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Schattenlord 2 - Stadt der goldenen Türme

Titel: Schattenlord 2 - Stadt der goldenen Türme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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Masse morgen entfernen und neu ausstreuen müssen. Andernfalls riskierte er, von unzähligen Krankheitsträgern, die sich in feinstem Staub hielten, bedroht zu werden.
    Es wurden weniger und weniger Fliegen. Aus dem Knäuel wurde eine Kugel und aus der Kugel ein murmelgroßes Objekt. Erst jetzt ließen die Überlebenden voneinander ab. Zehn oder zwölf Exemplare waren es - und in der Mitte schwebte die Fliegenkönigin. Jenes besonders kräftige Exemplar, das eben erst zur Stammmutter einer neuen Generation gereift war. In einem Vorgang, den Molehibbon als das größte aller Wunder im Umgang mit diesen faszinierenden Tierchen sah.
    »Kommt zu mir, meine Kleinen!«, singsangte der alternde Magier. »Holt euch, was euch zusteht.«
    Sie folgten dem Klang seiner Stimme. Umtanzten ihn, näherten sich seinen zerfressenen Wangen, setzten sich auf die ausgefransten und verschorften Fleischreste, krochen langsam und zögerlich ins Innere seines Mundraums.
    Molehibbon bemühte sich tunlichst, flach zu atmen. Er erzeugte jenen Brummton, den die Fliegen so sehr mochten. Der sie beruhigte und andererseits aufgeilte.
    Sie krochen übers Zahnfleisch, hin zu den beiden Süßraspeln. Sechs auf der einen, sieben auf der anderen Seite seines Gebisses. Molehibbon konnte das Gewicht der Fliegenkönigin deutlich von dem der männlichen Exemplare unterscheiden. Sie schickte ein Mitglied ihres winzigen Hofstaates vor, um den Weg hin zu dieser ganz besonderen Speise auszuloten. Es näherte sich der Süßraspel - und gab durch aufgeregte Flügelschläge zu verstehen, dass sie nachkommen sollte.
    Der Magier fühlte Genugtuung. Wieder einmal funktionierte alles wie gewünscht. Ein neuer Lebenszyklus würde beginnen, der alte enden, hier und jetzt. Und er würde die Belohnung für seine ausgezeichnete Arbeit empfangen.
    Die Fliegen scharten sich um die Süßraspeln. Ungeduldig, gierig. Molehibbon drückte die Kiefer ein wenig fester aufeinander, sodass sie nicht an diese Götterspeise herangelangen konnten.
    »Erzählt, meine kleinen Freunde, erzählt«, sagte er. »Sagt, was ihr gesehen und beobachtet und gerochen habt.«
    Die Fliegenkönigin verstand ihn. Sie wusste um seine Bedürfnisse, um seine Gier nach Wissen. Molehibbons Beweggründe waren ihrem Volk eingeimpft. Sie wussten, was sie zu tun hatten, um an die Süßraspeln heranzukommen und das Recht zur Fortpflanzung zu erlangen.
    Sie taten, was unzählige Generationen zuvor getan hatten. Sie berührten ihn. Kitzelten ihn mit den Flügeln, streichelten seine Geschmacksnerven - und begannen jene für einen Außenstehenden unverständliche Wissensweitergabe. Sie begannen, mit Molehibbon zu sprechen.

7
     
    Sklavenschiksal
     
    D ie Türme der Stadt wuchsen immer höher vor ihnen an; dennoch machte es nicht den Anschein, dass sie ihr Ziel in absehbarer Zeit erreichen würden.
    Magische Fessel ... Hätte es noch eines Beweises bedurft, in was für eine bizarre Notlage Finn und seine Begleiter geraten waren, so erhielt er ihn nun. Die Tattoo-Fäden regulierten seinen Schritt. Sie trieben ihn voran, sobald er zu langsam wurde, und sie führten dazu, dass er sich danach sehnte, Cronim dem Hübschen unter allen Umständen zu Diensten zu sein.
    Finn wunderte sich nicht über sich selbst. Er war Ire mit Leib und Seele, auch im einundzwanzigsten Jahrhundert. Und die Seele sagte ihm, dass die Erzählungen aus der reichhaltigen Sagen- und Götterwelt seiner Heimat einen durchaus reellen Hintergrund hatten. Das Kleine Volk und deren bekannteste Vertreter, die geldgierigen Leprechauns, die Riesen des Fomoraig, die einander in ewigem Zwist zugetanen Túatha und Firbolg, die Kriegskönigin und Freiheitskämpferin Maeve, der wagemutige Halbgott Cú Chulainn - Finn war mit Geschichten aufgewachsen, die diese Gestalten zum Inhalt hatten.
    Es fiel ihm leicht, an Zwerge und Riesen und an Völker zu glauben, die unter Tage lebten; warum also nicht auch an magische Fesseln und an Wesen, die ihre Gesichtstattoos als Waffen verwendeten?
    Finn folgte der Staubspur, die das Reittier von Cronim dem Hübschen hinterließ. Karen besaß das Privileg, hinter seinem Rücken zu sitzen. Auch sie war mit magischen Fäden an ihren neuen Besitzer gebunden. Sie konnte sich kaum bewegen, und der Widerwille war ihr deutlich ins Gesicht geschrieben.
    »Bleibt ja auf den Beinen!«, rief Finn Anais und Frans zu, die Schwierigkeiten hatten, das Tempo zu halten. »Diese Kerle nehmen ihre Drohungen gewiss ernst. Sie wollen ein Geschäft

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