte es mit Gesten, doch die verständnislose Miene des Albaners ließ sie verzweifeln. Sie ließ ihn stehen und hastete zum nächsten Gebäude. Sie hatte nicht mehr Glück als

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