Schattenlaeufer und Perlenmaedchen - Abenteuer Alltag in Japan
immer schwer, nicht zwischen diesen beiden Giganten übersehen zu werden. So sagt man den Bewohnern Nagoyas einen Hang zum Übertreiben nach: Hier muss alles eine Nummer größer und einen Tick protziger sein. Hauptsache, man fällt damit auf. So passen die Pachinko-Hallen hervorragend zu den etwas vulgär-glitzerigen Vorlieben dieser Stadt. Ein Stil, der sich heute in sämtlichen Hallen Japans fortsetzt.
Auch bei den erwachsenen Spielern gibt es als Gewinn Nützliches aus der täglichen Warenwelt. Emis Spielzeug aus Kindertagen war auch einmal so ein Sachpreis. Heute sind praktischer Dosenkaffee oder Salatöl weitaus üblicher. Hat der Spieler eine ungewöhnlich große Menge an Kugeln gewonnen, entscheidet er sich gerne für den Sonderpreis, einen Plastikgoldbarren. Den legt er sich nicht zu Hause hübsch hin, sondern tauscht ihn gegen Bargeld. Das geht ganz legal illegal, doch dürfen solche Transaktionen nicht offen im Pachinko-Palā (von engl. parlo(u)r, Salon/Stube) selbst stattfinden, aber sehr gerne in einer engen Gasse gleich nebenan. Das Personal ist strikt angehalten, dazu keinerlei Hinweise zu geben, allein das wäre schon strafbar. Das begehrte Örtchen ist jedoch nie weit weg. Dort findet sich ein Schalter, davor stehen brav die Leute mit ihren ungeliebten Gewinnen. Wer einem dort die Preise ganz gesetzestreu wieder abkauft, ist nicht zu sehen. Der unsichtbare Mann verkauft die Preise später wieder mit Gewinn zurück an den Pachinko-Salon. Die vielschichtigen Transaktionen dieses Warenkreislaufes fordern undurchsichtige Geschäfte geradezu ein. Und tatsächlich steht Pachinko ganz oben auf der Liste, wenn es um Steuerbetrug geht. Perfekter Plot für einen Film? Richtig, 1987 drehte Itami Yuzo einen Kinohit über eine Steuerfahnderin („Marusa no Onna“), die sich mit Pachinko-Bossen anlegt.
Ich selbst habe leider nichts gewonnen, alle meine Kugeln sind weg. Langsam geht mir das Gedudel der Maschinen, die laute Musik, das Blinken in grellen Farben auf die Nerven. Ich will nur noch weg, bin wohl nicht zum Pachinko-Zocker geeignet. Der Mann neben mir hebt nicht mal den Kopf, als ich aufstehe. Tief versunken in seiner eigenen Welt dreht er beständig am Knauf. Könnte er Emis Vater sein, überlege ich noch. Oder ist er einfach nur irgendein Pachi-Pro, wie die Japaner einen professionellen Pachinko-Spieler nennen? So einer, der schon morgens als Erster am Automaten sitzen will? Der alles daran setzt, eines der Geräte zu erwischen, die reif für den Jackpot sind. Die ganz eigene Logik dieser Besessenen besagt, dass die Betreiber die Spieler nicht nur verlieren lassen können, in bestimmten Abständen muss einfach ein Gewinn dabei sein. Sonst laufen ihnen die Kunden letztendlich davon. Und so konzentrieren die Puro sich zumeist auf einen ganz bestimmten Automaten und flippern solange, bis sie den Jackpot knacken – oder ihnen das Geld ausgeht. Im vorelektronischen Zeitalter schaute der Profi immer zuerst auf die Position der vier obersten Nägel, den sogenannten Lebensnägeln. Sie wurden am Abend nach Geschäftsschluss mit dem Hammer neu positioniert, um die Gewinnchancen zu verändern. Heutzutage sind die Automaten digital gesteuert ( Deji-Pa genannt). Nur noch in den ersten Tagen nach Neueröffnung eines Salons oder bei brandneuen Geräten wird die Position der Nägel manuell korrigiert und damit die Chance gesteigert, den Jackpot zu knacken. Das bewusste Ausschalten der elektronischen Steuerung bei besonderen Anlässen gaukelt der Kundschaft leichteres Spiel vor. Genau darauf warten Leute wie Emis Vater geduldig und nehmen auch mal weitere Wege zu neuen Hallen auf sich.
Viele Pachinko-Maschinen fungieren zusätzlich als einarmige Banditen. Diese Pachi Suro (als Abkürzung des japanischen Pachinko Suroto Mashiin, von engl. slot machine ) erfreuen sich großer Beliebtheit, heizen sie das Spielfieber doch kräftig an. Kurze Zeichentrickfilme und andere Spezialeffekte zeigen an, dass der Jackpot nicht mehr fern ist, und setzen damit den Spieler kräftig unter Druck, nun erst recht weiterzumachen. Ob er das große Los auch wirklich zieht, steht jedoch auf einem anderen Blatt.
Doch wir sind nicht umsonst in Japan und so findet sich auch für den immensen Erfolg des Flipperns eine Erklärung auf höherer Ebene. Pachinko sei Meditation, wenn nicht sogar vergleichbar mit Zen-Buddhismus, wie einige besonders verklärte Stimmen behaupten. Das permanente Gepiepe, Geblinke und die oherenbetäubende Musik
Weitere Kostenlose Bücher