Schattenkrieger: Roman (German Edition)
die neuen Kameraden ihn wie einen Helden empfingen. So gut hatte er sich noch nie im Leben gefühlt.
»Das hast du gut gemacht, Junge. Das hast du gut gemacht«, lobte ihn Dreifinger.
Er warf sich in die Brust. »Ich bin Davarus Cole, das habe ich dir schon gesagt.« Dann schlenderte er zu Soeman, der bibbernd auf dem Deck lag, und zog ihn hoch. »Schau dir das an«, sagte er zu dem Ingenieur und deutete auf die untergehende Sonne und das dunkle Wasser, das sich bis zum Horizont erstreckte. »Das gehört jetzt uns. Alles gehört uns. Wir sind nun freie Männer.«
Soeman schniefte und hustete. Obwohl seine Mundwinkel blutig waren, lächelte er. »Ich kann nicht glauben, dass dein Plan funktioniert hat. Ich muss zugeben, dass ich ihn ziemlich verrückt fand. Du bist ein Held.«
»Ja«, sagte Cole leise. »Das bin ich.«
Schweigend standen sie einen Moment beisammen und sahen zu, wie die Sonne Abschied nahm. Auf einmal zuckte Soeman und keuchte leise.
Cole schüttelte den Kopf. »Deine Brust wird schlimmer. Dabei dachte ich, das Salzwasser könnte dir gut tun.«
Er bekam keine Antwort. Dann betrachtete er den Ingenieur. Etwas steckte in seinem Hinterkopf. Er tastete und befühlte es.
Ein Bolzen.
Soeman stürzte nach vorn aufs Gesicht und rührte sich nicht mehr.
Über ihm raschelte es, ein dunkler Schatten tauchte auf. Cole blickte blinzelnd nach oben. Das sah doch nach einem Mann aus …
Falcus! Irgendwie hatte der Augmentor den Untergang des Bootes überlebt. Der Mantel wallte um den Mann und glühte leicht vor dem Nachthimmel. Er hatte eine Armbrust in der Hand und zielte auf Cole.
Cole warf sich flach aufs Deck und stieß laute Rufe aus, um die anderen Besatzungsmitglieder auf sich aufmerksam zu machen. Einer der Männer rannte herbei und richtete seine Armbrust auf den schwebenden Augmentor. Er drückte auf den Abzug, doch der Bolzen verfehlte das Ziel. Der Augmentor kreiste über ihnen, sank herab und flog wieder ein paar Schritte weg, während er seine Waffe neu ausrichtete. Es gab einen Knall, und neben Cole ging ein Mann zu Boden. Aus seiner Brust ragte ein Bolzen heraus.
Der junge Splitter sprang auf und rannte los. Wohlbehalten kam er in der Menge an, die sich in der Nähe des Hauptmasts versammelt hatte. Die meisten hatten noch keine Ahnung, was vor sich ging. »Runter!«, rief er. Einer der ehemaligen Gefangenen reagierte zu langsam und bekam prompt einen Bolzen in die Kehle.
Cole tastete nach Magierfluch. Dieses Mal fand seine Hand das Messer, das ihm der Matrose geliehen hatte. Falcus bereitete gerade einen weiteren tödlichen Überflug vor. Cole wartete angespannt.
Der Augmentor schoss herab und hielt in einem Bogen direkt auf ihn zu. Er wartete bis zum letzten Moment, zielte auf die Brust des Mannes und warf. Es verfehlte zwar den Augmentor, riss aber ein großes Loch in den Stoff seines Mantels.
Falcus fluchte, verlor die Kontrolle und überschlug sich in der Luft, dann prallte er gegen den Hauptmast, es gab ein übles Knacken, und er rutschte leblos herab.
Dreifinger war sofort bei dem abgestürzten Augmentor und hackte mit dem Beil auf den benommenen Mann ein. Binnen Sekunden war es vorbei. Dreifinger hackte dennoch weiter, zerteilte die Leiche und warf die Stücke über Bord.
Cole richtete sich auf. Sie hatten drei Männer verloren, darunter Soeman. Auch Jack war schwer verletzt. Er wurde wütend, weil der Tod der Männer seinen Triumph schmälerte. Besonders galt das für Soeman, den er mit so viel Mühe vor dem Ertrinken gerettet hatte. Es war einfach ungerecht.
Plötzlich schien die Luft um ihn zu pulsieren. Er hielt inne und sah sich erschrocken um, dann hätte er sich beinahe übergeben. Ein übler Gestank stieg ihm in die Nase. Es roch nach einer Leiche, die lange in der Sonne gelegen hatte; der Gestank war überwältigend. Auf dem ganzen Schiff krümmten sich die Männer und übergaben sich auf das Deck.
Dann ertönte ein lautes Brüllen. Cole taumelte. Das Meer flimmerte so grell, dass ihm die Augen tränten und er den Blick abwenden musste. Er öffnete den Mund und wollte fragen, was im Gange sei, aber unvermittelt stieg der Druck stark an und presste ihm die Worte zusammen mit einem Schwall kalten Wassers in die Kehle zurück. Panisch schlug er um sich, verlor vollends die Orientierung und war schließlich auf allen Seiten vom hereinbrechenden Wasser umgeben. Auch das Deck spürte er nicht mehr unter den Füßen. Er wurde im Wasser nach unten gezogen, immer tiefer
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