Schattenkrieger: Roman (German Edition)
Grimasse. Anscheinend war es viel komplizierter, ein Held zu sein, als er es sich bisher vorgestellt hatte.
Wieder starrte er den toten Kramer an. Ein anständiger Mann, den der Dreckskerl oben im Obelisken gezwungen hat, böse Dinge zu tun. Ich werde dich rächen, Kramer. Dich, meinen Vater und alle anderen, die unter dem Tyrannen von Dorminia gelitten haben.
Dann fiel sein Blick auf den blutigen Dolch, den er noch in der Hand hatte.
Es tut mir wirklich sehr leid.
Die Pflicht ruft
Malbrec lag fünfzehn Meilen nördlich von Dorminia an einer Handelsstraße, die sich durch die Höllenfeuerberge bis hinauf nach Aschfall an der nördlichen Grenze von Salazars Territorium schlängelte. Dort endete das Trigon, und das von Banditen heimgesuchte Ödland begann.
Malbrec war eine Bergbaustadt und lieferte einen großen Teil des Granits, der in Dorminia bei vielen Gebäuden Verwendung fand. Außerdem stellte der Ort eine wichtige Einkommensquelle für die Graue Stadt dar. Dorminias amtierender Kanzler hatte als Gegenleistung für die vorteilhafte Lage und das Aufgebot der örtlichen Roten Wache, die Schutz vor den umherstreifenden Abscheulichkeiten und den Banditen bot, die Ausfuhren des Ortes mit hohen Steuern belegt.
Barandas war erst wenige Stunden in Malbrec und wünschte sich schon, er wäre wieder in Dorminia. Seine Anwesenheit hier hatte nichts mit dem Handel, dafür aber umso mehr mit dem höchst unerfreulichen Geschäft der Zwangsrekrutierung zu tun. Thelassas Söldnerheer würde bald die Meerenge zwischen den beiden Städten überwinden, und dann musste Dorminia jeden nur irgendwie verfügbaren Mann zur Verteidigung aufbieten. Malbrec war als Vasall der Grauen Stadt moralisch und rechtlich verpflichtet, in Kriegszeiten Soldaten zu stellen. Es lag bei Barandas, die jungen Männer der Stadt zu rekrutieren und zu brauchbaren Werkzeugen zu schmieden.
Das war alles gut und schön, aber die jungen Männer von Malbrec zeigten wenig Begeisterung, ihre Pflichten zu erfüllen.
Mit gerunzelter Stirn betrachtete Barandas das tränenüberströmte Gesicht der Frau vor ihm. Ihre beiden Söhne lungerten hinter ihr herum und starrten mit einer Mischung aus Furcht und Verlegenheit den Boden an. Der ältere Bruder war wohl beinahe zwanzig, der jüngere etwa siebzehn. Alt genug, um zu kämpfen, fand Barandas. Hatte er nicht selbst genügend Narben, die diese Einschätzung rechtfertigten?
»Ihr Vater ist im Bergwerk gestorben. Jetzt bin ich Witwe und kann keine Kupfermünze mehr mein Eigen nennen«, klagte die Frau. »Die beiden sind gute Jungs. Sie arbeiten im Steinbruch, um ihre Mutter und ihre Schwester zu unterstützen, die fast noch ein Kleinkind ist. Wer soll uns das Essen auf den Tisch bringen, wenn die beiden in den Krieg ziehen?«
Thurbal wippte ungeduldig mit dem Fuß. Der stämmige grauhaarige Augmentor hatte nicht viel Verständnis für solche Debatten. Wäre es nach ihm gegangen, dann hätte er jeden brauchbaren Rekruten in Ketten gelegt und zum Ausbildungslager gekarrt. Barandas näherte sich allmählich dem Punkt, an dem er sich fragte, ob das nicht sogar der beste Weg wäre. »Man wird für dich sorgen, solange deine Jungen fort sind«, erklärte er. »Es sind gefährliche Zeiten. Magische Abscheulichkeiten streifen durch die Wildnis. Wir machen Männer aus deinen Söhnen und lehren sie, das Schwert zu benutzen. Wenn die Bedrohung ausgeschaltet ist, unter der Dorminia jetzt steht, werden sie zurückkehren und helfen, diese Stadt vor den Schrecken zu beschützen, die das Land heimsuchen.«
Die Frau betrachtete ihre Jungen. »Und wenn sie nicht heimkehren?«
Barandas schüttelte den Kopf. »Dann wirst du eine angemessene Entschädigung bekommen. Wir sind im Krieg. Jeder Mann muss seinen Teil beitragen.«
Der Jüngste verschränkte die Arme vor der Brust und erwiderte trotzig Barandas’ Blick. »Dieser Kampf geht Malbrec nichts an. Kehrt nach Dorminia zurück und lasst uns in Ruhe. Ich bin es leid, dass euer verdammter Magierfürst uns ständig sagt, was wir tun und lassen sollen.«
Seine Mutter keuchte erschrocken, der zweite Sohn drehte sich um und wollte den Bruder ermahnen, doch der Schaden war schon angerichtet. Thurbal hatte den Krummsäbel längst gezogen, stürzte sich auf den Jugendlichen und packte ihn mit der freien Hand an der Kehle. »Hör mir zu, du kleine Ratte«, knurrte er. »Du wirst kämpfen, ist das klar? Du wirst kämpfen, als hinge dein Leben davon ab, denn wenn du es nicht tust, werde
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