Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenkrieg

Schattenkrieg

Titel: Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
Vom Netzwerk:
Finsternis. Keelin wagte nicht, sich zu rühren.
    Das
Ding
näherte sich langsam, trat schließlich in den Lichtstreifen, den die Straßenlaterne in die Küche warf. Keelin erkannte einen zerschlissenen, dunkelgrauen Umhang, der eine große, dürre Gestalt einhüllte. Über den Kopf war eine Kapuze gezogen, unter der nichts zu erkennen war als Schwärze. In einer fließenden Bewegung schlug die Kreatur den Umhang zur Seite. Entsetzt beobachtete Keelin, wie sie mit einer krallenbewehrten Klaue daruntergriff und ein dünnes, langes Schwert hervorzog.
    SPRING!!!!!
    Keelin wirbelte herum. Mit einem Hechtsprung warf sie sich aus dem Fenster.
    Für einen Moment rechnete sie damit, dass sich die Klinge in ihren Rücken bohren würde. Für einen langen Augenblick schien sie in der Luft zu hängen.
    Dann stürzte sie.
    Sie stieß einen spitzen Schrei aus, während der Gehsteig auf sie zuraste. Es gelang ihr zwar irgendwie, mit den Beinen zuerst aufzukommen, doch der Aufprall war dennoch mörderisch. Sie spürte einen feurigen Stich in den Füßen, dann knallte auch schon der Rest ihres Körpers zu Boden. Der Aufschlag raubte ihr fast das Bewusstsein …
    Flieh!
    Als Keelin versuchte, sich aufzurappeln, hörte sie ein hässliches Knirschen in ihren Füßen. Ein brennender Schmerz tobte in ihren Beinen. Stöhnend blieb sie liegen.
    Über ihr sah sie, wie sich eine graue Kapuze aus dem Fenster schob und sich nach ihr umsah. Entsetzt kroch sie davon.
    Ein Schulterblick raubte ihr den letzten Mut, den sie noch besessen hatte. Sie sah, wie ihr Verfolger aus dem Fenster sprang. Doch anstatt wie sie selbst zu stürzen, schwebte er mit ausgebreiteten Armen und geblähtem Umhang herab, wie ein Fallschirmspringerin Zeitlupe. Als seine Beine auf den Boden trafen, sackte er in die Knie, ganz so, als ob er den tiefen Sturz ausgleichen müsste. Dann erhob sich die Kreatur langsam und sah sich schnüffelnd um.
    LAAAAAUF!!! schrien die Stimmen in ihrem Kopf.
    Unter höllischen Schmerzen rappelte Keelin sich auf. Sie biss sich auf die Lippe, um nicht schreien zu müssen, und humpelte davon. Bei den ersten Schritten strauchelte sie mehrmals, als die Qual sie zu überwältigen drohte. Dann gelang es ihr irgendwie, sich daran zu gewöhnen. Sie lief.
    Dicht hinter ihr hörte sie Schritte und lautes, stoßweises Atmen. Sie wusste, dass ein Sturz ihr Ende bedeuten würde.
    Doch sie erreichte tatsächlich die nächste Häuserecke, bog dort scharf nach rechts ab. Im letzten Moment wich sie der ersten der dort stehenden Mülltonnen aus. Die nächste rempelte sie an, riss sie um, rannte weiter.
    Als hinter ihr lautes Scheppern erklang, wagte sie einen hastigen Blick über die Schulter.
    Das
Ding,
das sie verfolgte, war über die umgestürzte Tonne gefallen und der Länge nach zu Boden gegangen, stemmte sich aber bereits wieder in die Höhe. Keelin fühlte den sengenden Blick der Kreatur auf sich. Erschrocken rannte sie weiter. Die Angst schien ihr zusätzliche Kraft zu verleihen …
    Sie bog in die nächste Gasse ein. Was zum Teufel war eigentlich mit ihren Beinen? Sie war sich sicher gewesen, dass sie gebrochen waren, aber im Moment spürte sie nicht einmal mehr Schmerzen!
Adrenalin,
schoss es ihr durch den Kopf. Der Schmerz würde wiederkommen … bis dahin musste sie ein sicheres Versteck gefunden haben!
    Sie spurtete mit aller Kraft durch Gassen und Hinterhöfe. Sie wagte nicht, sich noch einmal nach ihrem Verfolger umzudrehen; doch nachdem sie einige Blocks weit gerannt war, glaubte sie ihn abgehängt zu haben. Völlig erschöpft lehnte sie sich an eine Hauswand und versuchte, wieder zu Atem zu kommen.
    Was soll ich nur tun?
fragte sie sich. Sie spürte Tränen in ihre Augen steigen, spürte den Heulkrampf, doch dann drängten sich wieder die Stimmen in ihr Bewusstsein. Sie musste weiter!
     
    Ihre Alpträume hatten sie nur unzureichend auf diese Nacht vorbereitet. Die letzte halbe Stunde Treibjagd durch Inverness erschien ihr wie eine Reise durch die Hölle. Ihr Puls war irgendwo bei hundertachtzig, ihre Arme und Beine zitterten wie nach viel zu viel Kaffee. Die Angst – panische, maßlose Todesangst – schüttelte sie und trieb ihre Gedanken in wilden, irren Kreisen.
    Zweimal war sie bereits am Wallace gewesen, ohne Fiona gesehen zu haben. Zweimal hatten sie ihre Verfolger (bei Gott, es waren
mehrere
!) dort entdeckt und aufgescheucht. Aber sie wusste nicht, wo sie sonst hinsollte. Die Polizei? Kaum! Erstens würden sie ihr nicht glauben, und

Weitere Kostenlose Bücher