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Schattenkrieg

Schattenkrieg

Titel: Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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nach Norwegen gekommen war und dort von den Schatten zu einem Fomorer gemacht worden war. Derrien, der Schattenfeind, hatte ihn im Niemandsland aufgegriffen und an Cintorix verkauft, der ihn wiederum Baturix überlassen hatte. Er war erst ein knappes halbes Jahr hier und sprach noch kaum ein Wort Helvetisch. Sein Englisch war jedoch ebenso schlecht, so dass sie sich mit ihm nur mit Hand und Fuß unterhalten konnten. Dafür war er ein netter Kerl und äußerst begabt mit einer Flöte, und so sorgte er an den Abenden regelmäßig für Unterhaltung in Baturix’ Haushalt. Vor kurzem war seine Zinnflötezerbrochen, die ihm Baturix vom Markt in Helvetica Magna mitgebracht hatte, so dass er nun damit beschäftigt war, einen hölzernen Ersatz zu schnitzen. Marten schließlich war ein Junge, der schon in Unfreiheit geboren war und deshalb beste Aussichten hatte, bald entwurzelt zu werden und somit die Freiheit zu erlangen. Er hatte in Cintorix’ Ställen den Umgang mit Pferden gelernt und war somit für die beiden Pferde in Baturix’ Besitz verantwortlich. Er war geschickt im Umgang mit Leder und gerade dabei, ein Stück Zaumzeug zu reparieren.
    Baturix war für den Moment unbeaufsichtigt. Eilig schlüpfte er aus dem Lager und in seine Hosen. Niemandem schien etwas aufzufallen.
    Alanna war die beste Frau in seinem Leben, die Mutter seiner Kinder, aber sie neigte manchmal zur Naivität. Er liebte sie abgöttisch und gab sein Bestes, ihr ein guter Ehemann zu sein.
Wenn nur nicht diese verfluchten Träume wären …
Doch Alanna kannte keine Eifersucht. Vermutlich könnte er ihr sogar erzählen,
warum
er an dem Ort gewesen war, an dem Cintorix ihn gefunden hatte, und sie würde nur lächeln und akzeptieren.
    Es war warm in der Halle, obwohl draußen bereits mehr als ein halber Meter Schnee gefallen war. Aus dem Kessel stieg ein intensiver Geruch nach Käse, der das Wasser in Baturix’ Mund zusammenfließen ließ. »Wie eilig hat Cintorix geklungen, als er nach mir gerufen hat?«, fragte er, während er aus einer Truhe sein Kettenhemd hervorholte und es sich überwarf.
    »Nicht so eilig, dass du nicht vor dem Dienst noch etwas essen könntest!«, antwortete Alanna lächelnd. Er gab ihr einen Kuss auf die Wange, fragte dann in die Runde: »Wer kann mir etwas über die beiden Männer erzählen, die den Häuptling begleitet haben?«
    Aleksandra blickte auf. »Ich habe sie gesehen«, sagte sie mit ihrer hohen Kinderstimme. »Der eine ist ganz braungebrannt gewesen und war älter, seine Haare waren teilweise schon grau. Und der andere hat braune Haare und nur einen Schnurrbart gehabt.« Sie strahlte ihn an.
    Mit einem schnellen Schritt war Baturix bei ihr und hob sie hoch. Während er seine bärtige Wange an ihrer rieb, meinte er: »Und der Graue trägt wie ich einen Vollbart?«
    »Ja«, kicherte sie und versuchte, ihr Gesicht wegzudrehen. »Hör auf, Papa, das kitzelt!«
    »Also, ein dunkler Mann mit grauen Haaren und Vollbart und ein Bleichgesicht mit braunen Haaren und Schnurrbart«, fasste er zusammen. »Hast du sie sprechen hören?«
    »Der eine hat etwas gesagt«, meinte Alanna. »Aber ich habe nichts verstanden.« Sie zog eine Grimasse.
    Baturix lächelte. Das war kein Wunder. In der Innenwelt besaß praktisch jedes Dorf einen Dialekt, jeder noch schauriger als der andere. Zwischen Helvetiern und Galliern wurde es sogar noch schlimmer. Und das Inselkeltische hatte ohnehin kaum noch etwas mit ihrer Sprache zu tun. »Naja«, meinte er, »ich werd’s noch früh genug erfahren, wenn Cintorix denkt, dass es mich etwas angeht.«
    »Und wenn nicht?«, fragte Julia, die ewig Neugierige.
    »Dann hat der Fürst bestimmt seine Gründe.« Baturix würde seinen Herrn
niemals
hinterfragen; Cintorix war es gewesen, dem er alles zu verdanken hatte.
Er
hatte ihn aus dem Gefängnis geholt und ihm sein jetziges Leben geschenkt, mit einer eigenen Halle, seinen eigenen Leibeigenen, seinem Ansehen, seiner Frau. Was ansonsten aus ihm geworden wäre – was das Gefängnis aus ihm gemacht hätte –, wollte er sich gar nicht erst vorstellen.
    Er rief seinen Haushalt zu Tisch. Zu essen gab es geschmolzenen Ziegenkäse mit braungebackenem Brot und getrockneten Kräutern. Dazu gab es Bier und eisiges Wasser, das Semlok jeden Morgen aus einer großen Ladung Schnee schmolz. Während Baturix aß, lauschte er dem fröhlichen Plappern seiner Töchter, die seine Söhne um neue Geschichten über Jungfrauen und Burgherren anbettelten, sowie dem respektvoll

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