Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenkrieg

Schattenkrieg

Titel: Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
Vom Netzwerk:
geschlossenen Augen konzentrierte sie sich auf Teagues Hand und auf den Schmerz, unter dem er litt. Sie fand ihn, ein brennendes Stechen in seiner Seite, griff nach ihm, stahl ihn. Für einen kurzen Moment spürte sie selbst den Pfeil in sich stecken, doch noch bevor ihr Körper darauf reagieren konnte, hatte sie ihn bereits freigegeben. Der Schmerz verging, ohne Spuren zu hinterlassen.
    »Was«, stammelte Teague, »was hast du getan? Bist du ein Heiler?« Er versuchte, sich aufzurappeln, wurde jedoch von einem Hustenanfall zurückgehalten. »Du bist –«
    »Bewege dich nicht!«, befahl Keelin und drückte ihn mit sanfter Gewalt zurück zu Boden. »Ich habe dich nicht geheilt. Ich habe dir nur die Schmerzen genommen. Der Pfeil steckt noch immer in dir, und wenn du nicht ruhig liegen bleibst, wird er sich tiefer in die Wunde arbeiten!«
    Er musste erneut husten und Blut spucken.
    »Entspann dich, Hilfe ist unterwegs!« Sie konnte nur hoffen, dass das auch stimmte. Scott würde es nicht einfach haben, in diesem Nebel jemanden zu finden, und es war nicht gesagt, dass einer der beiden Großen noch genügend Kraft für eine Rohe Heilung übrig hatte.
    Es gab nur zwei Druiden im gesamten Ratsgebiet, die die Kraft der Rohen Heilung besaßen – der Gallier Justus und die Waliserin Angharad. Nur sie konnten mit ihrer Magie direkt auf Wunden einwirken, ohne den Umweg verzauberter Tränke oder magischer Kräuter. Wo andere Heiler »nur« die Selbstheilungskräfte ihre Patienten verstärken konnten, waren Justus und Angharad inder Lage, tatsächlich zu
heilen
– etwas, was Teague bitter nötig hatte, wollte er eine Chance haben, seine Verwundung zu überstehen.
    »Wie steht es um mich?«, fragte der Ire. »Werde ich daran sterben?«
    Keelin versuchte abzuschätzen, wie viel von dem Pfeil wohl in ihm steckte. »Du hast Glück gehabt«, meinte sie schließlich. »Wenn er sich noch etwas tiefer gebohrt hätte, hätte er wahrscheinlich dein Herz erwischt.«
    »Oh, ihr Götter!« Er schüttelte den Kopf, sah die Wunde an. »Das ist alles so … so
unwirklich
… ich liege hier mit einer gemeingefährlichen Pfeilschusswunde, und ich spüre kein bisschen Schmerz …«
    »Das ist kein Grund, nicht ganz ruhig liegenzubleiben, Teague. Ruh dich aus.« Dann wandte sie sich an ihre Gefolgsleute: »Helft mir, seine Rüstung abzuschnallen, damit wir anfangen können, sobald der Heiler hier ist.«
    Keelin zückte ihren Dolch und begann, das Wams aufzuschneiden. Gemeinsam mit zwei ihrer Helfer löste sie dann Teagues Panzer. Was ihm bei seiner Verletzung zum Verhängnis geworden war, erleichterte ihnen nun die Arbeit: Der Pfeil steckte
zwischen
den Platten, und so konnten sie die Rüstung einigermaßen problemlos lösen und abnehmen. Das Wollzeug darunter zerschnitt Keelin wieder mit ihrem Dolch.
    »Keelin?«, rief Scotts Stimme aus dem Nebel. »Wo seid Ihr?«
    »Hier!«
    Kurz darauf hörte sie Schritte. Scott kehrte zurück, und mit ihm … Angharad! Keelin fiel ein Stein vom Herzen, als sie die alte Frau mit dem strengen Gesicht und den grauen, nach hinten gebundenen Haaren erkannte. Sie trug mehrere lederne Umhängetaschen an ihren Seiten, doch Keelins Blick fiel sofort auf den Pfeil, den die Heilerin in Händen trug. Er war schwarz.
    Sie kam jedoch nicht dazu, nachzufragen, was das zu bedeuten hatte. »Ich brauche Platz«, befahl Angharad, ohne Zeit zu verlieren,und Keelin beeilte sich, aufzustehen und auf Teagues andere Seite zu wechseln.
    Wortlos ging die alte Frau ihr gegenüber in die Knie. Ihre Hände begannen, die Brust des Druiden abzutasten, die Rechte an seinem Brustbein, die Linke an seiner Flanke. Ihr Blick war auf Keelin gerichtet, doch dem angespannten Ausdruck in ihrem Gesicht nach zu urteilen, sah sie im Moment mit ihren Händen.
    »Der Pfeil hat sich also nicht durch die Rüstung gebohrt?«, fragte sie.
    Keelin schüttelte den Kopf. »Nein. Er hat genau in den Zwischenraum zwischen Brust- und Rückenplatte getroffen, unter der Achsel.«
    »Also hat unser Schütze schon wieder zugeschlagen.«
    »Unser Schütze?«, fragte Keelin.
    Nun blickte Angharad sie doch noch direkt an. »Vermutlich ein Schatten mit einem enormen Talent für den Bogen. Der Waliser Trevor liegt schwer verletzt im Verwundetenlager. Der Pfeil dort stammt aus seinem Oberschenkel. Und der Fürst Ronan von den Bretonen ist gefallen, von einem wahren Meisterschuss getötet. Einen wie ihn werden wir so schnell nicht wieder sehen.« Sie wandte sich an Teague.

Weitere Kostenlose Bücher