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Schattenkrieg

Schattenkrieg

Titel: Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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Stimme hatte sich verändert. Doch Baturix wollte nicht darüber nachdenken, nicht
jetzt
. Stattdessen stieß er weiter zu, in der Hoffnung, in ihr endlich den Orgasmus auslösen zu können, der auch ihn über die Schwelle bringen würde. Doch die Stimme ließ nicht locker. »Baturix!« Inzwischen passte sie überhaupt nicht mehr zu dem Mädchen, das bereits langsam verblasste. Verzweifelt versuchte er, das Traumbild festzuhalten, doch es gelang ihm nicht. Missmutig und enttäuscht schlug er die Augen auf.
    »Baturix, du hast schlecht geträumt!« Im Dunkel des Hauses erkannte er undeutlich seine Frau Alanna am Bettrand sitzen. Sie hatte ihre Hand unter der Decke auf seine Schulter gelegt, um ihn wachzurütteln. »Du hast schlecht geträumt, aber es ist jetzt vorbei! Es ist vorbei.« Ihre Stimme war sanft, wie immer. Als er sich in ihren Arm nehmen ließ, drang der Geruch ihrer süßen Muttermilch in seine Nase. Er spürte Tränen in den Augen, die er schnell wegzwinkerte.
    Baturix schämte sich, wie jedes Mal, wenn er von Margit geträumt hatte. Sie gehörte zu einem früheren Leben. Er schämte sich bis auf die Knochen. Alanna hatte Besseres verdient. Doch anstatt ihr zu beichten, dass er gerade im Traum mit einer anderen das Lager geteilt hatte, ließ er sich von ihr wegen angeblicher Alpträume trösten. Verbittert presste er die Lippen aufeinander und wartete darauf, dass ihn seine Frau wieder freigab.
    »Der Fürst ist schon zurück«, meinte sie schließlich. »Du musst dich beeilen.«
    »Cintorix?« Er rieb sich den Schlaf aus den Augen. Fürst Cintorix war mit seinen Söhnen und zwei seiner Krieger zum Heiligtum im Kreuzwald geritten, um dort an der letzten Zeremonie für Magnus Jotunheim teilzunehmen. »Was macht er denn schon wieder hier?«
    »Zwei fremde Männer haben ihn begleitet. Reiche Männer.« Sie zuckte mit den Schultern. »Jedenfalls ist er hier, und du bist sein Gardist und Bannerträger.«
    »Ich komme gleich«, murmelte er und sah sich verstohlen um, in der Hoffnung, in einem unbeobachteten Moment aus dem Bett schlüpfen zu können. Der Traum hatte seinen Penis hart gemacht, und er wollte nicht, dass seine Frau oder gar eines seiner Kinder das bemerkte – mit einem Alptraum wäre
das
kaum noch zu erklären.
    Es war eine gute Halle, die drittbeste des Dorfes, aus Stein erbaut und mit Holzschindeln bedeckt. Sie war zweigeteilt. Der eine Teil diente als Stall für seine Tiere, im anderen befand sich der Wohnraum seines Haushalts. Dort befand sich in der Mitte des Raums eine Feuerstelle, über der ein Eisenkessel aufgehängt war. Daneben stand die Tafel, groß genug für Baturix’ achtköpfige Familie. An den Wänden standen Arbeitsgeräte und Vorratsbehälter: ein Webstuhl, ein Butterfass, mehrere Wollspindeln, einige Truhen und Säcke, ein Fass Bier, das er für seine Leibeigenen und seine Frau den weiten Weg von Helvetica Magna hatte heranschaffen lassen.
    Dreizehn Personen gehörten zu seinem Haushalt. Sechs davon waren seine Kinder: Markus, mit vierzehn Jahren sein ältester Sohn, befand sich momentan im Süden bei der Grenzwacht, um die helvetischen Siedlungsgebiete vor dem Gesindel zu beschützen, das sich im Niemandsland herumtrieb. Gaius und Tertius, dreizehn und zwölf, saßen im Schein einer Öllampe an einem Seitentisch und quälten sich gerade durch eine Englischlektion. Julia, zehn Jahre, räumte gerade das Arbeitsgerät vom Tisch, um diesen danach zum Abendbrot zu decken. Aleksandra war ein Jahr jünger und spielte in einer Ecke auf einem Wolfspelz mit Brutus, mit einem ein Jahr alten, unerwarteten Nachzügler. Baturix hätte nicht mehr erwartet, dass seine Frau nach fünf Kindern und mit fünfunddreißig Jahren noch schwanger hatte werden können, und war stolz auf den Kleinen. Er besaß fünf Leibeigene: Christiane war eine vierzigjährige Norwegerin, die in ihrer Kindheit die Aura eines Germanen entwickelt hatte. Die Helvetier hatten sie in die Innenwelt geholt, wo sie seit Jahrzehnten als Lehrerin arbeitete. Zuerst hatte sie die Kinder des Druiden Julius gelehrt, dann die des Cintorix. Dieser hatte sie schließlich an Baturix weitergegeben, wo sie seinen Söhnen Englisch und Norwegisch beibrachte. Amos und Semlok waren in der Innenwelt geborene Fomorer, die im Feldzug vor zehn Jahren in keltische Gefangenschaft geraten waren. Im Sommer waren sie Baturix’ Viehhirten, im Winter kümmerten sie sich um Reparaturen und was sonst noch so anfiel. Igor war ein Russe, der illegal

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