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Schattenlord 2 - Stadt der goldenen Türme

Titel: Schattenlord 2 - Stadt der goldenen Türme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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seine Umgebung. Er murmelte vor sich hin, freute sich wie ein kleines Kind über winzige Mulden, die man mit viel guten Willen als die Reste halb verwehter Fußabdrücke deuten konnte, und ärgerte sich über den stetig stärker werdenden Wind. Dicke, fette Fliegen stellten ein weiteres, lästiges Hindernis dar. Das Fleisch der toten Würmer musste sie angezogen haben.
    Nach einer Weile erreichten sie den Rand der Senke, in deren Zentrum Sugda lag. Vor ihnen fiel das Land leicht, aber stetig ab. Der Untergrund wechselte von felsiger zu sandiger Konsistenz - und die Spur Najids verlor sich.
    »Und jetzt?«, fragte Laura.
    »Unser Freund hat die Direttissima gewählt«, behauptete Milt im Brustton der Überzeugung. »Die Route, die ohne Umwege zum Berghügel führt, wie die Italiener sagen. Siehst du die karstigen Strukturen am Horizont?«
    Sie kniff die Augen zusammen und versuchte zu erkennen, was ihr Begleiter meinte. Milt musste außergewöhnlich scharfe Augen besitzen.
    »Sie müssen Najids nächstes Ziel sein.« Er stemmte sich gegen den immer stärker blasenden Wind. »Es gibt keine anderen Geländeauffälligkeiten, anhand derer er sich orientieren könnte.«
    Laura erwiderte nichts. Sie vertraute auf den Instinkt des Manns. Er strahlte so viel Selbstsicherheit, so viel Ruhe aus ... »Wir sollten zurückkehren«, sagte sie nach einer Weile. »Jack und Andreas machen sich sicherlich schon Sorgen um uns.«
    »Du hast recht.« Er spuckte Schleim aus und sagte: »Ich hätte übrigens eine Idee, wie wir rascher vorankommen könnten.«
    »Und zwar?«
    »Lass dich überraschen.« Milt drehte sich um und trat fröhlich pfeifend den Rückweg an.

6
     
    Fütterung
     
    D ie Tiere bedeckten die Gitterwände im Inneren und bevorzugten dabei die Nähe zum Weißen Fenster. Nur ganz allmählich kamen Molehibbons kleine Freunde zur Ruhe und schüttelten die Unruhe ihrer langen Reise ab.
    Er zog die kunstvoll gegerbten Tierhäute von seinen Wangen. Er hatte sie aufgeklebt, gefärbt und gepudert wie immer, sodass kein Bewohner der Stadt die Zerstörungen in seinem Gesicht wahrnehmen konnte. Der Lösevorgang schmerzte, und er ließ sich lediglich durch einige massive Betäubungszauber in einem erträglichen Rahmen halten.
    Die Fleisch-Mamsellen tobten. Gierig streckten sie ihre überlangen Krallen nach ihrer bevorzugten Nahrung aus - und konnten die Schutzmagie des Turms nicht durchdringen.
    Noch nicht.
    Das Alter zehrte an ihm. Die Raubvögel - sie waren so viele geworden, und mit jedem neuen Nistpaar, das sich im Inneren des Turmbaums einquartierte, fühlte sich Molehibbon schwächer. Sie belagerten ihn. Sie warteten auf diesen einen Augenblick der Unaufmerksamkeit, um ins Innere des fünfeckigen Turms vorzudringen und seine wertvollen Lieblinge aufzufressen.
    »Ist schon gut, meine Schätzchen«, sagte Molehibbon. »Sie werden euch nichts tun. Beruhigt euch.« Zumindest glaubte er, diese Worte auszusprechen. Seit mehr als fünfzig Jahren konnte er seine eigene Stimme nicht mehr hören.
    Sie beruhigten sich. Ihr nur schwach ausgeprägtes Schwarmbewusstsein verstärkte sich angesichts der beruhigenden Farben und all der mystischen Elemente, die er über viele Jahrtausende hinweg im Turm installiert, verbessert und optimiert hatte.
    Molehibbon nahm zwei der unendlich wertvollen Süßraspeln aus dem luftdicht verschlossenen Futterglas und legte sie in seine Wangenlöcher, direkt auf die Kieferknochen, ganz weit hinten im Rachen. Augenblicklich kam Unruhe in die Tierchen. Sie rochen die leckere Nahrung, und sie begannen jenes kleine Spielchen, das es bloß den Stärksten erlauben würde, sich die Leckerbissen zu holen.
    Sie umtanzten einander, kommunizierten miteinander. Jede der Fliegen erfuhr, was die andere im Laufe der letzten Tage erlebt hatte. Sie bildeten ein Knäuel, eine Kugel, ein Geflecht, so komplex, dass selbst ihm, der sich schon so lange mit diesen höchst intelligenten Tieren beschäftigt hatte, nicht klar war, was genau vor sich ging.
    Das Gefiepe und Gepiepse der Fleisch-Mamsellen erreichte einen vorläufigen Höhepunkt. Mit ihren hornigen, spitzen Schnäbeln pickten sie gegen die magische Abschirmung und setzten alles daran, sie zu durchdringen. Zu dieser leckeren Nahrung vorzudringen.
    Der Tanz der Fliegen dauerte mehrere Stunden. Nach und nach lösten sich von den Rändern des Konvoluts die schwachen Tierchen und fielen entkräftet zu Boden, um dort mit den Sägescharten zu verkleben. Er würde die harzige

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