Schattenlord 13 – Der Dolch des Asen
hast du vor?«, traute er sich endlich zu fragen.
»Das geht dich nichts an!«
»Vielleicht kann ich dir helfen?«
» Du möchtest mir helfen?« Angela lachte. »Du kannst ja nicht einmal für dich selbst sorgen!«
Er nahm die Demütigung hin wie alle anderen, die er während der letzten Stunden zu hören bekommen hatte. Angela befand sich nun mal in einer Ausnahmesituation. Er durfte nicht jedes ihrer Worte auf die Waagschale legen.
Sie keuchte und zuckte zusammen. Felix eilte augenblicklich an ihre Seite. Sie wollte sich seinem Griff entziehen, war aber zu schwach dazu. Er fing sie auf und legte sie sanft auf den Boden, nicht, ohne zuvor seine Jacke unter ihr ausgebreitet zu haben.
Angela wollte etwas sagen, doch kein Wort drang über ihre Lippen. Es war der Dolch, ganz sicher, dieses verfluchte Ding!
Vorsichtig legte er die Wunde frei und begutachtete sie. Rote Flecken zeigten sich rings um die Eintrittsstelle, und eine Unzahl winziger Blutkristalle kullerte über ihre Seite zu Boden.
»Das sieht entzündet aus«, sagte er leise. »Ein Arzt muss sich darum kümmern.«
Ein Arzt? Was für ein lächerlicher Gedanke! Innistìr kannte bloß Quacksalber oder Feldschere, die ihr Handwerk mehr schlecht als recht beherrschten. Und dann gab es natürlich jede Menge magiebegabter Elfen, die mithilfe ihrer Kräfte Wunder wirken konnten. Doch nicht hier im Land der Gog/Magog. In einem Bereich, in dem Mord und Totschlag ein legitimes Mittel auf der Nahrungssuche waren.
Mit seinem Messer entfernte Felix so sorgfältig wie möglich die Blutkristalle. Er hatte Angst, sie zu berühren. Sie wirkten so, als entwickelten sie ein Eigenleben. Als würden sie sich auf ihn stürzen und ihn von innen her auffressen, wie es die Bestandteile des Sprühnebels getan hatten.
»Geht ... wieder«, ächzte Angela. »Hilf mir hoch.«
Sie war viel zu schwach! Warum blieb sie nicht liegen und wartete eine Weile, bis sie sich erholt hatte? Doch er widersprach nicht. Ein jedes Widerwort brachte ihn in Gefahr. Angela befand sich in einer geistigen Verfassung, die das Schlimmste für ihr Umfeld erwarten ließ – und das Umfeld bestand nun mal ausschließlich aus ihm.
Also zog er sie vorsichtig hoch, zurrte den behelfsmäßigen Verband fest und stützte sie, sodass sie weiterhumpeln konnte. Die leichte Steigung hinauf, hin zu etwas, das aus der Ferne wie eine Kathedrale mit zwei in sich zusammengestürzten Seitenschiffen gewirkt hatte.
»... muss dorthin!«, sagte Angela leise. »... ist wichtig. Ich kann's spüren.«
Auch Felix fühlte eine Art Anziehungskraft, die von der Felsformation ausging. Doch sie machte ihm Angst. Sie strahlte etwas ab, was sich abgrundtief böse anfühlte.
Je näher sie kamen, desto leichtfüßiger wurde Angela. Sie stieß seine Arme beiseite und schritt kräftig aus, und als sie das seltsame Gebilde erreichten, wirkte sie so frisch wie ein Jugendlicher.
»Das tut gut«, seufzte sie und tastete gierig über den Stein. »Es fühlt sich an wie ... wie ...«
Sie stöhnte. Rieb ihren Körper am Gestein, auf eine Weise, die Felix als höchst anstößig empfand. Derlei Töne gab Angela nur dann von sich, wenn sie im Bett lagen und Sex hatten.
Was sollte er tun? Er verstand nicht, was hier vor sich ging. Was machte diese seltsame Ausstrahlung, die vom Fels ausging, mit seiner Frau? War es dieselbe Wirkung, die auch Alberich auf sie ausübte? Gab es etwas im Land Innistìr, dessen Wirkung sie sich nicht entziehen konnte?
Er zog sich schrittweise zurück, so schwer es ihm fiel. Zudem fühlte er den Drang, sich dem Mauerwerk weiter zu nähern; doch er widerstand problemlos.
Es dauerte einige Minuten, bis Angela zu sich kam und sich schrittweise vom Fels entfernte. Seine Frau sagte kein Wort über das, was eben geschehen war. Doch sie wirkte nun wieder kräftig und auch geistig agil. Der Stein übte eine heilende und kräftigende Wirkung auf sie aus!
»Wir gehen da hinein«, sagte sie zu ihm.
»Gern.« Sie hatte wir gesagt! Sie wollte, dass er ihr half! Ihr Verstand klärte sich also. Sie erinnerte sich dessen, was sie noch vor wenigen Wochen aneinander gebunden hatte. Gemeinsam umrundeten sie die Ansammlung von Felsen. Was auf den ersten Blick wie eine in sich zusammengebrochene Kathedrale gewirkt hatte, entpuppte sich nun als zufällige Ansammlung von Wind und Witterungen geformter Felsen.
»Da gibt es kein Durchkommen«, behauptete er, nachdem sie an den Ausgangsort ihrer Wanderung zurückgekehrt waren. »Ich
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