Schattenlord 13 – Der Dolch des Asen
Augen!«
Felix zuckte zurück. Er musste sich verhört haben. Oder aber Angela war so verwirrt, dass sie ihn nicht wiedererkannte. Im Fiebertraum sagte man rasch etwas Falsches. Er musste Rücksicht auf ihre Befindlichkeiten nehmen.
»Wie geht's dir, Liebes?«, fragte er.
»Beschissen.« Sie wollte den Oberkörper anheben, kippte aber gleich wieder entkräftet zurück. »Wo sind wir? Was ist passiert? Wo ist Alberich?«
Der Name des Drachenelfen versetzte Felix einen Stich. Warum fragte sie ausgerechnet nach ihm, nach diesem bösartigen Wesen, das sie schamlos ausgenützt und für seine Zwecke missbraucht hatte? Wollte sie nicht wissen, wie es ihm ging?
»Du bist durch das Portal gestolpert. Erinnerst du dich? Du wolltest Alberich folgen. Laura schleuderte einen Dolch, du fingst ihn mit deinem Körper ab, ich ging dir hinterher. Und nun sind wir hier. Der Elf ist nirgendwo zu sehen. Voraussichtlich hat er einen anderen Weg genommen.«
»Wo ist dieses Hier?«
Es schien Angela nicht zu scheren, dass sie verletzt war. Sie nahm es als gegeben hin, dass der Dolch Girne in ihrer Seite steckte.
»Ich weiß es noch nicht. Ich habe mich bis jetzt um dich gekümmert. Es war mir ziemlich einerlei, wo wir angekommen sind. Wie geht es dir? Wie fühlst du dich ...?«
Angela stemmte sich hoch. Es war ihr anzusehen, dass sie alle Kräfte dafür aufwenden musste. Es war ein außergewöhnlicher Willensakt, der sie auf die Beine kommen ließ und machte, dass sie stehen blieb. Sie drehte sich im Kreis, sah sich um. »Hier war ich noch nicht«, sagte sie enttäuscht.
»Du solltest dich niedersetzen, Schatz. Du ...«
»Nenn mich niemals mehr wieder Schatz!«, fuhr sie ihn an und bedachte ihn mit einem durchdringenden, bösen Blick. »Und sag mir nicht, was ich zu tun und zu lassen habe!«
»Natürlich, du hast recht, das steht mir nicht zu. Aber du musst dich schwach fühlen. Die Wunde ...«
»Was schwafelst du dauernd von einer Wunde? Ich bin von der Reise durchs Portal ein wenig schwach, aber das wird schon wieder.« Sie bewegte ihre Arme. Mit der Rechten streifte sie über den Dolch, stieß einen Schmerzensschrei aus, torkelte.
Felix war zur Stelle und fing sie auf. Für einen Augenblick blieb sie an ihm lehnen. Ein Gefühl der Wärme durchschwappte ihn. Wie schön es doch war, Angela zu fühlen!
»Das Ding da – was hat das zu bedeuten?«, fragte sie. »Warum steckt es in mir?«
»Ich sagte dir doch: Laura hat einen Dolch in Alberichs Richtung geschleudert, du hast ihn abgefangen. Die Wunde ist tief, aber offenbar nicht lebensgefährdend. Ich wollte dir die Klinge rausziehen, aber es ging nicht.«
Angela schob seine Arme unwirsch beiseite und stand nun wieder auf eigenen Beinen. Mit seltsam anmutender Ruhe betrachtete sie die Waffe. »Ich kann ihn fühlen. Er ist da, und er möchte mir etwas zuflüstern. Ich verstehe ihn nicht. Aber er erhält mich am Leben. Er bringt den Tod, und er schenkt das Leben. Seltsam ...« Sie sagte es, als handle es sich nicht um ihre Existenz, sondern um die einer Laborratte. Und sie nahm hin, dass der Dolch fest mit ihr verwachsen war.
»Bring mir was zu trinken!«, befahl sie ihm. »Steh hier nicht so lahmarschig herum, mach schon!«
Felix nickte eifrig und machte sich auf den Weg, hin zum Bach. Er freute sich. Angela erholte sich zusehends. Mit jedem Atemzug, den sie tat, kehrte das Leben in sie zurück. Es würde alles wieder gut werden. Gemeinsam würden sie alle Unbilden in diesem schrecklichen Land meistern und es schaffen, nach Hause zurückzukehren. Das Problem mit dem Dolch würde sich lösen lassen. Wofür gab es Ärzte?
Sie trank, was er ihr anbot, und ließ ihn dann noch zweimal zum Bach laufen, bevor sie ihm zu verstehen gab, dass ihr Durst nun gelöscht war.
»Ich kenne das«, sagte Angela nach einer Weile und deutete auf die Wand, in deren Schatten sie aus dem Portal gestürzt waren.
Felix blickte das Mauerwerk das erste Mal bewusst an. Es war so hoch, dass er den Kopf weit in den Nacken legen musste. Links und rechts zog es sich übers Land, ein Ende war nicht erkennen. Die Ausmaße entzogen sich seiner Vorstellungskraft. Er kannte die Chinesische Mauer von Bildern, doch dieses Ding wirkte weitaus massiver – und bedrohlicher.
Vorsichtig trat er näher, fasziniert und abgeschreckt zugleich. Ein seltsames Gefühl breitete sich in ihm aus. Es wurde stärker, je mehr er sich auf das Gebilde vor ihm konzentrierte.
»Komm zurück!«, forderte Angela. »Es ist
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