Schattenlord 2 - Stadt der goldenen Türme
Körnung oder gar ein Reibeisen?«
»Verdammt noch mal! Ich möchte mit dir über etwas sprechen, was ich gestern beobachtet habe! Etwas Sonderbares!«
Zoe blickte sie stirnrunzelnd an. So als wollte sie fragen: Noch sonderbarer als das, was wir während der letzten Tage erlebt haben? Sie zuckte mit den Schultern. »Also schön. Was hast du gesehen?«
Laura holte tief Luft, bevor sie zu reden anfing. Zögernd erzählte sie vom Nebel, der während der Nachtstunden alle Menschen in einen tiefen Schlaf versetzt hatte; mit Ausnahme der fünf Maskenträger und von ihr. Von dem Gefühl, plötzlich in eine andere Realität zu schlüpfen. Von dem Gespräch der unheimlichen Wesen, das sie belauscht hatte. Von deren Wissen, das sie tunlichst vor den Menschen verbargen ...
»Lächerlich!«, unterbrach Zoe sie, leise keuchend. Die Hitze ließ keine besonderen körperlichen Anstrengungen zu und schon gar nicht einen Lauf über längere Strecken durch tiefen Wüstensand. Zoe blieb stehen und streckte ihren schweißnassen Körper durch. »Du hattest einen seltsamen Traum; das ist alles.«
»Das soll alles sein?! Ich habe am nächsten Morgen meine Spuren im Sand gesehen ...«
»Und etwa auch die der fünf Maskenträger?«
»Ich sagte doch, dass ich den Eindruck hatte, sie würden den Boden nicht berühren!«
»Ach so. Aha.« Zoe schüttelte den Kopf. »Und was erwartest du nun von mir? Sollen wir beide uns als Detektivinnen betätigen und gemeinsam herausfinden, wer von unseren über zwanzig Begleitern in der Lage ist, in der Nacht über dem Boden zu schweben? Und wer von ihnen eine Maske bei sich trägt? Ich vergaß! Gesichtsmasken sind nicht sonderlich handlich, man kann sie nur schwer verstecken. Wir brauchen also bloß die Habseligkeiten aller Gestrandeten zu durchsuchen. Oder beherrschen deine fünf Schwebekünstler etwa einen weiteren Zauber, mit dessen Hilfe sie ihre Tarnungen erscheinen und wieder verschwinden lassen können?«
»Sie tragen die Masken bei sich. Ich habe gesehen, wie sie die Dinger mithilfe eines Pulvers in Form gegossen haben ...«
»Natürlich haben sie das!« Zoe winkte ärgerlich ab. »Hör dir doch selbst beim Reden zu, Laura! Das ist hanebüchener Unsinn! Unsere Fantasie ist überhitzt von all den neuen Eindrücken hier.«
»Du akzeptierst also, dass wir, ohne zu wissen, warum, im Nirgendwo stranden und von armlangen Würmern angeknabbert werden, aber du möchtest nicht daran glauben, dass wir fremdartige Wesen unter uns haben, die sich hinter Masken verbergen und uns ausnutzen? Die womöglich dafür sorgten, dass das Flugzeug abstürzte? Die schuld an unserem Unglück sind?«
Zoe wischte sich erneut Schweiß von den Armen und sah an Laura vorbei. »Wir sitzen mächtig in der Scheiße, und es wird Zeit, dass wir uns endlich frei strampeln. Innistìr hat ganz offensichtlich seine eigenen Gesetzmäßigkeiten, und ich tu mich schwer, sie anzuerkennen. Aber du wirst mich nicht davon überzeugen können, dass wir zu allem Überdruss auch noch in eine Agentenklamotte mit übersinnlichen Wesen geraten sind - huh! Huh!« Zoe fuchtelte wie wild mit den Armen. »... die wie Gespenster dahinschweben und uns als Schutzschilde verwenden. Und dann dieser Name des Oberbösewichts: Schattenlord! Warum nicht gleich Blomberg oder Sauron oder Beelzebub?«
»Du bist unmöglich!« Laura wandte sich ab und fiel wieder in leichten Trab. »Und ich dachte, ich könnte ernsthaft mit dir reden.«
»Kannst du auch.« Zoe schloss zu ihr auf und lief nebenher, leichtfüßig wie eine Gazelle, so als hätte sie ihr Lebtag nichts anderes getan. »Vertrau darauf, dass ich dir ehrlich ins Gesicht sage, sobald du Unsinn redest. So wie jetzt zum Beispiel.«
Zoe beschleunigte ein wenig und jagte den anderen Mitgliedern der kleinen Gruppe hinterher, die wiederum dem Sandsegler folgten. Laura versuchte, an ihr dranzubleiben, sah aber nach einer Weile ein, dass sie nur verlieren konnte. Sie musste sich ihre Kräfte anders einteilen als ihre Freundin.
Freundin?
Vielleicht fand sie einen anderen Begriff für Zoe. Schlampe zum Beispiel. Oder fieses Miststück.
Sie hielt sich ein wenig abseits der Gruppe. Laura benötigte den Abstand. Sie war ohnehin als Außenseiterin gebrandmarkt. Zumindest fühlte sie sich so. Machte es denn noch einen Unterschied, ob sie dem Sandsegler in dessen Spur folgte oder parallel dazu für eine Weile ihrer eigenen Wege ging?
Der Wind ließ nach, und ihr Gefährt verlor an Geschwindigkeit. Das Tempo
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