Schattenlord 12 – Lied der sieben Winde
nicht!«, schrie jemand. »Wir haben gesehen, wie das endet!«
»Ich will nicht predigen, sondern über den Frieden verhandeln«, sagte Rimmzahn. »Der Weg der Vernunft muss beschritten werden!«
In diesem Augenblick drängte sich jemand durch die Menge, ein Messer blitzte auf, und Luca stürmte auf den Emissär zu.
»Du Dreckschwein!«, brüllte er mit sich überschlagender Stimme. »Verdammter Mörder!«
Rimmzahn wich zurück und sah sich Hilfe suchend um, doch die Menge stand geschlossen um ihn, ohne sich zu rühren, und an dem Adler wagte er sich nicht vorbei.
»Luca!«
Jack stieß die Krieger beiseite und setzte zu einem Hechtsprung an, als er sah, dass er den Jungen nicht mehr rechtzeitig einholen konnte. Er hatte Rimmzahn schon fast erreicht, der hin und her tänzelte, weil er nicht wusste, wohin, mit deutlicher Angst im Gesicht. Kein Wunder. Auf Lucas Gesicht stand nackte Mordlust, und das erhobene Messer war lang und scharf. In diesem Moment war er kein Kind mehr und eine echte Gefahr.
Jacks durchtrainierter Körper schnellte durch die Luft, seine ausgestreckte Hand erwischte den Jungen gerade noch am Ärmel, krallte sich fest und riss ihn im Sturz mit sich zu Boden. Hastig rappelte er sich auf, saß breitbeinig da, den tobenden und um sich schlagenden Jungen zwischen sich, und umklammerte ihn. Zum Glück hatte Luca beim Sturz das Messer verloren, sodass er Jack nicht versehentlich verletzen konnte.
»Lass mich!«, schrie Luca außer sich, Tränen stürzten aus seinen Augen, und er strampelte mit den Beinen. »Er hat meine Schwester umgebracht!«
»Ich weiß«, sagte Jack angestrengt, die Armmuskeln waren angeschwollen. »Aber wenn du ihn jetzt umbringst, hat er es überstanden. Du jedoch musst bis ans Ende damit leben, einen Mord begangen zu haben.«
»Das ist kein Mord! Er hat den Tod verdient!« Der Junge schluchzte verzweifelt. Die Kräfte gingen ihm aus, seine Gegenwehr erlahmte.
»Ja«, stimmte Jack ihm zu. »Aber nicht durch die Hand eines unschuldigen Kindes, wie du es bist. Du kannst das nicht. Das Bild von Rimmzahns gebrochenen Augen, das Blut, das aus ihm herausspritzt, wenn du ihm das Messer hineinrammst, wird dich niemals verlassen, und du wirst niemals mehr glücklich werden. Du wirst dir nicht verzeihen können, dass du das Urteil über seinen Tod gefällt hast.«
»Ich bin doch ein Krieger, das hat Veda gesagt ...«
»Du bist es auf andere Weise. Bewahre dir deine Unschuld, Luca, um Himmels willen.«
Der Junge sank in sich zusammen.
Jack stand auf und zog ihn mit sich hoch. »Es gibt eine Zeit zu kämpfen, ja, vielleicht sogar für dich. Doch nicht gegen den da.«
Hanin kam heran und legte den Arm um Luca. »Komm, mein Freund«, sagte die Assassinin sanft. »Geh mit mir.«
Ein Bergwolf kam auf sie zugetrottet und stupste den Jungen leicht an. Ein zärtlicher Laut, wie ihn eine Mutter ihren Welpen gegenüber äußert, rollte aus seiner Kehle.
Luca berührte vorsichtig den Kopf, streichelte ihn zwischen den Ohren. »Okay«, sagte er brüchig und ging mit den beiden an den Rand der Menge.
Die ganze Aktion hatte keine zwei Minuten gedauert.
Jack hob das Messer auf.
»Danke«, sagte Rimmzahn, der reglos dagestanden und zugesehen hatte.
Der ehemalige Sky Marshal fuhr zu ihm herum. »Ich habe es nicht für dich getan!«, herrschte er den Schweizer an. »Sondern für den Jungen! Du bist es nicht wert, dass er dafür sein Leben ruiniert.«
Rimmzahn wich zurück, als habe er sich verbrannt. »Du weißt nicht, was du redest, Verblendeter ...«
Jack wandte sich wortlos von ihm ab und ging zu Luca und Hanin.
Der Emissär wandte sich an die Runde. »Ihr steht da mit den Waffen in Bereitschaft und seht tatenlos zu, wie ein Waffenloser angegriffen wird?«
»Ganz recht«, bestätigte einer der Stellvertreter Vedas. »Für dich rühren wir keinen Finger.«
»Aber ich bin ein Emissär!«
Die Zentaurin kam hufklappernd heran. »Und du lebst noch, richtig?«
»Ich komme in Frieden!«, wiederholte er. »Es geht darum, dass diese sinnlose Gewalt beendet werden muss. Ich will kein Blutvergießen! Der Verlust jedes einzelnen Lebens ist nicht hinnehmbar. Alle sollen daran teilhaben, eine neue Welt aufzubauen – eine Welt des Friedens!«
»Diese Idee hatte schon jemand vor dir«, kam es höhnisch zurück. »Du befindest dich bereits in einem Reich des Friedens.«
Josce nickte. »Bis dein Herr den Krieg hierher trug.«
»Das ist nicht wahr! Alberich war es, zusammen mit dem Fliegenden
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