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Schattenlord 2 - Stadt der goldenen Türme

Titel: Schattenlord 2 - Stadt der goldenen Türme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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zum Kinn reichte. Seine Wut klang ebenso rasch ab, wie sein jämmerliches Gehabe zurückkehrte. »Hilf mir!«, flehte er. »Bitte!«
    »Ich habe noch immer nicht gehört, was ich hören wollte.«
    Laura war noch nie gut im Bluffen gewesen. Doch Najid, der mit der menschlichen Physiognomie nicht vertraut war, vermochte sie nicht zu durchschauen. Eine Fliege setzte sich auf seinem rechten Ohr fest. Sie summte und brummte, und mit jedem Ton wurde der Jüngling unruhiger. So als befürchtete er, dass dieses winzige Zusatzgewicht ihn noch ein Stückchen tiefer drücken würde.
    »Also schön!«, sagte er mit sich überschlagender Stimme. »Ich bin Najid, Sohn des bekanntesten Sklavenhändlers der Amethyst-Wüste; aber ich habe niemals die Härten des Lebens in sengender Hitze und weit weg von den sicheren Mauern der Stadt der goldenen Türme erleben müssen. Ich bin in einem Palast aufgewachsen. In einer Festung. Umringt von dienstbaren Geistern und Helfern. Ich lebte in Luxus und in Zufriedenheit, bis mich mein Vater aufforderte, ihn auf einem seiner Beutezüge zu begleiten. Um das Blut in Wallung zu bringen und die Schönheiten der Jagd kennenzulernen. Um mich im Kampf zu bewähren. Um zu spüren, welches Erbe in mir ruht und wie sehr der Ruf der Ahnen in mir nachklingt ...«
    »Davon war bislang noch nicht allzu viel zu bemerken«, spöttelte Laura. »Du hast dich von uns einfangen lassen wie ein junges Fohlen. Und nun, ganz allein auf dich gestellt, hast du deine Ungeschicklichkeit einmal mehr unter Beweis gestellt. Dein Vater wäre nicht sonderlich begeistert von dir ...«
    »Hüte deine Zunge, Menschenweib!«, fuhr sie Najid mit gepresster Stimme an. »Auch wenn ich in paradiesischen Zuständen aufgewachsen bin, habe ich doch gelernt, mit der Klinge umzugehen. Lass mich frei, augenblicklich, und ich verdresche dich, dass dir Hören und gehen vergeht, Weibsbild!«
    »Das sind nicht unbedingt jene Worte, die eine Lady aus meiner Welt hören möchte.« Laura lächelte grimmig. »Du wirst dich augenblicklich bei mir für deine Wortwahl entschuldigen und dann ein Versprechen auf deine Ehre ablegen, dass du keinen weiteren Fluchtversuch unternimmst, sobald ich dich aus diesem Loch befreit habe.«
    »Ich ... entschuldige mich«, krächzte Najid und spuckte Sand aus, »und ich schwöre beim Schatten meines Vaters, dass ich dir gehorchen werde.«
    Sein Gesicht verriet, wie es wirklich in ihm aussah. Es war von Unwillen und Hass verzerrt, und seine Züge hatten kaum etwas von jenem menschenähnlichen Wesen, als das Laura den jungen Mann kennengelernt hatte.
    Die Tätowierung war ... angeschwollen. Striche und Muster und Farben krochen umher. So als versuchten sie sich von der Haut zu lösen, mit der sie verbunden waren. Die Kiefer standen weit vor, viel zu weit, die Nase kräuselte sich wie die eines Wolfs, der in die Enge getrieben worden war. Und überall zeigten sich Stacheln. Millimeterlange Auswüchse, die so rasch wieder verschwanden, wie sie aufgetaucht waren.
    Nein - Najid war etwas ganz anderes, als er vorgaukelte.
    Laura verdrängte ihre Ängste vor dem Unbekannten. Sie vertraute den Worten des Jungen, trotz allem. Er würde den eben geleisteten Schwur niemals brechen. Seine Ehre war ihm heilig, so hatte sie ihn kennengelernt.
    »Dann mach nun die Augen zu oder sieh zumindest beiseite.«
    »Warum? Was hast du vor?«
    »Tu, was ich dir sage!« Laura wartete, bis Najid gehorchte. Dann knöpfte sie ihr Hemd, das sie aus dem Wrack mitgenommen hatte, auf und zog es sich ebenso vom Leib wie die zerlumpten Shorts. Sie knotete Ärmel an Hosenbein, überprüfte die Reißfestigkeit und warf dem vorgeblichen Sklavenhändler das eine Ende der provisorischen Hilfsleine zu. Es landete unmittelbar neben Najids Rechter.
    »Halt dich fest!«, befahl sie ihm. »Und denk dran: ja nicht herschauen!«
    Najid gehorchte. Er griff mit beiden Händen zu, vorsichtig - und konnte dennoch nicht verhindern, dass er weitere Zentimeter in die Tiefe rutschte. Er steckte nun bis zu den Ohren fest und musste den Kopf weit in den Nacken strecken, um frei atmen zu können.
    Laura zupfte einmal vorsichtig am Ärmel. Er hielt. Sie spürte ausreichend Widerstand.
    Langsam zog sie an. Eine jede zu plötzliche Bewegung würde Najid tiefer sinken lassen und ihn einem sicheren Tod überantworten. Sie hatte lange, viel zu lange zugewartet und mit dem Leben des jungen Manns gespielt.
    Millimeter für Millimeter löste er sich aus der Sandfalle. Laura schwitzte

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