Schattenkrieger: Roman (German Edition)
pflanzen.«
»Der Schamane? Meinst du den Magierfürsten der Hohen Klippen? Was hast du denn getan, um ihn so zu verärgern?«
»Es war nichts, was ich getan habe, Mädchen. Es ging um das, was ich nicht getan habe.« Er schloss die Augen und dachte an den Morgen, an dem der Schamane die Worte gesprochen hatte, die ihm das Blut in den Adern gefrieren ließen.
Beregund muss dem Erdboden gleichgemacht werden.
»Ich war nicht immer der arme alte Hund, den du jetzt siehst. Das Schwert des Nordens, so haben sie mich früher genannt. Ich war der Verteidiger der Hohen Klippen, das erste Bollwerk gegen die Feinde, die vom Teufelsgrat herunterkamen. In Kriegszeiten war ich das Instrument, das den Willen des Schamanen umgesetzt hat.«
Sasha war verwirrt. »Also hast du vorher dem Schamanen gedient?«
Er nickte. »Tatsache ist, dass ich mich als junger Mann kaum um Richtig oder Falsch geschert habe. Ich habe viele Dinge getan, auf die ich nicht stolz bin. Erst als ich älter wurde, waren Ruhm und Achtung nicht mehr so wichtig. Wenn die Einsicht kommt, ist das Töten schließlich das Einzige, was man noch kann, und der Beste beim Töten zu sein, reicht irgendwann nicht mehr. Besonders, wenn dich deine Taten einholen.«
Eine Weile saß er schweigend da und hing seinen Erinnerungen nach. Der Wind hatte aufgefrischt und pfiff über ihnen durch die Zweige, als kreischten tausend verlorene Seelen. Sasha und Isaac sahen ihn erwartungsvoll an, bis er sich räusperte und fortfuhr.
»Als ich Mhaira kennenlernte, war ich halb so alt wie jetzt. Binnen eines Jahres heirateten wir. Sie kam aus der Grünen Gemarkung und war die Tochter eines Hirten aus Beregund. Eine bescheidene Familie, aber das war mir egal, sobald ich das Lachen in ihren Augen sah. Im Rückblick denke ich, dass meine Heirat mit einer Schäferstochter seinen Teil zu meinem Ruf beigetragen hat.«
»Das klingt nach jemandem, den ich kenne«, sagte Sasha leise.
Er dachte darüber nach. »Ja, irgendwie erkenne ich mich in dem Burschen wieder. Ich war überheblich, stolz und voller Dünkel. Die Heirat mit Mhaira war das einzig Richtige, was ich damals getan habe. Es vergeht kein Tag, an dem ich mir nicht selbst zu diesem einmaligen Anfall von Vernunft gratuliere.«
»Was ist dann passiert?«, fragte Sasha, während sie mit einem Stock in den Überresten des Lagerfeuers herumstocherte.
Er schloss die Augen. »Der Schamane befahl, Beregund auszulöschen. Auch Mhairas Angehörige und die Freunde, die ich dort gewonnen hatte. Sie alle.«
»Warum?«
Er zuckte mit den Achseln. »So ist der Schamane eben. Natürlich hat er uns Vernunftgründe genannt: Die Stadt habe den Vertrag gebrochen, sie halte Tributzahlungen an Herzstein zurück. Etwas in dieser Art. Aber im Grunde lief es nur darauf hinaus, dass der Schamane seine Vorherrschaft unter Beweis stellen wollte. Er hat immer wieder einen Stamm gegen den anderen aufgehetzt. Die Schwachen ausmerzen, so nannte er es.«
»Aber du hast dich geweigert.«
Der alte Hochländer nickte. »Der Schamane ließ mir einen Tag Zeit, mich zu entscheiden. Ich glaube, er wollte mich auf die Probe stellen. Da ich wusste, dass ihm meine Antwort nicht gefallen würde, bin ich mit Mhaira nach Osten geflohen. Die Brüder haben mich ein paar Tage später erwischt, aber ich hatte ihr etwas Zeit erkauft, ihnen zu entkommen. Das dachte ich jedenfalls.«
Die Tränen traten ihm in die Augen. Er blinzelte tapfer. »Den größten Teil des folgenden Jahres verbrachte ich in einem Weidenkäfig. Die Brüder fanden Mhaira in einer Höhle am Teufelsgrat und brachten uns beide zu dem Schamanen. Er verbrannte sie bei lebendigem Leibe und hätte das Gleiche mit mir getan, wäre Jerek nicht eingeschritten. Was man sonst auch immer über ihn sagen kann, der Wolf ist kein Mann, der es vergisst, eine Schuld zu begleichen.«
Sasha schürzte die Lippen und schlug die Augen nieder. »Das ist eine schreckliche Geschichte. Habt ihr Kinder?«
Bei dieser Frage zuckte er zusammen. »Ich hatte einen Sohn. Er war mein Stolz und der Stolz seiner Mutter. Das Köpfchen hatte er von ihr, die Fertigkeiten im Schwertkampf von mir. Er … er ist an dem Tag gestorben, an dem sie Mhaira verbrannt haben.«
Darauf herrschte Schweigen. Isaacs Miene zeigte Mitgefühl, und sogar Sashas Blick war etwas freundlicher geworden. Das Feuer war bis auf die Glut niedergebrannt. Kayne starrte in die Asche und wich den Blicken der anderen aus. Schließlich räusperte er sich.
»Jetzt habe
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