Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenkrieg

Schattenkrieg

Titel: Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
Vom Netzwerk:
richtig, Herr Hauptmann.«
    »Warum? Warum das denn?«
    »Weil ich es für das Beste hielt, Herr Hauptmann.« Sie hatte fest damit gerechnet, dass sie Hagen deshalb zu sich zitieren würde und sich vorsichtshalber eine Rechtfertigung überlegt. Wenn sie allerdings Hagen richtig einschätzte, würde sie die gar nicht brauchen.
    »Meinen Sie?«
    »Jawohl, Herr Hauptmann.«
    Der Kompaniechef zögerte. Veronika beobachtete ihn, wie sich auf seinem Gesicht der Konflikt zwischen dem Hang zur Bequemlichkeit und dem Drang, sie zurechtzuweisen, austrug. Wie so oft bei ihm schien die Bequemlichkeit zu siegen, denn schließlich meinte er: »Also gut, Frau Leutnant.« In einem Versuch, seine Autorität nicht ganz zu verlieren, fügte er noch hinzu: »Abervergessen Sie nicht, Ihren Leuten zu sagen, dass Herrn Leutnant Stern als wachhabendem Offizier sowie seinen Unteroffizieren strikt Folge zu leisten ist.«
    »Das ist bereits geschehen, Herr Hauptmann.«
    »Sehr gut. Haben Sie Ihren Bericht?«
    »Nein, noch nicht, Herr Hauptmann. Ich werde ihn morgen abschließen.«
    Hagen nickte. »Gibt es sonst noch etwas?«
    »Nein, Herr Hauptmann!«
    »Gut. Treten Sie weg …« Er scheuchte sie mit einer Handbewegung davon.
    »Herr Hauptmann!« Nach einem zweiten Gruß verließ sie den Raum.
    Bevor sie auf ihr Zimmer ging, sah sie noch einmal bei Tönnes vorbei. »Machen Sie Schluss für heute, ich bin auch noch nicht fertig geworden. Und schicken Sie Ihre Männer ins Bett.«
    Der Unteroffizier nickte. »Frau Leutnant …«
    »Ich gehe jetzt schlafen, Tönnes. Falls es noch etwas gibt …«
    »Ich weiß, wo ich Sie finden kann. – Gute Nacht, Frau Leutnant.«
    »Gute Nacht!«
    Veronika wandte sich um und ging zurück in ihr Zimmer. Dort ließ sie sich noch einmal auf ihren Stuhl sinken. Sie griff nach dem Bilderrahmen mit dem Familienfoto und starrte es nachdenklich an. Eine Zeitlang saß sie schweigend da und lauschte ihren vorbeiwehenden Gedanken und Emotionen. Wie es den Eltern wohl zu Hause ging? Ob ihr Vater inzwischen wieder einen Job gefunden hatte? Und wie immer die Frage: Hätte sie den Selbstmord ihres Bruders verhindern können?
    Schließlich legte sie das Bild zur Seite und zog das Medaillon unter dem Shirt hervor. Zärtlich nahm sie es in die Hand und betrachtete nachdenklich die wie Greifvogelklauen geformten Parierstangen und die in das Blatt gravierten Runen. Wie wohl Großvater dazu gekommen war? War es das Geschenk einer Geliebtenoder ein Beutestück, das er einem gefallenen Norweger abgenommen hatte? Oder hatte er etwa Häuser geplündert und Unschuldige ausgeraubt, ganz so wie ihre Soldaten?
    Und wenn schon … Es ist ein Andenken, an ihn und an Thorsten.
    Mit einem Seufzer zog sie sich auch die Hundemarke über den Kopf und legte beides zusammen mit ihrer Armbanduhr auf die Ablage vor dem Spiegel. Nachdem sie sich die Zähne geputzt und sich noch einmal kurz gewaschen hatte, kleidete sie sich aus und wickelte sich in ihre Decken. Den Wecker stellte sie auf 07:00 Uhr. Nachdem sie die P8 unter das Kissen geschoben hatte, knipste sie die Taschenlampe aus.
     
    Sie erwachte irgendwann in der Nacht. Shirt und Shorts waren nass vom Schweiß und klebten an ihrem Körper. Sie hatte Herzrasen, ihr Atem kam schnell und hart. Für einen kurzen Moment war sie desorientiert.
    Was ist denn los?
fragte sie sich verängstigt.
Habe ich geträumt?
Ein Alptraum würde zumindest ihren Zustand erklären – sie befand sich schon wieder am Rand einer Panikattacke!
    Verspätet verstand Veronika, was diese heftige Reaktion ausgelöst hatte –
ihr Gefahrensinn!
Der Schock ließ beinahe ihr Herz stehenbleiben und löschte binnen eines einzigen Augenblicks die Müdigkeit aus ihrem Bewusstsein.
    Im gleichen Moment wurde mit einem lauten splitternden Geräusch ihre Zimmertür aus den Angeln gerissen und in den Raum geworfen. In der Dunkelheit sah sie einen schwarzen Schatten durch die entstandene Öffnung huschen.
    Ihr Kampfsinn setzte ein, noch bevor ihr Verstand überhaupt kapiert hatte, was um sie herum passierte. In einer einzigen fließenden Bewegung wirbelte Veronika aus ihrem Bett und riss gleichzeitig die Pistole unter dem Kopfkissen hervor. Noch bevor ihre Bewegung abgeschlossen war, kannte sie bereits die Abwehr ihres Gegners, doch ihr Kampfsinn ließ sie die Chance spüren, die winzige Lücke in der Verteidigung …
    Ihr Arm arretierte in der Waagrechten, ihr Zeigefinger krümmte sich um den Abzug der Pistole –
    Ein greller Schmerz

Weitere Kostenlose Bücher