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Schattenkrieg

Schattenkrieg

Titel: Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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Mordes an einem Untergebenen, und das wahrscheinlich auch noch zu recht. Sie hatte versucht, ihren Männern das Motto
Wie Pech und Schwefel
beizubringen. Zusammenzuhalten wie Pech und Schwefel. Gehörten sie, die vier Frauen in dieser Zelle, etwa nicht zusammen? Was war nun mit diesem ach so hochtrabenden Motto? Veronika war damit schon beim ersten Belastungstest schändlich durchgefallen …
    Wie schnell ein Mensch sinken kann!
     
    Veronika lag so da, bis sie Mareike zurückbrachten. Unsanft bugsierten sie das Mädchen in die Zelle, hinter ihr fiel krachend die Tür ins Schloss. Schnell wurden die Schritte der Wachen auf den Gitterböden leiser – anscheinend hatten sie es jetzt eilig davonzukommen.
    Veronika versuchte, Mareike zu ignorieren, war jedoch nicht sehr erfolgreich damit. Es war nicht zu übersehen, dass sie Schmerzen hatte. Mühsam und mit eckigen Bewegungen kletterte sie hoch in ihr Stockbett und legte sich hin. Dort rollte sie sich zusammen, wortlos und mit dem Gesicht zur Wand, und begann leise zu schluchzen.
    Veronika rang um Worte. Was sollte sie sagen? Was
konnte
sie sagen zu einer Frau, die gerade auf brutale und grausame Art und Weise vergewaltigt worden war? Beschämt hielt sie ihren Mund. Veronika empfand
noch immer
die Erleichterung, nicht selbst ausgewähltworden zu sein, und war sich nicht sicher, dies aus ihrer Stimme heraushalten zu können.
    Mit lauten, klackenden Geräuschen wurde die Beleuchtung im Zellentrakt angeschaltet. Veronika zuckte zusammen, als sie von dem kalten, grellen weißen Licht geblendet wurde, und wunderte sich, dass es tatsächlich schon Morgen war.
    Mühsam richtete sie sich im Bett auf, ließ die Beine nach unten baumeln, rieb sich den Schlaf aus den Augen. Wortlos tauschten die anderen mit ihr Blicke aus. Petra zuckte mit den Schultern:
Was hätte ich tun sollen?
schien sie sagen zu wollen. Veronika presste die Lippen aufeinander, schüttelte den Kopf.
    Gar nichts.
    Warum haben wir dann trotzdem alle so ein verdammt schlechtes Gewissen?
    Schritte kamen den Korridor entlang. Eine Gruppe aus vier Wächterinnen tauchte vor ihrer Zelle auf. Ihre Mienen waren missmutig und müde, mit einer Spur Grimmigkeit und Frustration. Zum ersten Mal fragte sich Veronika, ob Bestechungsgeld der einzige Grund war, warum sie ihre Gefangenen so ans Messer lieferten. Vielleicht wurden sie selbst bedroht.
    »Frau Wagner!«; brüllte eine von ihnen. »Aufstehen, Sie haben Besuch!«
    »Jetzt schon?«, murmelte Veronika. Ihr obligatorischer Montagsbesuch ließ sich normalerweise Zeit bis nach dem Mittagessen. Sie beeilte sich dennoch, der Anweisung nachzukommen. Sie ließ sich vom Bett rutschen und zog hastig Hose und Hemd über ihre Unterwäsche, in der sie geschlafen hatte.
    Sie bekam keine Antwort. Sie sperrten die Türe auf, legten ihr Handschellen um die ausgestreckten Handgelenke, dann führten zwei von ihnen sie davon.
    Auf dem Weg zu den Besucherräumen, wappnete sich Veronika für das, was ihr bevorstand. Natürlich war es weitaus weniger schlimm als …
das von heute Nacht …
aber es würde unangenehm werden.
    Veronika wurde jeden Montagmorgen der Presse vorgeführt. Dafür gab es zwei Gründe, wie sie von einem Journalisten erfahren hatte: Zum einen war die Bundeswehr in der Vergangenheit von mehreren Skandalen erschüttert worden. Nun galt es zu beweisen, dass Soldaten ebenso hart bestraft wurden wie zivile Personen. Zum anderen war die Regierung seit langem dem Vorwurf ausgesetzt, dass zu viele Langzeitgefangene ihren Gefängnisaufenthalt nicht überlebten. Deshalb hatten beide Parteien großes Interesse daran, der Welt zu zeigen, dass Veronika noch lebte, es ihr aber nicht zu gutging. Und die schmierigen Jungs von der Presse hatten wieder eine Story. Veronika könnte kotzen.
    Als sie jedoch nicht in den Presseraum, sondern in den allgemeinen Besucherraum geführt wurde, war sie ziemlich überrascht. »Keine Reporter heute?«, fragte sie.
    »Die Reporter gibt’s morgen«, erwiderte die Wächterin mürrisch. »Heute ist Sonntag.«
    Veronika zog die Augenbrauen nach oben. Sie hatte, nachdem sie von dem Besuch erfahren hatte, automatisch an Montag gedacht.
    Der Besucherraum war ein großer, mit weißem Linoleum ausgelegter Raum mit zwei Eingängen, einen für die Gefangenen, einen für die Besucher. Dazwischen befand sich eine Wand, in die Fensterscheiben eingelassen waren. Darunter stand jeweils ein Tisch mit einem Telefon, über das man mit seinem Gast telefonieren konnte.

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