Schattenkrieg
unterdrücken,
was zum Teufel eigentlich passiert ist!
Ohne sich noch einmal umzublicken, betrat sie die Diskothek.
Musik dröhnte aus den Lautsprechern, eine dumpfe Mischung aus lautem Heavy Metal und dunklem Gothic. Der Beat der Musik war noch durch die Schuhsohlen zu spüren. Die Sängerin sang von Hass und Gewalt und Sex. Unzählige schwarzgekleidete Leute waren auf der Tanzfläche und wiegten sich zum Rhythmus.Das Stroboskop tauchte die Szenerie stakkatoartig in grelles, weißes Licht. Beißender Zigarettenqualm vermischte sich mit den Ausdünstungen der Nebelgeneratoren und trieb Keelin Tränen in die Augen. Auf den Polstergruppen, die rings um die Tanzfläche herum angeordnet waren, lagen zugedröhnte Gestalten. Große Menschentrauben hatten sich um die Theken herum gebildet.
Müde versuchte sie, am Rand der Tanzfläche entlang zu den Sofas zu gelangen. Blitzlicht und Lautstärke setzten ihrem gepeinigten Kopf weiter zu. Sie stürzte fast über einen auf dem Boden kauernden Mann mit weißgefärbtem Gesicht und schwarzgeschminkten Lippen. Seine Augen folgten ihr mit dem stierenden Blick eines Junkies, während sie sich an ihm vorbeidrückte. Ein Mädchen, kaum älter als achtzehn, bot ihr mit unmissverständlichen Gesten irgendeinen Stoff an. Keelin beachtete sie nicht. Schließlich erreichte sie eines der Sofas und ließ sich erschöpft darauf fallen.
Nach all der Angst und Anstrengung gierten ihre Lungen geradezu nach dem Geschmack einer frischen Zigarette. Sie entdeckte in der Cargotasche ihrer Hose eine halbvolle Packung und sogar ein Feuerzeug. Sie steckte sich eine davon zwischen die Lippen und versuchte, sie anzuzünden. Ihre Hände zitterten so stark, dass sie drei Versuche dazu benötigte. Als sie genüsslich den ersten Zug genommen hatte und den Rauch durch ihre Nase davonblies, begann sie, über ihre Situation nachzudenken.
Was verdammt war vor dem Eingang geschehen? Sie hatte einen totalen Filmriss. Es war nur zu offensichtlich, dass
sie
es gewesen war, die die beiden Türsteher niedergeschlagen hatte. Doch sie konnte sich an nichts mehr erinnern!
Keelin schüttelte den Kopf. Die Situation war völlig außer Kontrolle, und das schon seitdem sie aus dem Wohnheim geflohen war. Ihr wurde schlecht, als sie sich an die Geräusche aus dem Gang der Wohnung erinnerte. Sie war überzeugt, dass die Kreatur Mary
umgebracht
hatte. Ihr fielen die Worte Fionas wieder ein:
Wenn sie dich finden, erschlagen sie dich!
Nun wusste Keelin schon mehr: Sie machten auch vor Unbeteiligten nicht halt.
Was um alles in der Welt passierte mit ihr? Vor zwei Monaten noch hatte sie ein relativ normales Leben geführt! Dann hatten die Träume begonnen, sie hörte Stimmen und erlitt Amnesien – und plötzlich befand sie sich auf der Flucht, ohne zu wissen, warum und vor wem, und bangte um ihr Leben!
Durch die Eingangstür, die sie aus dem Augenwinkel beobachtete, war bisher immer noch niemand gekommen, kein Gast, keiner ihrer Verfolger. Nicht einmal einer der Türsteher! Das machte Keelin nur
noch
nervöser. Gab es noch andere Eingänge? Höchstwahrscheinlich … Suchend ließ sie den Blick über die Tanzfläche schweifen.
Die Musik hatte gewechselt, war langsamer geworden, aber immer noch düster und unheilversprechend. Das Stroboskop war inzwischen aus und die Tanzfläche in ziemliche Dunkelheit gehüllt. Die meisten Tänzer hatten Pärchen gebildet und hielten sich eng umschlungen … junge Mädchen, die mit viel älteren Kerlen knutschten und gaben, was tastende Hände forderten … Keelin versuchte erfolglos, sie zu ignorieren. Wie zugedröhnt musste man sein, um das unter den Blicken Dutzender anderer Personen zuzulassen? Was trieb diese Mädchen, sich so heranzuwerfen? Wollten sie danach bei ihren Cliquen prahlen?
Der Ärger darüber währte jedoch nicht lange. Ihre Augenlider wurden schwer, als die Anstrengungen der letzten Stunden ihren Tribut forderten, und die Dunkelheit und der tiefe Klang der Musik trugen zu ihrer plötzlichen Müdigkeit noch bei. Keelin brachte sich in eine etwas aufrechtere Position und rieb sich die Augen. Sie war überzeugt davon, dass sie ein Nickerchen in ihrer momentanen Situation in allerhöchste Gefahr bringen konnte. Dennoch dauerte es nicht lange, bis sie wieder tiefer in das Sofa sank …
Sie bemerkte einen Mann an der Eingangstür, dunkel gekleidet, mit einem etwas merkwürdigen Kapuzenmantel. Er schloss die Tür hinter sich und sah sich suchend im Raum um. Keelin war mit einem
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