Schattenlord 12 – Lied der sieben Winde
Raterunde »Was bin ich?«. »Welche Garantie habe ich denn, dass du die richtige Frage anerkennen wirst?«
»Oh, das ist magisch bestimmt«, erklärte er. »Mir bleibt dann gar nichts anderes übrig, als vollumfänglich zu antworten. Da diese Frage Teil meines Geheimnisses ist, kann ich sie weder leugnen noch ihr ausweichen. Du wirst es wissen, wenn es so weit ist. Falls du es innerhalb der zehn Fragen schaffen solltest, was ich stark bezweifle.«
»Wart's ab. Ich kann ganz gut tüfteln.«
»Schön, aber ich frage mich, welches Risiko du dabei trägst.«
Oh weh, jetzt kam es. Die Motivation, keinesfalls versagen zu dürfen. »Was verlangst du?«
»Solltest du versagen, wirst du meine Sklavin, und ich werde dir einen goldenen Armreif anlegen. Du wirst alles tun, was von dir verlangt wird – und das werden keine angenehmen Dinge sein. Das wird dein Zustand sein, bis ich mir deine Seele zu Gemüte führen will. Zuvor aber werde ich die Seelen deiner beiden Freunde austrinken und sie mir einverleiben.«
»Aber das tust du doch sowieso«, wandte Laura ein.
»Es ist ein zusätzlicher Genuss, wenn ich dein Einverständnis dazu habe, auch in Bezug auf deine Freunde. Du kennst dich in diesen Dingen nicht aus, doch es ist so viel besser, als wenn es unter reinem Zwang geschähe. Du ahnst ja nicht, was dann alles auf dich zukommt, weil du zugestimmt hast. Dein Martyrium kann Jahre dauern. Ach was. Es wird. Und du kannst dich wegen deiner Zustimmung nicht einfach davonschleichen, indem du stirbst und deiner Seele Vergessenheit auferlegst. Und mach dir keine Hoffnung wegen deiner ablaufenden Frist. Kramp ist ihr auch nicht unterworfen, obwohl er aus deiner Welt stammt.« Er lächelte grausam.
Laura schluckte.
Fokke war noch gar nicht am Ende. »Und zusätzlich, damit das Spiel nicht gleich zu Ende ist, werde ich dir, sobald deine Frage verloren ist, ebenfalls eine Frage stellen, die du beantworten musst.«
»Einverstanden«, sagte Laura.
Der Kapitän stutzte. »Kein Zögern? Kein Nachdenken? Kein Handeln? Kein Betteln?«
»Nein. Legen wir los.«
Da lachte er grölend.
11.
Die Prioritäten haben sich geändert
Das Schiff glitt sanft auf dem Wolkenmeer dahin. Aus den Wolken ergoss sich auf das Land darunter Regen, den es dringend benötigte. Alberichs Fortgang aus dieser Region schien sich positiv auszuwirken; selbst das Wetter wagte eine Rückkehr. Schlagartig war die Bevölkerung auf sich allein gestellt, nachdem Alberich mit seinem Heer unterwegs war, und durch Leonidas' Rückkehr nach Morgenröte mussten die Leute die Nachstellungen seiner Schergen nicht mehr befürchten. Das hatte sich umgehend herumgesprochen und war selbst bis zu dem fliegenden Schiff emporgedrungen.
Es war beinahe ein Gefühl von Freiheit, das die Bevölkerung befiel. Doch niemand wagte es, das zu laut zu sagen. Noch stand der Drachenthron in Morgenröte und war nicht verwaist, der Herrscher lediglich abgereist. Es gab also keinen Grund aufzuatmen. Aber einen guten Grund, den Moment der Ruhe zu genießen und zu nutzen, um ein wenig Aufbauarbeit zu leisten, soweit es möglich war. Sie mussten sich wie in der Menschenwelt durch Anbau ernähren, seit Alberich den Thron besetzt hatte; teilweise auch vorher schon, denn die Schöpferin konnte das tief verwundete Reich nur langsam und behutsam heilen.
Arun hatte ebenfalls nichts gegen die Wolken. Zum einen befanden sie sich samt Regen unter ihm, und er segelte im schönsten Sonnenschein, und zum Zweiten blieb seine Reise denen unten dadurch verborgen. Sicher, früher oder später würde die schöne Vogelkönigin gesichtet werden, und man durfte sich gern fragen, auf welchem verborgenen Kurs sie unterwegs war – aber bis dahin war Alberich schon so weit entfernt, dass er keinen Zusammenhang mit dem Dolch herstellen würde. Sollte er überhaupt davon erfahren, was eher unwahrscheinlich war. Abgesehen von Leonidas hatte er keine Späher im Land unterwegs, erst recht keine geflügelten. Die wurden nämlich alle von den Iolair vom Himmel geholt, allen voran durch Veda, die Amazone. Sie erschossen die Späher und kassierten die Reittiere.
Manchmal liefen die Späher auch über.
»Eine tolle Frau ist Veda, was?«, sagte der Korsar zu dem kleinen Schrazel, der neben ihm auf der hölzernen, schön geschnitzten Reling saß.
»Mhm. Das findet Finn auch.«
»Du meinst, die zwei haben was miteinander?«
»Zumindest hatten sie. Und sie sind befreundet. Das ist bei einer Amazone gar nicht so einfach,
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