Schattenlord 1 - Gestrandet in der Anderswelt
nicht, wenn sie winzig klein war und ihm eine dünne gespaltene Schlangenzunge herausstreckte.
»Warte, du arrogantes Biest, ich krieg dich! Jetzt gleich!«
Cedric machte einen gewaltigen Satz nach vorn, und für den Hauch einer Sekunde spürte er etwas Glattes, Warmes zwischen seinen Fingern davon glitschen, bevor er in einer Fontäne im Sand landete.
Hustend und Sand spuckend kämpfte er sich wieder hoch. »Aber ich hab dich gehabt, Mistviech!«, rief er und schüttelte die geballte Hand. »Du bist nur so aalglatt wie ein Politiker, wer sollte dich da festhalten können!«
Das Tier war längst verschwunden. Cedric klopfte sich frustriert den Sand aus der Kleidung und betrachtete unglücklich den Riss in seinem Hemd, der sich vergrößert hatte.
»Ach, jetzt habe ich es satt«, führte er sein Selbstgespräch fort. »Ich gehe zurück. Ich habe die Fotos vom Ende der Wüste oder zumindest einer Ahnung davon, und deshalb brauche ich nicht weiter mein Leben zu riskieren. Hier gibt es nichts, und dieses Reptil braucht vermutlich nicht mal Wasser. Ernährt sich von Sandflöhen, die sich wiederum von seinen Schuppen ernähren, und damit ist der natürliche Kreislauf schon geschlossen.«
Cedric hatte genug. Ab und zu ein Abenteuer, gut und schön, aber das ging jetzt doch zu weit. So kam er nicht voran. Und alle anderen auch nicht.
Ich hätte Rimmzahn mitnehmen sollen, dann hätte ich wenigstens was zum Lachen gehabt.
Er machte sich daran, die nächstbeste Düne zu ersteigen, um sich für den Heimweg zu orientieren - da entdeckte er tatsächlich einen schmalen gelben Strich auf violettem Sand, genau wie zuvor, der an irgendetwas herumzüngelte!
Das Tier hatte ihn anscheinend vergessen, weil es viel zu beschäftigt war mit anderen Dingen.
Na warte, dachte Cedric. Diesmal krieg ich dich, und dann nehm ich dich mit. Ist zwar nicht viel an dir dran, aber einen winzigen Streifen Fleisch für alle wird es schon geben. Das wird ihnen Hoffnung und Mut machen, und du, kleiner Freund, hast für deine Vorwitzigkeit bezahlt.
Er zog sich zurück, schlich um die Düne herum und näherte sich dem Platz, an dem er das Reptil vermutete. Der Wind konnte ihn nicht verraten, auch die Sonne nicht, und so kam er immer näher heran, nunmehr schon auf allen vieren.
Nur ein mageres Bisschen, aber es würde wie eine Festmahlzeit sein. Na schön, sie mussten das Echslein roh verzehren, aber vielleicht halfen ja Erdnüsse als Beilage.
Cedric kicherte schon in Gedanken über den Jubel. Man würde ihn als Helden feiern, und das wäre sogar den Schmerz wert, der sich jetzt in seiner Schulter nur allzu deutlich bemerkbar machte. Er hatte vorher bei dem Sprung gar nicht darüber nachgedacht und zunächst nichts gespürt, aber jetzt …
Nein, jetzt fing er das Tier, und dann konnte er immer noch wie ein Weichling herumjammern.
Vorsichtig hob er den Kopf. Er musste sein Ziel zuerst sehen, bevor er es angreifen konnte, sonst landete er wieder wie ein Tölpel im Sand.
Ja, da war es! Womit beschäftigte es sich da? Sah aus wie ein Haufen silberner Ameisen, die es ausgegraben hatte. Wo kamen die denn her? Gab es etwa unter dem Sand reiche Nahrungsgründe für kleine Tiere?
Auch Ameisen eigneten sich zum Verzehr, erst recht ihre eiweißhaltigen Puppen. Es wurde immer interessanter. Gut, die Ameisen waren extrem klein, konnten aber in ausreichender Menge sicherlich ein wenig Energie spenden. Gut, dass Cedric einen Rucksack dabeihatte.
Zuerst das Reptil, dann das Ameisennest.
Cedric nahm Maß, spannte die Muskeln an, befahl der verwundeten Schulter, sich wie eine gesunde zu verhalten, und sprang.
Packte zu.
Und hatte es!
Das kleine Reptil wand sich heftig in seinen Händen, aber er ließ es nicht los, während er lachend in den Sand fiel. Er achtete gerade noch darauf, nicht auf die verletzte Schulter zu fallen, und rollte sich herum.
»Hab ich dich! Ha!«
Die Echse zischte und fauchte, und dann tat sie etwas sehr Unanständiges. In dem Augenblick, als Cedric sich aufrappelte, um ihr das Genick zu brechen und sie in den Rucksack zu stecken, spuckte sie ihn an.
Ein dünner Strahl traf Cedrics Wange, und er brüllte auf. Überrascht ließ er das Tier los, das sofort über die Düne davonrannte. Doch der Mann erholte sich schnell von seinem Schrecken, und er rannte der Beute nach. Seine Wange brannte wie Feuer, und er war wütend. Jetzt würde er dem Tier so lange nachstellen, bis er es hatte und anschließend in Fetzen riss. Egal, ob es dann
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