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Schattenkrieg

Schattenkrieg

Titel: Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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sich inzwischen mehr als zweitausend Männer versammelt hatten, allesamt zum Kriege gerüstet. Die Sonne ließ die bunten Farben auf Wappenschilden und Banner erstrahlen und brachte Klingen und Rüstungen zum Glänzen.
    Ronan hielt schluckend inne. Er erinnerte sich, wann er zum letzten Mal so viele Bewaffnete gesehen hatte. Es war am Jostedalsbreen gewesen, der zweiten großen Schlacht zwischen denKelten und den Nain des Feldzuges vor zehn Jahren. Der Blutzoll, den die Kelten für den Sieg hatten zahlen müssen, war hoch gewesen, das Feld nach der Schlacht übersät mit zerschlagenen Körpern. Ronan schüttelte den Kopf, um die Erinnerung zu vertreiben. Er erspähte sein Banner und schickte Ergad los, um sich unter seine Gefolgsleute zu mischen. Er selbst wandte sich zu den versammelten Druiden.
    »Es sind fünfzehnhundert Krieger«, erklärte Nerin ohne Umschweife oder Begrüßung. Der Häuptling trug einen Umhang aus Wolfsfell sowie seine Widderkappe und wirkte so mürrisch wie immer. »Ronan, du wirst sie anführen.«
    Er nickte. »Jawohl, Herr.« Er hatte nichts anderes erwartet. Er war einer der Helden der Trollstigenschlacht, außer Derrien und Nerin selbst besaß kein bretonischer Druide auch nur annähernd seine Kampferfahrung.
    So ändern sich die Zeiten …
Ronan seufzte. In der Schlacht am Jostedalsbreen hatte noch Nerin selbst geführt. Wenn
er
nun die Krieger in die Schlacht führte, würde sich seine Ernennung zum Häuptling wahrscheinlich bald anschließen.
    Und ich werde es
hassen
, Häuptling zu sein.
    Doch noch war es nicht so weit. Nerin war trotz des vom Alter gebeugten Rückens und seinem faltigen, fleckigen Gesicht noch eine eindrucksvolle Persönlichkeit.
    Nachdem ihn Ronan noch einmal förmlich begrüßt hatte, erwies er auch den anderen Druiden die Ehre: Er schüttelte kurz Seog die Hand, der, zum Krieg gerüstet, mehr denn je aussah wie ein Wikinger. Dann begrüßte er Briand, ein noch junger, ernster Mann, der seinen Pfad noch nicht gefunden hatte. Meven, der Heiler, war ein hagerer und hochaufgeschossener Mann in Ronans Alter, dessen Haar bereits vollständig ergraut war. Er würde den Tross anführen, bei den eigentlichen Kämpfen sollte er nicht teilnehmen. Aouregan schließlich war die Historikerin, eine zum Dicklichen neigende Frau Mitte dreißig, mit langen braunen Haaren und einer auffälligen Narbe auf der linken Wange. Diese warder einzige Hinweis darauf, dass die Druidin sehr wohl fähig und bereit war, zur Waffe zu greifen und sie auch anzuwenden.
    Von den kleineren Siedlungen am Romsdalsfjord waren noch einmal fünf Druiden gekommen: Da waren Padern und Karanteq, beides Pappeln und damit Kundschafter, die manchmal mit Derrien umherzogen und manchmal nicht; Maelog war Seher, der viel Zeit in der Außenwelt verbrachte und nach Kandidaten für die Innenwelt suchte; Ninnog war Zauberin und beherrschte trotz ihrer Jugend schon viele Rituale; und schließlich noch Kongar, der Landhüter, der auf der Insel Sekken lebte und den heiligen Hain der Bretonen bewachte.
    Noch einmal wurden die Jagdhörner geblasen, und Stille breitete sich aus. Nun, da sich die Reihen formiert hatten, ließ Ronan noch einmal seinen Blick über sie schweifen. Im Zentrum sah er fast nur bekannte Gesichter: Das war vor allem das Fischervolk, bestehend aus Seogs und Ronans eigenen Gefolgsleuten. Links von ihnen standen die Handwerker und Händler der Stadt, die seit langem von Nerin dazu verpflichtet worden waren, den Umgang mit dem Jagdbogen zu üben. Sie würden die geringsten Verluste erleiden und gehörten Nerin. Auf der rechten Seite standen ebenfalls Fischer, doch Ronan kannte kaum einen von ihnen. Dies waren die Männer, die von den entfernteren Siedlungen des Romsdalsfjord gekommen waren.
    Ronan seufzte. Nun würde der Teil der Heerschau kommen, den er am meisten verabscheute.
Er
musste die Ansprache halten. Nerins Stimme trug nicht mehr so weit, und Ronan war nun eben
auch
ein Held Trollstigens. Doch er war nicht gut darin, weder im Sprechen noch darin, eine Rede auszuarbeiten. Er war eine Kastanie, gut als Krieger und Tiermeister, seine Druidenkräfte waren neben der verschleierten Aura eine enorme Stärke, die Tierbeherrschung, und das Wetterritual; Reden halten und Krieger inspirieren gehörten nicht dazu. Sein Bruder wäre der geeignete Kandidat, er war Eiche und damit der geborene Anführer …
    Aber Derrien war ja nicht gekommen, und Ronan blieb nichtsanderes übrig, als die Rede vorzutragen, die

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