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Schattenkrieg

Schattenkrieg

Titel: Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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in den Griff bekam. Fiona ließ sie los und setzte sich vor ihr auf den Boden. »Willst du mir erzählen, was passiert ist?«, fragte sie.
    Shona sah jetzt noch elender aus, das Haar war zerzaust, die Augen verheult, die Schultern bebten noch immer von unterdrückten Schluchzern. Doch zu Keelins Überraschung nickte sie langsam.
    »Sie sind vorgestern Abend gekommen«, murmelte sie. »Ich war alleine hier. Sie haben gesagt, dass sie Keelins Sachen abholen wollten, also habe ich sie reingelassen. Nachdem sie ihr Zimmer ausgeräumt hatten, sind sie zu mir gekommen. Zuerst haben sie mich gefragt, ob ich weiß, was passiert ist und wo Keelin jetzt steckt. Aber ich konnte ihnen nichts sagen, außer dass Mary tot und Keelin verschwunden ist.« Neue Tränen rannen über ihre Wangen, doch Shona wischte sie mit dem Handrücken weg und zog geräuschvoll die Nase hoch. »Dann haben sie … sie haben … mich …«
    Keelin verstand. Sie spürte, wie ihr schlagartig das Blut in den Beinen versackte, der plötzliche Schwindel war so stark, dass sie sich auf den Boden setzen musste, um nicht umzukippen. Die Stimmen ihrer Ahnen begannen zu toben, sie schrien nach Blut und Rache für das, was Shona passiert war. Es brauchte ihre gesamte Willensanstrengung, um sich zurückzuhalten, sich wieder auf das zu konzentrieren, was Shona zu sagen hatte. Schweißperlen standen auf ihrer Stirn, als sie sich wieder unter Kontrolle hatte.
    »Ich soll ihnen Bescheid geben«, flüsterte Shona gerade, »wenn ich etwas von Keelin hören sollte. Sonst würden sie wiederkommen.«
    Fiona griff nach ihrer Hand. »Wir können dir helfen, wenn du das willst. Es gibt Häuser für Mädchen wie dich, wo man dich nicht finden wird. Du musst nur ja sagen. Willst du das, Shona?«
    Shona nickte zaghaft, brachte schließlich mit belegter Stimme ein »Ja« zustande.
    »Gut. Ich werde alles in die Wege leiten. Und ich werde mich darum kümmern, dass die Leute, die das getan haben, dafür bestraft werden.«
    »Sind Sie … sind Sie von der Polizei?« Shona blickte auf.
    »Nein.« Fiona schüttelte den Kopf. »Wir arbeiten …
inoffiziell
.« Damit zog sie die Jacke zurück und zeigte Shona etwas, was deren Augen plötzlich zum Leuchten brachte. »Aber dafür«, fuhr Fiona fort, »brauchen wir deine Hilfe.«
    »Alles!«, antwortete Shona finster. »Alles, wenn Sie es diesen Wichsern nur heimzahlen!«
    »Das werden wir. Um diese Leute zu finden, musst du uns alles erzählen, was du über sie weißt. Ihr Aussehen, ihre Kleider, ihren Akzent, ihre Namen. Alles.«
    Shona nickte – und begann zu erzählen. Keelin hörte gebannt zu, überrascht, wie gut das Gedächtnis ihrer früheren Mitbewohnerin war – doch nur für einen Moment, bis sie sich an ihre eigene Vergangenheit erinnerte und an jenen
Vorfall
damals in ihrer Kindheit … Shona konnte sich daran erinnern, als ob es gestern gewesen wäre, so kristallklar hatte sich die Erinnerung in ihr Hirn gebrannt.
Nie mehr
würde sie vergessen, was sie an diesem Abend erlebt hatte.
    Keelin drängte den Gedanken zur Seite. Sie angelte sich aus dem Durcheinander einen Stift und einen Schreibblock und begann, sich Notizen zu machen.
    Sie waren zu dritt gewesen, drei Männer, zwei in ihren frühen Zwanzigern, der dritte etwas älter, schwarz gekleidet und körperlichgut trainiert. Sie hatten kaum gesprochen, weder während sie in Keelins Zimmer gearbeitet hatten, noch als sie die Sachen in großen braunen Umzugskartons nach unten getragen hatten. Dass etwas nicht in Ordnung war, hatte Shona erst gemerkt, als die drei, ohne zu klopfen, in ihr Zimmer getreten waren. Und das war zu spät gewesen. Keelin versuchte, nicht hinzuhören, als Shona erzählte, wie ihr die Männer die Kleider vom Leib gerissen und sie nacheinander auf ihrem Bett vergewaltigt hatten, doch ein kleiner, selbstzerstörerischer Teil in ihr zwang sie dazu, noch jedes kleinste Detail in sich aufzunehmen.
    »Wie solltest du sie kontaktieren?«, fragte Fiona, nachdem Shonas Erzählung geendet hatte. »Haben sie dir eine Visitenkarte dagelassen?«
    »Nur eine Telefonnummer.«
    Keelin notierte die Zahl und kreiste sie mehrmals ein. Das war vermutlich der beste Hinweis, den sie auf diese Bastarde bekommen würden.
    Sie schwiegen eine Zeitlang. Schließlich erhob sich Fiona. »Wir werden jetzt gehen, Shona. Aber ich komme wieder, sobald ich kann. Ich muss mich erkundigen, in welchem unserer Häuser noch ein Platz für dich frei ist.«
    Shona nickte schwach.
    Die Druidin

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