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Schattenkrieg

Schattenkrieg

Titel: Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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ausgestorben, das ferne Pochen des Trommelschlags wie der ferne Pulsschlag einer anderen Welt. DieKürbisköpfe grinsten ihr flackernd entgegen. In der Stille und der Dunkelheit wirkten sie mehr als unheimlich.
    Kindereien,
ermahnte sie sich, doch das mulmige Gefühl ließ sich nicht vertreiben. Und war es nicht so, dass viele Feste früher einmal heidnische Bräuche gewesen waren? Aus den tanzenden Indianern ihrer Phantasie wurden plötzlich menschenopfernde Wilde. Ihr Herz begann, schneller zu schlagen.
    Mehrere Minuten stand Keelin so da und nahm die Eindrücke dieser fremdartigen Nacht in sich auf. Schließlich jedoch bezwang ihre Neugierde die Angst. Entschlossen trat sie hinter der wild wuchernden Hecke hervor, hinter der sie das Dorf beobachtet hatte, und machte sich daran, das Dorf zu umrunden. Sie wollte sehen, woher diese Trommeln kamen.
    »Stad!«, rief plötzlich eine tiefe Männerstimme. »Cò a tha ann?«
    Keelin erstarrte. Sofort war die Angst wieder da, um vieles stärker als noch gerade eben. Was sollte sie tun? War sie entdeckt?
    Langsam, ganz langsam ging sie in die Knie. Es war dunkel, trotz der Kürbislichter, und sie befand sich am Rand einer dornigen, wilden Hecke. Vielleicht entschloss sich ihr Rufer, sich doch getäuscht zu haben, wenn sie lange genug stillhielt?
    Die Zeit erstreckte sich zur Ewigkeit. Bei den Gebäuden regte sich nichts. Doch der Ruf war auch nicht von dort gekommen … Auf der anderen Seite der Hecke vielleicht? Oder an dem Waldrand gegenüber? Regungslos versuchte sie, die Dunkelheit mit ihren Blicken zu durchdringen. Ihre Ohren waren aufs Äußerste geschärft.
    Plötzlich erklang links von ihr ein kurzer Ruf, und etwas brach mit dem Geräusch berstender Äste durchs Gebüsch. Von rechts rannte eine Gestalt direkt auf sie zu. Mit der dichten Hecke in ihrem Rücken blieb Keelin nur ein einziger Fluchtweg. Sie rannte los, lief quer über die Wiese an den aufgereihten Kürbissen vorbei in das Dorf und schlüpfte zwischen den ersten beiden Gebäuden hindurch. Hinter sich hörte sie dichtauf die Schritte ihrer Verfolger, einer rief ein paar gälische Worte. Keelin hetzte in wilderFlucht durch die Siedlung. Zu ihrem Glück war hier sonst niemand unterwegs. Sollte sie sich in einem der Häuser verstecken? Aber sie hatte nicht genügend Vorsprung, um sich ungesehen abzusetzen …
    Kurz darauf ließ sie das letzte der Gebäude hinter sich und erkannte vor sich den Pfad. Die Schritte hinter ihr waren zurückgefallen. Wenn sie es in den Wald schaffte, bevor ihr Verfolger um die Ecke bog … Mit aller Kraft spurtete sie über ein schmales Feld, überquerte erneut eine Kürbisreihe und erreichte den Waldrand.
    Dann ging alles ganz schnell. In ihrem Augenwinkel sah Keelin eine Bewegung. Noch bevor sie reagieren konnte, schlug plötzlich etwas von rechts gegen ihren Körper. Die Wucht des Schlages schleuderte sie vom Pfad in das Unterholz, wo sie sich einmal überschlug, bevor sie unsanft von einem Busch gebremst wurde.
    Ihre rechte Seite brannte wie Feuer, Sterne tanzten vor ihren Augen. Sie versuchte, sich aufzurappeln, doch für den Moment verweigerte ihr Körper den Gehorsam. Einer der Angreifer nutzte ihre Hilflosigkeit, packte sie und warf sie sich über die Schulter. Keelin strampelte und schrie, während der Mann mit ihr zurück zum Dorf lief. Als sie an den Kürbissen vorbei waren, nahm er sie von der Schulter und warf sie unsanft auf den Boden. Sie versuchte, hochzukommen. Als sie jedoch die Klinge in seiner Hand sah, in der sich der Flackerschein der Kürbisfratzen widerspiegelte, hielt sie schreckensstarr inne.
    Ein zweiter Mann tauchte auf, schwer atmend. Die beiden begannen, auf Gälisch zu diskutieren. Die Angst lähmte Keelins Körper, doch ihr Verstand arbeitete auf Hochtouren. Hastig sog sie die Details in sich auf, um sich für einen Fluchtversuch vorzubereiten.
    Der Kleinere der beiden, derjenige, der sie niedergeschlagen hatte, war ein wahres Muskelpaket. Er war kaum größer als sie selbst, wog aber vermutlich das Doppelte von ihr. Die Klinge in seiner Hand war lang, länger als einen halben Meter, und blitzte bedrohlich, wenn sie sich etwas bewegte. Der Größere war schlanker,doch auch seine Figur war athletisch. Er hatte einen langen Speer in der Hand. Beide trugen Vollbart, das Haar lang und wild, nur an den Schläfen zu zwei kleinen Zöpfen geflochten. Ihre Kleidung bestand aus dem schottischen Großkilt, den beide länger trugen, als Keelin es kannte, so dass

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