Schattenkrieger: Roman (German Edition)
Menschheit vor den Göttern retten …« Auf einmal hustete er, und vor dem Mund bildeten sich Blutblasen, die Bart und Schnurrbart im Ton der Gewänder färbten. »Mir war nicht klar, dass die Menschen die Götter mehr brauchen als wir sie. Der Hass hat mich geblendet.«
»Und Schattenhafen? War der Hass auch der Grund dafür, dass du eine ganze Stadt vernichtet hast?«
»Hass …«, wiederholte der sterbende Magier. Die Stimme war inzwischen so schwach, dass Cole ihn kaum noch verstehen konnte. »Das war kein Hass. Das war … Mitgefühl.«
Mitgefühl? Cole verstand die Welt nicht mehr. »Was meinst du damit?«, wollte er fragen, doch Salazar atmete schon nicht mehr. Kein Geräusch war zu hören außer dem Heulen des Windes und dem Ticktack-ticktack der Uhr in seiner Hand.
Noch einmal schauderte der Magierfürst und richtete die erlahmenden Augen auf die Taschenuhr. » Zeit … zu … sterben … «, flüsterte er.
Dann schloss er die Augen für immer.
Cole zog Magierfluch aus Salazars Leichnam. Als er den Toten zu Boden sinken lassen wollte, begann der tote Despot auf einmal zu glühen. Erschrocken wich Cole zurück, während die Leiche emporstieg und aus dem Turm hinausschwebte. Sie flog höher und höher hinauf, bis sie sich oberhalb des Obelisken befand.
Dann schossen goldene Lichtstrahlen aus Augen und Mund des toten Magierfürsten. Cole hielt sich schützend die Hand vor das Gesicht, als die grellen Lichtfinger nach oben rasten. Ein Strom der göttlichen Energie verließ den Träger und kehrte zum Himmel zurück, dem er sie gestohlen hatte.
Das Schauspiel dauerte zwei oder drei Minuten, bis das Licht erstarb. Salazar zuckte noch einmal, nachdem die letzten goldenen Funken verblasst waren, und dann endlich stürzte der Tyrann von Dorminia hinab und überschlug sich in der Luft.
Vierzig Schritt tiefer prallte der Tote aufs Pflaster und zerbarst.
Der Wolf
Sasha keuchte und presste sich die Hand auf die Seite, wo ein Splitter von der Länge ihres Mittelfingers steckte. Als sie die Hand wegzog, war sie blutig. Ein Grunzen ganz in der Nähe erinnerte sie daran, die Aufmerksamkeit lieber wieder auf das Kampfgetümmel vor ihr zu richten, doch auf einmal war ein Wächter über ihr, zwang sie zu Boden und würgte sie. Sie versuchte, seine Finger zu packen und aufzubiegen. Er war zu stark. Dann kratzte sie ihn und wollte ihn ins Gesicht beißen, doch er lachte nur über ihre unbeholfene Gegenwehr und drückte umso fester.
Das Kurzschwert lag neben ihr im zertrampelten Gras. Sie streckte sich, spannte alle Armmuskeln an. Es war knapp außerhalb ihrer Reichweite. Sie wollte schreien, doch die Hände, die ihr der Mann um die Kehle gelegt hatte, ließen nichts weiter als ein hilfloses Quietschen zu.
Sie starrte den böse grinsenden Gegner an. Der stinkende Atem des Mannes drang ihr in die Nase, und nun verschwamm die Welt vor ihren Augen. Die grausame Fratze des Kämpfers füllte ihre ganze Welt aus, auf der von Pickeln übersäten Nase glänzte der Schweiß. »Stirb, du Miststück«, keuchte er.
Mit der rechten Hand tastete sie nach dem Splitter des Schilds, der in ihrer Hüfte steckte. Ein heftiger Ruck, und sie hatte ihn herausgerissen. Die Schmerzen waren entsetzlich, doch sie hatte keine Zeit, sich dem Leiden hinzugeben, denn es war schon fast um sie geschehen. Langsam, fast im Traum, als ginge sie der ringsum tobende Kampf nichts an, hob sie den Arm und rammte dem Mann ihren improvisierten Dolch ins Auge.
Seine Schreie waren entsetzlich. Der Druck auf die Luftröhre ließ sofort nach, als der Angreifer die Hände zum Gesicht hob und sich taumelnd von ihr zurückzog. Sie schnappte nach Luft, drehte sich herum und kam auf die Beine. Fast wäre sie in den Knien eingeknickt, doch obwohl sie stolperte, hielt sie sich aufrecht. Beinahe gemächlich hob sie ihr Schwert auf.
Das Blut, das am Bein hinabrann, ignorierte sie. Der Wächter heulte immer noch und zupfte hilflos an dem Holzstück herum, das in seinem geplatzten Augapfel steckte. Sie humpelte zu ihm, hob das Schwert und stieß ihm die Klinge mitten ins Gesicht.
Dann stand Sasha eine Weile da und starrte den Toten an, bis sie sich schließlich umdrehte und sich übergab. In ihrer Umgebung ging der Kampf weiter. Thelassas Söldnerheer und die Verteidiger der Stadt rangen erbittert miteinander. Sie wischte sich den Mund ab, nahm das Schwert wieder auf und humpelte weiter, um sich in das nächstbeste Getümmel zu stürzen. Beinahe stolperte sie über
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