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Schattenkuss

Schattenkuss

Titel: Schattenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Loehnig
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sich alles nur um sie. Nie fragt jemand nach mir!«

14
    Am nächsten Morgen blieb Lena im Bett, bis die Haustür hinter Steffi zuschlug. Erst dann stand sie auf und ging in die Küche. Der Kühlschrank war leer. Nicht einmal eine Tüte Milch war mehr darin. Auf dem Tisch standen ein vollgekrümelter Teller und eine Kaffeetasse mit braunen Rändern. Daneben lag eine leere Papiertüte vom Bäcker. Meine Güte, war das kindisch von Steffi.
    Lena überlegte, was sie heute unternehmen könnte. Mit dem Film schien sie in eine Sackgasse geraten zu sein. Ohne ­Mike kam sie nicht weiter. Okay, sie konnte Bennos Mutter interviewen und vor allem die Urgroßmutter. Doch bei dem Gedanken, dann auch auf Petra Leitner zu treffen, hatte Lena sofort ein schlechtes Gewissen. Ihre Gedanken begannen wieder, um Benno zu kreisen.
    Im Regal stand eine Dose Tee. Lena setzte Wasser auf. In der Speisekammer fand sie Knäckebrot und ein Glas selbst gemachte Johannisbeermarmelade. Kurz entschlossen deckte sie für ihr Frühstück auf der Terrasse. Wie nicht anders zu erwarten, kam Becky aus dem Gebüsch geschossen, sobald Lena sich gesetzt hatte. Mit einem Satz sprang sie ihr auf den Schoß und stieß mit dem Kopf einige Male gegen ihren Arm. Lena verstand und streichelte Becky so lange, bis sie sich zufrieden schnurrend zusammenrollte.
    Im Nachbarhaus ging die Tür auf und Petra erschien mit einem Korb voller Wäsche im Garten. Sie begann, die Wäschestücke auf die Leinen zu hängen. »Hallo Lena. So schön möchte ich es auch noch mal haben. Ferien! Genieß das. Die Schulzeit geht schneller vorbei, als man denkt.«
    Lena spürte, wie ihr Gesicht rot anlief. »Ja. Klar«, stammelte sie. Nun öffnete sich auch noch die Schuppentür. Florians Oma zerrte einen Rasenmäher heraus. »Wo ist denn dein Sohn schon wieder?«, herrschte sie Petra an. »Er sollte doch den Rasen mähen.«
    »Das hat doch bis zum Nachmittag Zeit. Das Gras ist noch taufeucht.«
    »Papperlapapp. Faule Ausrede.« Offenbar hatte Florians Oma Lena nicht gesehen, denn sie brach einen Streit mit ihrer Schwiegertochter vom Zaun. Lena war das peinlich. Vorsichtig hob sie Becky vom Schoß und wollte hineingehen. Das blieb nun doch nicht unbemerkt. »Fütterst du jetzt diese Streunerin durch?«, rief Florians Oma über den Zaun.
    Eine heiße Welle stieg in Lena hoch. Ärger. »Klar. Scheint ja sonst keiner im Dorf zu tun. Sie war nur noch Fell und Knochen.«
    »Wenn eine Katze nicht mehr mausen kann, dann hat sie ihre Schuldigkeit getan. Das ist der Lauf der Natur.«
    »Ach ja. Und wie ist das mit Ihnen? Wenn Sie mal nicht mehr zupacken können, dann lässt man Sie auch verhungern, oder was?«
    Florians Oma verschlug es für einen Augenblick die Sprache. Lena war schon fast in der Küche, als sie ihr »Du hast eine freche Gosche, Mädchen« hinterherrief.
    »Puh«, sagte Lena in die Stille des Raums. »Der Tag kann eigentlich nur besser werden.« Becky strich ihr um die Füße. Lena füllte eine Packung Gourmetperle in ein Schälchen und stellte es auf den Boden. »Du wirst als fette alte Katze sterben. Das verspreche ich dir. Dafür wirst du allerdings umziehen müssen. Kommst du mit nach Stuttgart?«
    Becky blickte vom Futternapf auf und schloss für einen Moment die Augen, als wollte sie Ja sagen. Dann fraß sie weiter.
    Während sie der Katze zusah, fiel Lena das seltsame Gespräch mit Clara wieder ein. Ihre Vermutung, Ulrike sei tot. Nachdenklich rührte Lena in ihrem Tee. Wenn Clara nun recht hatte und Ulrike nicht davongelaufen war? Plötzlich fiel es ihr wie Schuppen von den Augen: Ulrikes Kleiderschrank! Weshalb hatte sie daran nicht schon früher gedacht! Er war voller Klamotten. Ulrike hatte ihre coole Sonnenbrille nicht mitgenommen und auch nicht die Doc Martens, die waren damals sicher Kult gewesen. Nahm man so was nicht mit, wenn man abhaute? Weshalb hatte sie diese Sachen hiergelassen? Entschlossen ging Lena nach oben und durchsuchte Ulrikes Zimmer. Denn wenn Ulrike auf und davon war, dann hatte sie zwei Dinge garantiert nicht hiergelassen: Geld und Perso. Und weder ein Geldbeutel noch ein Sparbuch noch Ulrikes Ausweis waren unter ihren Sachen.
    Lena zog das Handy aus der Tasche und wählte Claras Nummer, um sie zu fragen, ob Ulrike Tagebuch geschrieben habe. »Jeden Tag«, bestätigte Clara.
    Kein Tagebuch, kein Perso, kein Portemonnaie. Also war Ulrike wirklich weggelaufen.
    »Mir sind gestern noch zwei Sachen eingefallen«, sagte Clara. »Der Name des Jungen, den

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