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Schattenkrieg

Schattenkrieg

Titel: Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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entlangzogen.
    Denn an den Wochenenden, so wusste Veronika nach zwei Wochen Gefängnis inzwischen, kamen die Wächter aus den anderen Abschnitten in den Block III. Die
männlichen
Wächter. Die Wächterinnen von Block III verdienten gutes Geld damit. Alles, was sie dafür tun mussten, war, wegzusehen. Das war der Grund für die unnatürliche Stille. Keiner wollte Aufmerksamkeit auf sich lenken. Aber man konnte Gift darauf nehmen, dass niemand hier im Block III schlief.
Niemand
.
    Veronika hatte bisher Glück gehabt. Kurz vor ihr war eine ehemalige Miss Berlin eingewiesen worden. Die Wächter hatten es natürlich sofort auf sie abgesehen. Seitdem waren sie nur noch zu ihr gekommen. Vier Stück. Zwei Wochenenden. Freitags, samstags, sonntags. In der letzten Woche hatte sich das Mädchen montagsbeim morgendlichen Freigang kaum auf den Beinen halten können.
    Vor drei Tagen hatte sie sich umgebracht. Sie hatte sich in ihrer Zelle erhängt, und seitdem hieß es, dass sich die Männer nicht mehr jede Nacht auf die Gleiche stürzen durften. Seitdem ging die Angst wieder stärker um im Block, und auch Veronika konnte sich ihr nicht entziehen. Wenn sie
sie
wählen würden, was würde dann passieren? Vier Mann gegen eine? Hatte sie die Kraft, die Augen zu verschließen und die Seele wegzusperren, während sie vergewaltigt wurde? Oder würde sie in ihrer Panik versuchen, sich zu wehren, und so erst noch Prügel einstecken, bevor
es
passierte?
    Anfangs hatte sie gedacht, Petra würde versuchen, die Aufmerksamkeit der Männer auf sie zu lenken. Petra war eine der drei anderen, mit denen Veronika die Zelle teilte, verurteilt wegen Raubmord zu lebenslänglicher Haft. Sie war früher unumstrittene Anführerin der Zelle gewesen, ja sogar des ganzen Zelltrakts. Bis sie Veronikas Medaillon gefordert hatte.
    Veronika hatte es geschafft, Thorstens Schwert-Anhänger in die Zelle zu schmuggeln. Bei ihrer Ankunft hier hatten sie sie gründlich untersucht, ihr sämtliche Körperhaare abrasiert, aber eine Kontrolle ihrer Körperöffnungen hatten sie ihr erspart. Trotz der Kartonstreifen, mit der Veronika das Medaillon umwickelt hatte, hatte sie zwei Wochen lang geblutet.
    Als Petra den Anhänger das erste Mal bemerkte, hatte sie Veronika sogleich aufgefordert, ihn ihr zu geben. Veronika hatte sich geweigert. Petra hatte ihr gedroht, und Veronika war schon drauf und dran gewesen, ihn herauszugeben, doch da hatte ihr der Kampfsinn verraten, dass die Bedrohung alleine von Petra und nicht von den beiden anderen Zelleninsassen ausgegangen war. Es stand eins gegen eins, und so hatte sie es darauf ankommen lassen. Petra hatte keine Chance gehabt – weder beim ersten Kampf, als sie sie ganz offen herausgefordert hatte, noch beim zweiten, als sie sie in den Duschen von hinten angegriffen hatte, noch beim dritten, als sie es in der Nacht versucht hatte. Veronikas Kampf- und Gefahrensinnsowie ihre Zweikampfausbildung hatten ihr jedes Mal die Haut gerettet.
    Zwei Tage nach dem nächtlichen Überfall jedoch war plötzlich eine der Wächterinnen an sie herangetreten und hatte ihr das Medaillon abgenommen. Veronika hatte sich nicht gewehrt. Was hätte sie auch tun sollen, mit mindestens zehn weiteren Wächterinnen im Block? Petra hatte sie verpfiffen, ohne jeden Zweifel. Aber die Wächter dazu aufzufordern, Veronika zu vergewaltigen, schien sie dann doch nicht zu wagen.
    Hoffentlich …
    Neben sich hörte sie, wie sich Mareike auf die andere Seite wälzte. Im Gegensatz zu Petra (Raubmord) und Nicole (schwere Körperverletzung mit Todesfolge) –
und du gehörst auch dazu, Veronika, du hast einem Mann den Kopf abgeschlagen!
– war Mareike »nur« wegen eines Giftmords angeklagt. Ihr war die offene Gewalt viel fremder als den anderen, vermutlich empfand sie die größte Angst.
    Veronika seufzte, drehte sich ebenfalls herum, achtete darauf, dass sie von der Gittertür aus gut sichtbar war. Es gab nur Ärger, wenn man sich versteckte. Die Wächter wünschten einen guten Blick auf die Frauen, wer sich versteckte, wurde verprügelt. Sie erwarteten, dass sich die Gefangenen ausstellten wie Prostituierte … Oder wie ein Stück Fleisch beim Metzger.
    Veronika würde ihre linke Hand für eine Uhr geben. Eine billige Armbanduhr oder einen Fünf-Mark-Wecker, egal was. Die Nächte am Wochenende zogen sich in die Unendlichkeit, voll angsterfüllter Hilflosigkeit. Dabei die Zeit richtig einzuschätzen war unmöglich. Sie hatte keine Ahnung, ob sie noch drei Stunden

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