Schattenlord 5 - Sturm über Morgenröte
...« Er schüttelte den Kopf.
Also schön. Er musste also selbst öffnen. Die beiden Wachen hatten sich aufgerappelt und wieder Posten bezogen, allerdings auf fünf Meter Abstand zur Tür. Sie hielten die Hellebarden hoch, standen breitbeinig da und würdigten ihren Herrscher keines Blickes mehr. Das besagte: Lass uns bloß in Ruhe, wir können da nichts mehr machen. Wir halten Wache, das ist unsere Aufgabe, basta!
»Darüber werden wir uns noch unterhalten«, sagte Alberich laut. »Wenn wieder Ruhe eingekehrt ist.«
Momentan sah es nicht danach aus, als ob das bald der Fall wäre. Der Kampflärm im Palast schallte bis hierher. Das bereitete Alberich an sich kein Kopfzerbrechen, er war noch lange nicht am Ende angelangt. Es nervte ihn nur gewaltig, und an den Wiederaufbau wollte er erst gar nicht denken.
Er ging an den Posten vorbei, dann hielt er kurz inne. »Ist jemand während meiner Abwesenheit hineingegangen?«
»Nein, Herr.«
»Herausgekommen?«
»Nein, Herr.«
»Hat sich die Tür wie von Zauberhand bewegt?«
»Nein, Herr.«
»Sonst irgendetwas?«
»Nichts, Herr.«
Er gab es auf. Diese beiden Tröpfe, die anscheinend nur schwelendes Torffeuer im Kopf hatten, würden nach Rückkehr der Ordnung zum Latrinendienst eingesetzt werden und noch für verschiedene andere Erledigungen. Da fiel ihm gewiss eine Menge ein oder dem Küchenchef, dem Stallmeister, den Dienern ...
Als er die Hand nach dem Griff ausstreckte, konnte er es spüren. Ein Abwehrzauber von erheblicher Qualität, kein einfacher Hokuspokus.
Grimmig presste Alberich die Lippen zusammen. Die Iolair waren doch noch gar nicht bis hierher vorgedrungen. Laura verfügte nicht über magische Kräfte, außerdem stand sie unter Schock. Als er sie verlassen hatte, waren ihre Augen leer gewesen, und sie hatte apathisch dagesessen. Nichts, was man nicht wieder in Ordnung bringen konnte, aber momentan war sie zu nichts in der Lage. Aus diesem Grund musste er sie ja in Sicherheit bringen.
Wer also konnte einen solchen Angriff wagen? Und warum gerade jetzt? Was hatte er mit Laura gemacht, warum sperrte er sich mit ihr im Thronsaal ein?
»Der Thronsaal«, stieß Alberich zähneknirschend hervor, »gehört mir! Da drin steht mein Thron, der nach meinen Vorgaben angefertigt wurde. Ich lasse mich nicht aus meiner eigenen Halle werfen!«
Die letzten Worte brüllte er. Und die Zeit drängte! Er hörte Vedas Stimme, er hörte das Wiehern ihres grässlichen Pferdes. Die Gesetzlosen verteilten sich schon überall im Palast. Alberich durfte sich jetzt nicht von solchen Widrigkeiten aufhalten lassen, er hatte sein Heim zu verteidigen!
Der Zauber war sehr stark, aber das war der Drachenelf auch. Und er hatte einen hervorragenden Lehrmeister gehabt: Loki. Das einzige Wesen, das Alberich jemals geliebt hatte. Sigurd - nun ja, durchaus, er hatte ihn gern gehabt, als ein Wesen, das er geglaubt hatte, formen zu können, doch Loki hatte ihm weitaus mehr bedeutet. Nie hatte jemand von ihrem innigen und intimen Verhältnis erfahren.
Loki hatte Alberich beschützt. »Du bist ein größerer Intrigant als ich«, hatte er gesagt. »Das muss ich fördern.« Alberich war in seiner Gunst glücklich gewesen, so sehr wie nie wieder in seinem Leben.
Dennoch hatte er zugesehen, als Odin und dessen göttliche Helfer seinen Lehrmeister und Geliebten gebannt und gebunden und zu einer schrecklichen Folter die Unsterblichkeit hindurch verurteilt hatten, und er hatte nichts dagegen unternommen. Zu keinem Zeitpunkt. Das war eben seine Drachennatur in Verbindung mit seinem Zwergenblut; eine fatale Mischung. Seine ganze Familie war um keinen Deut besser gewesen; Alberich war noch der am besten geratene Spross gewesen, und deswegen hatte er sie alle überlebt. Geliebt hatte sicher keiner von denen, aber daraus machte Alberich sich inzwischen auch nichts mehr. Loki war ohnehin tot und für immer.
Liebe wurde schlichtweg überbewertet, und am Ende blieb doch nur Hass, der beständig war und geradlinig und immer treu. Diese Lektion würden Laura und Milt auch noch erfahren, wenn er erst mit ihnen fertig war. Felix war bereits dabei, zu lernen.
Alberich blähte die Nasenflügel, die sich zu Nüstern weiteten, aus denen Flammen schlugen. Seine Augen wurden größer und noch unmenschlicher, und die Drachentätowierung am Hals trat deutlich hervor; sein Schatten verschmolz mit ihm, sodass er größer und ... schuppiger wirkte.
Ohne dass er es bemerkte, suchten die beiden Wachen weiteren
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