Schattenlord 1 - Gestrandet in der Anderswelt
Anführer hielt ein Metallstück hoch.
»Es ist Bestandteil eines Flugzeugs. Einer Maschine die fliegen kann.«
»Aber nicht sehr gut, scheint mir.«
»Das ist wohl wahr.«
Der Anführer ließ das Bruchstück fallen und den Blick über das Lager schweifen. »Wo sind die anderen?«
»Es gibt nur uns und die Verletzten dort hinten.«
Der Anführer machte einen schnellen Schritt nach vorn und maß Jack aus gelb glühenden Augen, die unter dem Schlitz des Gesichtsschleiers hervorleuchteten. »Dann frage ich dich, wieso ich mehr Ruhelager zähle, als ich hier Männer sehe. Und willst du behaupten, ihr hättet keine Frauen dabeigehabt?«
»Ihr habt doch ebenfalls keine dabei«, erwiderte Jack gelassen. »Wir sind eine Karawane, genau wie ihr, nur eben fliegend. Wir hatten nicht vor, deine Wüste zu betreten, und bitten dafür um Verzeihung.«
Ein Diplomat ist er auch noch, dachte Milt. Muss wohl mit solchen Leuten schon zu tun gehabt haben. Warnend sah er Cedric an, der sich kaum mehr zurückhalten konnte. Er brannte auf den Kampf, der vermutlich auch unvermeidbar war.
Diese Wüstenleute - ob sie Menschen waren, ließ Milt lieber dahingestellt - würden keinesfalls Hilfe bringen und sich als freundliche Gastgeber erweisen. Sie taxierten die ganze Zeit, was von Wert sein könnte, und überlegten vermutlich bereits, was sie mit den Männern machen sollten.
»Wer ist euer Anführer?«, wollte der Mann wissen.
Jack zeigte zu der Liege des Piloten. »Er ist sehr schwer verletzt, aber ich denke, du kannst mit ihm reden.«
Der Beduine ging ein paar Schritte auf das Krankenlager zu, dann drehte er wieder um. »Du bist sein Vertreter? Dann rede ich mit dir.«
»Ich danke dir für dein Vertrauen. Mein Name ist Jack.«
»Du kannst Herr zu mir sagen«, antwortete der Anführer. Einige seiner Männer lachten rau.
Jack ließ sich nicht beirren. »Hat der Herr auch einen Namen? Das ist bei uns so üblich.«
»Du wirst ihn nie benutzen.« Er gab einen weiteren Wink nach hinten, und zwei andere Männer zerrten den jungen Mann herbei, den Milt die Düne hatte hinabrennen sehen. Seine Hände waren vorn gefesselt, sein Mund geknebelt, und sein rechtes Auge hatte sich blau verfärbt. Er sah verschwitzt und ängstlich aus.
»Gehört der zu euch?«
Ein Muskel in Jacks Gesicht zuckte, doch er beherrschte sich. »Ja. Was wird ihm vorgeworfen?«
»Nichts.«
»Warum ist er dann gefesselt?«
Der Anführer lachte. »Der Narr wollte in die Wüste hinausrennen. Das wäre sein sicherer Tod gewesen, und davor haben wir ihn bewahrt. Er hat sich gegen seine Rettung gewehrt.« Er löste eigenhändig die Fesseln und den Knebel und stieß den jungen Mann in Jacks Richtung. »Nur, damit du meinen guten Willen begreifst.«
»Oder weil dir klar ist, dass wir sowieso nicht entkommen können«, brummte Jack. Ihm war anzusehen, dass seine Geduld erschöpft war. »In der Wüste ist die Gastfreundschaft heilig. Ich würde dir und deinen Männern daher gern etwas anbieten, doch leider haben wir nicht einmal ein Feuer. Ich bitte um Vergebung. Und schlimmer noch: Ich begebe mich in Schuld, weil ich dich um Hilfe bitten muss. Wir haben nichts zu essen und zu trinken, und unsere Verletzten brauchen medizinische Versorgung.«
»Herr.«
»Wie bitte?«
»Du hast nicht Herr zu mir gesagt. Das ist das letzte Mal, dass ich dir diese Respektlosigkeit nachsehe.«
Jacks linke Hand ballte sich zur Faust. »Ehre, wem Ehre gebührt«, sagte er leise. »Wirst du meine Bitte erhören … Herr?«
»Gewiss doch.« Der Anführer stieg über den Wall und wanderte langsam durch das Lager. »Wir werden eure Verletzten untersuchen. Und für euch werden wir sorgen, bis wir den Markt erreicht haben. Also sagen wir … wir schließen einen Handel.«
Jack blinzelte. »Einen Handel?«
»Von woher kommst du, Mann? So dumm ist doch nicht mal ein Neugeborenes!«
Einer der Beduinen schritt den Wall ab und musterte die Männer, die ihre Deckung längst aufgegeben und sich aufrecht hingestellt hatten, um ihre Furchtlosigkeit zu demonstrieren.
»Mein Herr, das sind Menschen«, sagte er schließlich mit Fistelstimme.
»Sicher doch«, versetzte sein Anführer verärgert. »Denkst du, ich kann einen Menschen nicht von einer Ratte unterscheiden?«
»Nicht von hier«, ergänzte der Mann.
»Das sagte ich bereits«, wies Jack hin.
Der Anführer wandte sich seinem Untergebenen zu. »Und?«
»Na ja …« Der Mann deutete mit dem Daumen auf das Wrack. »Die sind von
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