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Schattenkrieger: Roman (German Edition)

Schattenkrieger: Roman (German Edition)

Titel: Schattenkrieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luke Scull
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der die Grundlage von Malbrecs Einkommen bildete, wie eine gewaltige Schwäre im Land klaffte. Rot uniformierte Soldaten salutierten, als er vorbeikam, und schirmten gleich wieder die Augen vor der Nachmittagssonne ab.
    Schließlich fand er den Mann, den er suchte. Selbst im Sitzen war Garmond kaum zu übersehen. Er steckte von Kopf bis Fuß in der verzauberten Rüstung und schien nicht bereit, irgendwelche Zugeständnisse an die frühsommerliche Hitze zu machen. Das Einzige, was er abgestreift hatte, waren die Handschuhe, die neben ihm auf dem Tisch lagen.
    Der hünenhafte Augmentor hatte vor sich ein Pergament ausgebreitet und notierte etwas auf dem Blatt. In der Hand, die so groß war wie ein Schinken, wirkte der Federkiel lächerlich klein. Barandas war anfangs sogar überrascht gewesen, dass der Mann überhaupt schreiben konnte. Das brutale Auftreten und die berüchtigten Launen täuschten leicht darüber hinweg, dass der Krieger aus einer der vornehmsten Familien Dorminias kam.
    Garmond hörte zu schreiben auf, als Barandas sich ihm näherte. »Kommandant«, sagte er. In dem monströsen Helm hallte die Stimme unheildrohend. Er sah nicht nur dämonisch aus, er klang auch so.
    Barandas nickte zum Gruß. »Wie viele?«, fragte er, obwohl er nicht besonders gespannt auf die Antwort war.
    »Fünfundachtzig. Sie haben sich rasch gemeldet, nachdem ich ein paar Köpfe zusammengeschlagen hatte.«
    Barandas zog eine Augenbraue hoch. Das war mehr, als er von dem kleinen Stadtteil, der Garmond zugeordnet war, erwartet hätte. Malbrec war mit seinen knapp viertausend Einwohnern die größte Siedlung in Dorminias Herrschaftsbereich, doch bisher waren nur ein paar Hundert Männer eingezogen worden.
    »Gibt es noch Leute, die uns Ärger machen?«
    Garmond drehte den Helm und den Kopf zu einem Hügel, der sich ein paar Hundert Schritte entfernt im Süden erhob, und nickte. Dort oben standen einige eingefriedete Höfe mit schönen Obstwiesen und Gärten.
    Barandas seufzte. Immer die Wohlhabenden. Zu reich und zu vornehm, um die Söhne in den Krieg zu schicken.
    »Ich rede mit ihnen«, sagte er. Auch Dorminias Adlige sträubten sich gegen seine Bemühungen, sie auf einen Beitrag zur Verteidigung der Stadt zu verpflichten. Ihm blieb nichts anderes übrig, als dieses Ärgernis mit Timerus zu besprechen, der ihn wahrscheinlich mit einer schwachen Ausrede abfertigen würde. Trotzdem, es gab keinen Grund, warum sich die reichen Kaufleute und Landbesitzer Malbrecs vor der Einberufung drücken sollten.
    Er wanderte den sanft ansteigenden, kurvenreichen Weg zum Hügel hinauf. Es war ein angenehmer Spaziergang. Von hier oben aus konnte Barandas die Roten Wachen sehen, die von Tür zu Tür gingen und geeignete Kandidaten rekrutierten. Wer einberufen war, hatte noch einen Tag, seine wichtigsten Angelegenheiten zu ordnen und sich zu verabschieden, bevor er sich im Trainingslager gleich vor Dorminias östlicher Mauer einfinden musste.
    Ehe er sich dem ersten Anwesen näherte, wischte er sich den Schweiß von der Stirn. Es war ein kleines Herrenhaus, das hinter einer Reihe von Kirschbäumen stand, die wohl bald blühen würden. Dann blieb er abrupt stehen.
    Er konnte sich an Bäume erinnern, die diesen hier sehr ähnlich waren, und an einen Tag, der so prächtig begonnen hatte wie dieser.
    Der Nachmittag duftete stark nach dem kommenden Sommer. Die Gerüche, die in Dorminia stets an heißen Tagen aufstiegen, waren so allgegenwärtig, dass man sie kaum bemerkte. Aber nichts konnte die Düfte der Blüten überdecken, den Geruch von frisch geschnittenem Heu und den süßen Duft des rosenfarbenen Apfelweins, der beim Fest der Roten Sonne so beliebt war – an dem einzigen Tag im Jahr, an dem sich Lord Salazar seinem Volk zeigte.
    Barandas erinnerte sich, wie stolz er mit seinen Kameraden vor der Prozession einhergeschritten war. Damals hatte er noch der Roten Wache angehört und diente gerade erst ein Jahr im Heer. Der Festzug hatte vom Obelisken bis unter die dicht belaubten Äste der Bäume im weitläufigen Verdisapark geführt, der im Südwesten des Edlen Viertels lag. Sie waren bis zum Zentrum des Parks marschiert, wo Salazar schweigend vor der großen Eiche gestanden hatte.
    Der Ewige Baum, so hatte man ihn genannt. Niemand wusste, welche Bedeutung er für ihren Magierfürsten hatte, doch es war ein schöner Baum mit goldenen Blättern, die vom Wechsel der Jahreszeiten unbeeinflusst blieben. Länger, als sich irgendjemand erinnern konnte,

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