Schattenkrieger: Roman (German Edition)
Achseln. »Ich glaube nicht. Sie sind uns nicht nahe genug gekommen, um unsere Gesichter zu erkennen. Aber wir können jetzt sicher nicht mehr so einfach in die Graue Stadt hineinspazieren, oder? Nicht bei der Spur von Leichen, die wir hinterlassen haben. Ich würde sagen, wir begleiten das Mädchen bis zur Stadt und nehmen unser Gold in Empfang, und dann sehen wir zu, dass wir von Dorminia wegkommen. Ich habe diesen Mist satt.«
Kayne sah das ähnlich. Er fühlte sich alt, uralt. Zu viele Tote, zu viel Kummer. Er war es leid, immer nur wegzulaufen und zu töten. Ein Mann sollte wissen, wann er aufhören musste.
Eine Bewegung unter einer Reihe von Erlen erregte seine Aufmerksamkeit. Isaac und Sasha tauchten zwischen den Bäumen auf. Der Diener trug drei Kaninchen in einer Hand und lächelte erfreut, als er sah, dass sein Schutzbefohlener das Bewusstsein wiedererlangt hatte.
Sasha dagegen war ausgesprochen schlechter Stimmung. Ihre Kaumuskeln arbeiteten ganz ähnlich wie beim Wolf, wenn er in eine seiner Launen verfiel. Auf einer Seite ihrer Hose prangte ein gezackter Riss, und das linke Bein war bis zum Knie mit Schlamm bedeckt.
»Dann hast du es also doch noch überstanden«, sagte sie kühl und hockte sich neben ihn. Sie zog den verdreckten Stiefel aus, drehte ihn um und schüttelte kräftig. Schmutziges Wasser rann heraus. »Es wäre schön, wenn Isaac ebenso gut auf unseren Weg wie auf deine Genesung achten könnte.« Sie funkelte den Diener an. »Ich kann gar nicht glauben, dass du mich in einen Sumpf geführt hast.«
Isaac war etwas verlegen. »Es tut mir wirklich leid. Ich war abgelenkt.«
»Abgelenkt? Du bist durch die Gegend geschlendert und hast Bilder von Vögeln gemalt.«
»Ich zeichne eben gern. Im Archiv hatte ich eine recht große Sammlung. Vielleicht kann ich sie dir zeigen, wenn wir in die Stadt zurückkehren«, bot er hoffnungsvoll an.
Sasha schnaubte nur. »Das ist doch mal ein Angebot, das ich unmöglich ablehnen kann. Vergeude nicht deine Zeit, Isaac. Ich bin nicht interessiert.«
Isaac schaute so betroffen drein, dass Kayne Mitleid empfand. »Ich sollte mich wohl bei dir bedanken, weil du mich zusammengeflickt hast«, sagte er zu dem niedergeschlagenen Diener. Dann senkte er verschwörerisch die Stimme. »Mach dir wegen des Mädchens keine Gedanken. Ich glaube, sie hat ein Auge auf einen anderen geworfen.« Er blickte wissend in ihre Richtung und konnte nun doch nicht genug Begeisterung aufbieten, um ihr auch noch zuzuzwinkern.
Sasha warf ihm einen giftigen Blick zu. »Als ob du überhaupt erkennen könntest, was ich will. Ihr Hochländer und eure Frauen. Wie läuft das überhaupt? Schlagt ihr ihnen einen Stein auf den Kopf und vergewaltigt sie, solange sie bewusstlos sind? Oder geht es andersherum?«
Die Worte des Mädchens trafen ihn schwer. Es klang wie ein Scherz, aber außer Zorn und Verachtung konnte er nichts in den dunklen Augen entdecken.
Jerek mochte ihren Tonfall nicht. »Das geht dich einen Dreck an«, wies er sie aufgebracht mit heiserer Stimme zurecht. »Du keifst seit einer Woche wie eine Bärin, die einen Zweig im Arsch stecken hat. Hat dir der Alchemist wirklich so viel bedeutet?«
»Vicard war ein besserer Mann, als du es je sein wirst«, fauchte Sasha. »Wahrscheinlich sollte ich mich glücklich schätzen, dass Isaac da ist. Wer weiß, was du mir sonst schon angetan hättest. Ich habe jedenfalls keine Angst vor dir.«
Jerek schnitt eine wütende Grimasse und machte einen Schritt auf sie zu. Sie starrte zurück und zuckte mit keiner Wimper. Wütend tastete der Wolf nach seinem Bart und zupfte daran. Dann ballte er die linke Hand zur Faust. »Leck mich doch. Ich laufe ein Stück.« Damit drehte er sich um und verschwand zwischen den Bäumen.
Kayne blickte ihm nach und konnte endlich seufzend ausatmen. Er schloss einen Moment die Augen. Ein leichter Regen setzte ein, der ihm das Gesicht kühlte und etwas Spannung aus der Luft nahm.
Isaak kratzte sich am Kopf und lächelte nervös. »Na ja«, sagte er. »Wir sollten uns einen Unterschlupf suchen, ehe es richtig zu schütten anfängt.« Dann schüttelte er die Kaninchen, die er gefangen hatte. »Hat jemand Hunger?«
Er beobachtete das kleine Feuer, dessen Flammen im leichten Wind tanzten. Über ihnen prasselte der Regen auf das Blätterdach, gelegentlich fand ein Tropfen den Weg durch kleine Lücken, doch das war immer noch besser, als draußen im Freien zu sitzen, wo der Frühlingsregen auf die umliegenden Hügel
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