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Schattenkrieg

Schattenkrieg

Titel: Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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saftige Wiesen für die Almwirtschaft boten.
    Schließlich erreichte der Zug das Dörfchen Otta im Gudbrandsdal. In der Innenwelt befand sich an dieser Stelle Helvetica Magna, Helveticus’ Hauptstadt. Da zu Hause niemand gewusst hatte, wo genau dieser Cintorix lebte, hoffte Ronan, hier in der Stadt die nötige Information zu finden.
    Sie waren die einzigen Fahrgäste, die ausstiegen. Der kleine Bahnhof machte einen recht sauberen Eindruck, und Ronan kaufte sich in einem Stehimbiss ein Mittagessen. Währenddessen warteten sie in der Hoffnung, bald abgeholt zu werden. Sie hatten sich im hiesigen Sicheren Haus anmelden lassen, doch Søren hatte gemeint, nur eine Maschine ans Telefon bekommen zu haben. Nun wussten sie nicht, ob tatsächlich jemand kommen würde.
    Sie warteten etwa zwanzig Minuten, bis Ronan schließlich mit einem Seufzer aufstand. »Komm mit!«, forderte er Briand auf und ging zum Bahnhofsausgang, wo in einem gläsernen Kasten ein Stadtplan hing. Schließlich fanden sie die passende Straße und machten sich auf den Weg.
    Draußen hatte es inzwischen angefangen, in dicken Flocken zu schneien. Während Ronan noch in seinem Rucksack nach einer Mütze suchte, fragte plötzlich eine piepsige Kinderstimme hinter ihm: »Seid ihr Druiden?«
    Er zuckte zusammen und blickte sich hastig um. Ein kleiner Junge, der ihm gerade mal bis zum Gürtel reichte, mit leuchtendrotem Stirnband und einem ebensolchen Schal, sah sie erwartungsvoll an. Briand murmelte auf Bretonisch: »Nicht dumm. Ein Kind darf von Druiden reden, ohne Aufmerksamkeit zu erregen!«
    Ronan nickte. Dann beugte er sich zu dem Jungen hinunter und gab ihm die Hand. »Jawohl, das sind wir. Ich bin Ronan, und das ist Briand.«
    »Ich bin Håkon. Mein Papa hat mir gesagt, dass ihr da seid. Kommt mit!«
    Damit lief der Junge davon. Die beiden Druiden warfen sich einen verdutzten Blick zu, dann eilten sie ihm hinterher. Ein
Kind
hätten sie nun wahrlich nicht erwartet.
    Der Weg bis zu dem Sicheren Haus war nicht weit, obwohl sich Ronan insgeheim eingestehen musste, dass er sich wahrscheinlich
trotzdem
verlaufen hätte. Straßenkarten hatten ihn schon immer verwirrt.
    »Wir sind da«, erklärte Håkon schließlich. »Geht da rein, mein Papa wartet schon!« Mit den typischen norwegischen Grußworten »Wir sehn uns!« verabschiedete er sich.
    Der Junge ließ zwei verblüffte Druiden zurück, die ihren Augen kaum trauten. Der Eingang, auf den Håkon gedeutet hatte, gehörte zu einer Stabkirche. Um einen zentralen Turm waren mehrere Seitenschiffchen angeordnet, die zusammen ein rechtes Gewirr aus Dächern und kleinen Türmchen ergaben. Die Kirche war vollständig aus unlackiertem Holz erbaut.
    Dass die Kirche ein Sicheres Haus sein sollte, war völlig absurd. Stabkirchen standen geradezu symbolhaft für die Wikinger und das Christentum, neben den Schatten die beiden größten Feinde der Kelten.
    Erst eine genauere Betrachtung offenbarte Ronan, dass der Schein trog. Die Kirche trug keine christlichen Symbole, weder Kreuze noch Bibelzitate. Die Bänderungen an Pfeilern und Simsen waren keltisch, nicht germanisch. Nur die Drachenköpfe an den hervorspringenden Giebeln schienen nicht abgewandelt zu sein. Alles in allem erinnerte das Gebäude an die Ratshalle in Dùn Robert, die noch aus Wikingerzeit stand.
    Als sie eintraten, spülte ein plötzliches Anschwellen der Magie jeden verbliebenen Zweifel zur Seite. Dies hier war ein heiliger Ort, eine Pforte in die Innenwelt. Der Pulsschlag der Aura fuhr pochend in Ronans Bewusstsein und flutete ihn mit Sinneswahrnehmungen. Er spürte Briand neben sich stehen, ein Kieselstein im Strom der Magie, spürte die Präsenz eines weiteren Menschen in einem Nebenzimmer, und immer weiter den pochenden Pulsschlagder Aura. Widerwillig zwang sich Ronan, seinen Verstand dagegen abzuschirmen.
    Seine Verwunderung war groß: Noch nie hatte er von einem Heiligtum gehört, das von einem Gebäude eingeschlossen war und dennoch seine Magie erhielt. Bewundernd bestaunte er den Innenraum der Stabkirche. Es gab einen Altar und zahlreiche Sitzreihen. Die Dunkelheit wurde vom Licht zahlreicher Kerzen zurückgedrängt. An den Wänden waren Bildnisse von Heiligen aufgereiht.
    Nein, keine Heiligen!
verbesserte er sich, als er eines der Bilder genauer betrachtete. Es waren Druiden! Gallische Druiden, die eine Mistelfeier abhielten, mit weißen Zeremoniengewändern und langen Bärten …
    »Beeindruckend, nicht?«
    Ronan blickte auf. Aus einer kleinen

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