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Schattenkrieg

Schattenkrieg

Titel: Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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leise gehaltenen Englisch seiner Leibeigenen. Zufrieden beobachtete er seine Frau, die Brutus an ihrer Brust stillte. Niemals im Leben würde er Cintorix genug danken können.
    Schließlich hatte er lange genug herumgetrödelt. »Pass auf die Kleinen auf!«, raunte er seiner Frau zu und ließ sich von ihr auf die Wange küssen. Dann gürtete er sein Schwert, warf sich den Fellumhang um und stülpte sich den Helm auf den Kopf. Vor dem Hauseingang hingen Speer und Schild, dessen runde hölzerne Fläche mit einer weißen Spinne auf rotem Grund bemalt war.
Die Spinne ist giftig,
so lautete die Botschaft des Wappens, das Cintorix für sich ausgesucht hatte. Sein Baumzeichen war die Eibe, aus der die Kelten ein Waffengift gewannen. Der Fürst hatte noch nie Hemmungen gehabt, es im Kampf auch einzusetzen.
    Draußen war es eisig. Ein kalter Wind pfiff durch das baumlose Tal und ließ ihn trotz des dicken Fellumhangs frösteln. Allobroga lag hoch, weit jenseits der Baumgrenze, in einer kargen Landschaft. Die meisten Bauern hatten ihre Felder einige Kilometer tiefer im Tal, die Viehweiden hier oben waren dürftig und boten nur wenigen Tieren Futter. Es war die Nähe zum Kreuzwald, die Allobroga
hier
hatte entstehen lassen. Was ursprünglich nicht mehr gewesen war als eine Schutzhütte für Wanderer auf dem Weg zum Heiligtum im Jotunheimen, war inzwischen zu einem kleinen Dorf gewachsen. Doch Allobroga war auf Getreidelieferungen aus dem Tal angewiesen, und ohne das Geld der Pilger war dies nicht möglich. Es war ein armes Dorf. Die meisten Kelten lebten in kleinen, windschiefen Rundhütten, im selben Raum wie ihr Vieh und ihre Leibeigenen, sofern sie das Glück hatten, welche zu besitzen. Im Sommer mussten sie hart arbeiten, und für den Winter importierte Cintorix zusätzlich Rohwolle aus den Tälern, um mit dem gesponnenen Tuch im nächsten Frühjahr zusätzliches Silber zu verdienen.
    An Cintorix’ Halle angekommen, war er froh, die bittere Kälte hinter sich lassen zu können. Septus, ein wuchtiger, kahlköpfiger Mann Mitte dreißig, wartete bereits auf ihn. Auf dem Tisch vor sich waren zwei Dutzend Hühnerknöchelchen ausgebreitet, die er auf der Suche nach einem Omen angestrengt anstarrte.
    Baturix war nominell der Anführer der Garde, doch Septus erhieltwie alle Gardisten seinen Sold direkt von Cintorix, so dass er kein Gefolgsmann Baturix’ war. Ein solches Verhalten war typisch für den Fürsten: Er war die Spinne im Netz und bevorzugte, selbst die Fäden in der Hand zu halten. Baturix ging kurz zur Tür, meldete seinem Herrn seine Anwesenheit und setzte sich dann zu Septus.
    »Weißt du, wer die Gäste sind?«, fragte er ihn leise.
    Septus kratzte sich an der kahlen Stirn. »Briten, so wie sie geklungen haben. Bretonen oder vielleicht Waliser. Cintorix hat sich nicht die Mühe gemacht, sie mir vorzustellen.« Er zuckte mit den Schultern. »Jedenfalls sind sie daran schuld, dass der Fürst heute schon da ist. Sonst würde ich jetzt mit meiner Flavia im Bett liegen und an meinem nächsten Sohn arbeiten!« Für einen Moment hielt er die grimmige Miene. Dann jedoch begann er zu grinsen. »Aber wenn ich heute gegen dich gewinne, übernimmst du meinen nächsten Nachtdienst, damit ich nachholen kann, was ich heute verpasse! Abgemacht?«
    »Abgemacht.«
    Septus warf noch einmal einen Blick auf die Knochen, dann räumte er sie sorgfältig in einen Beutel und zog seinen Würfelbecher hervor.
    Am Anfang sah es so aus, als ob Baturix tatsächlich verlieren würde. Die Sesterzen und Denare aus seinem Beutel wanderten nur allzu bereitwillig zu Septus hinüber, und eine Zeitlang spielte er mit dem Gedanken, für heute abzubrechen. Doch als er Septus’ doppelten Zwilling mit einem eigenen ungleichen Zwilling (
ein Full House,
meldete sich eine Stimme aus der Vergangenheit) schlug und den größten Teil seines bisher verlorenen Einsatzes zurückgewann, verflogen seine Sorgen.
    »Du hast mehr Glück als Verstand, Germane!« Septus, der sich schon als Sieger geglaubt hatte, schüttelte den Kopf. »Wenn du so weitermachst, kannst du wieder einen Tag länger ausschlafen, und ich muss doppelte Wache schieben. Cintorix wird nicht begeistert sein, wenn er sich andauernd mit meiner Fresse begnügen muss,und meine Flavia wird sich selbst zufriedenstellen müssen und weinen vor Unglück! Also verlier gefälligst!«
    Baturix lächelte. Er stammte aus der hiesigen Außenwelt und war somit eigentlich ein Wikinger, weshalb ihn Septus als

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