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Schattenkrieg

Schattenkrieg

Titel: Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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Haut und ließ sie frösteln, aber ihre Angst trieb sie voran. Sie wagte nicht, daran zu
denken,
was passieren würde, wenn man sie einholte. Immerhin kam sie inzwischen wieder etwas besser voran: Sie hatte sich an den Untergrund und die schlechten Lichtverhältnisse gewöhnt, so dass sie nicht mehr so oft stolperte.
    Ihr Pech suchte sich genau diesen Moment aus, um zuzuschlagen. Ihr Fuß traf ein Erdloch und knickte mit einem durchdringenden, schnalzenden Geräusch um. Keelin ging zu Boden. Ein höllischer Schmerz tobte in ihrem Bein und hielt sie davon ab, allzuhastig wieder aufzustehen. Mühsam brachte sie sich in eine halb sitzende Position und lauschte mit leise keuchendem Atem in die Dunkelheit.
    Der Gesang und die Trommeln waren verstummt. Hatte ihr Entkommen die Zeremonie gestört? Oder war sie ohnehin zu Ende gewesen? Letztendlich war es gleichgültig – ob zwei oder zweihundert Verfolger, Keelins Flucht war vorüber.
    In der Stille hörte sie den Ruf einer Eule. Ein leichter Wind rauschte leise in den Kiefern. Was Keelin
nicht
hören konnte, waren Schritte.
    Erleichtert atmete sie auf. Sie streifte die Kiefernnadeln ab, die sich beim Sturz in ihre Hände gebohrt hatten, und untersuchte ihren Fuß. Der Schmerz hatte schon wieder nachgelassen und war einem dumpfen Pochen gewichen. Vorsichtig stand sie auf und humpelte weiter. Jeder Schritt sandte eine neue Welle aus Schmerz durch ihr Bein, und jedes Mal schien er ein wenig stärker zu werden. Besorgt setzte sich Keelin auf einen Stein und zog mit zusammengebissenen Zähnen den Schuh vom Fuß. Vorsichtig tastete sie ihn ab und stellte fest, dass er bereits angeschwollen war. Hatte sie sich nicht vorgenommen, sich hier in diesem Traum nicht zu verletzen?
    Doch was sollte sie tun? Hier warten, bis sie von den Männern wieder gefunden werden würde? Vor allem Malcolm würde sich kaum freuen, sie wiederzusehen … Oder weiterhumpeln? Der Schmerz war
jetzt
schon kaum noch auszuhalten. Und wenn es ihr tatsächlich gelang, den Bergkamm zu erklimmen, was dann? Verließ sie mit dem Glen auch den Traum? Oder würde sie nur das nächste Glen erreichen?
    Unglücklicherweise war Warten ebenfalls keine Option. Sie spürte schon die Kälte in sich kriechen. Sie fror leicht, seitdem sie so abgenommen hatte. Außerdem erinnerte sie sich an die Zeitungsartikel der letzten Winter, die von den vielen erfrorenen Pennern in und um Inverness berichtet hatten. Was konnte sie sonst noch tun? Um Hilfe rufen?
    Das wäre die allergrößte Erniedrigung, jetzt noch Malcolm und Robb um Hilfe anbetteln zu müssen!
    Wenn sie doch endlich aufwachen würde!
    In diesem Moment machten ihre inzwischen an die Dunkelheit gewöhnten Augen eine Gestalt aus, die schräg den Hang emporstieg. Sie war recht klein und trug eine auffällige weiße Kutte, deren Kapuze sie über den Kopf gezogen hatte.
    Die Gestalt bemerkte sie. Eine tiefe Frauenstimme fragte sie: »He, Kleines, alles in Ordnung?«
    Keelin war etwas überrascht. Eigentlich hatte sie einen Suchtrupp erwartet … oder zumindest die beiden Männer, denen sie entkommen war. Doch eine einzelne Frau?
    Sie schüttelte den Kopf.
Nichts ist in Ordnung …
    Die Frau zog sich die Kapuze vom Kopf und trat auf sie zu. »Ich bin die Druidin Fiona Mackenzie. Für dich Fiona.« Sie streckte ihr die Hand entgegen.
    Zögerlich griff Keelin danach und schüttelte sie. »Keelin.«
    Fiona war wohl – soweit sie in der Dunkelheit erkennen konnte – in mittleren Jahren und trug ihre dunklen Haare zu zwei dicken Zöpfen geflochten. Zwei weitere, kleinere Zöpfe baumelten über ihre Schläfen herab. Sie hatte ein recht rundes, pausbäckiges Gesicht und einen kräftigen Händedruck.
    »Malcolm und Robb haben mir von dir erzählt. Du glaubst, dass du gerade träumst, ja?« Fiona setzte sich neben sie.
    Keelin nickte schwach.
    »Es ist alles recht verwirrend im Moment, stimmt’s?« Ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr sie fort: »Es tut mir leid, dass ich dir jetzt nicht alles erklären kann. Wir müssen uns in deiner Welt treffen, dann erfährst du alles!«
    »Ist das denn möglich?«
    »Das ist ein Kinderspiel. Du sagst mir, wann und wo. Ich werde da sein!«
    »Am Mittwoch irgendwann?«, schlug Keelin vor. Das war ihr nächster freier Tag.
    »Mittwoch, ja? Sind noch einige Tage hin bis dahin. Wo bist du gerade? Wo steht dein Bett, meine ich.«
    »In Inverness.«
    Die Stimme der Druidin nahm plötzlich einen eiligen Tonfall an. »Dann haben wir nicht viel Zeit! Wir

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