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Schattenlord 5 - Sturm über Morgenröte

Schattenlord 5 - Sturm über Morgenröte

Titel: Schattenlord 5 - Sturm über Morgenröte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Schwartz
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das tote Ding liegen. Sie wollte nichts mitnehmen, was nicht-lebte. Sie wanderte weiter.
    Da sah sie einen Hügel vor sich. Einen Hügel, der viel höher war als alle anderen. Sie hatte noch nie so einen gesehen. Die Ohnenamenfrau stieg hinauf, denn vielleicht gab es von oben eine gute Aussicht.
    Als sie oben angekommen war, blieb sie staunend stehen. Sie sah einen Horizont, der viel größer und weiter war als ihrer. Sie sah auf der anderen Seite ein tief liegendes, großes Land, ähnlich dem ihren und doch ganz anders. Weit unten in der Tiefe und in ziemlicher Entfernung türmten sich gewaltige Felsen auf von besonderer Form. Da gab es hohe Türme und große Klötze und viele kleine Schichtungen davor.
    Aber das war gar nicht das wirklich Erstaunliche. Das kam jetzt. Schattenrisse, und zwar viele, viele. Sie hatten Flügel. Sie konnten fliegen. Und diese Formen, die sie hatten! Bestimmt hatten sie Namen. Es musste so sein. So vielfältig, wie sie waren, mit vier Beinen und zwei und Mäulern und Schnäbeln und Klauen und Reißzähnen und ... Flügeln. Vor allem diese. Sie hatten sicher Namen, aber die Ohnenamenfrau kannte sie nicht. Doch sie hatte noch nie etwas so Schönes gesehen. So viele, und sie schienen ungeordnet, doch zusammen betrachtet ergab alles ein Muster und einen Sinn. Sie flogen von den Türmen auf und strebten gen Himmel. Dann kreisten sie, und sie flogen Spiralen. Sie folgten einem gigantischen Ding, das wahrscheinlich zwei Namen hatte, so groß war es. Geflügelt und ein langer Schnabel und ein langer Schwanz. Es sah alles so elegant und harmonisch aus, so leicht und edel.
    »Fliegen«, sagte die Ohnenamenfrau. »Das ist wunderbar.«
    Und auf einmal wusste sie, dass ihr stets etwas gefehlt hatte auf ihrer Wanderung. Dieser Anblick oder ein Teil davon zu werden. Sie sehnte sich dorthin, mit unwiderstehlicher Macht.
    »Wenn du das nur sehen könntest«, murmelte sie. »Das ist einfach phantastisch ...« Dann fiel ihr ein, dass sie nicht wusste, was sie mit »du« meinte. Dass es überhaupt ein »du« geben konnte. Das kleine tote Ding war kein »du« gewesen. Die Schattenrisse dort draußen waren es auch nicht. Also was bedeutete »du«? Sie war gar nicht allein und einzig? Sondern vielleicht ... Zwei. Das andere ... der andere? Es gab keinen Namen dazu, auch keinen Schattenriss.
    Das war nicht schlimm. Hier war schließlich das Reich Ohnenamen, sie hatte ja auch keinen. Und brauchte es überhaupt einen? Keineswegs. Aber was war mit dem »du« an sich? Wenn sie es kannte, ausgesprochen hatte, musste es das einst gegeben haben. Sie erinnerte sich nicht, aber sie wusste, dass es so sein musste. Woher sonst kannte sie das »du«, das Zweite, das, was diesen Anblick verpasst hatte und das nicht sie war?
    Die Ohnenamenfrau war verwirrt. Sie wandte sich von dem Schauspiel ab, obwohl sie es mochte, noch viel mehr als das kleine tote Ding. Sie wusste jetzt, dass sie es vermisst hatte, schon immer, aber sie konnte sich nicht erinnern.
    Sie wanderte weiter. Stieg den Hügel hinab und erreichte die Steppe, war froh darum, dass jetzt alles wieder war, wie es sein sollte. Sie beruhigte sich, sie spürte, wie ihre Ruhe zurückkehrte, ihr Nicht-Begehren, Nicht-Verlangen. Alles war, wie es sein sollte.
    Und dann sah sie die Hütte. Das war der Name dieses Dings. Es wurde gebaut, es war nicht einfach da. Aber von wem? Nicht von ihr, das war gewiss. Die Ohnenamenfrau hatte noch nie etwas gebaut, sie war immer nur gewandert, weil es eben so war. Und sein sollte.
    Aber die Hütte war da. Mitten auf dem Weg. Die Ohnenamenfrau könnte darum herumgehen, aber ihr Weg führte nun einmal genau da weiter. Sie ging bis zu der Hütte und klopfte an die Tür.
    »Nur herein!«, hörte sie die Hütte sagen.
    »Bitte, Hütte«, sagte sie langsam. »Der Weg führt hindurch. Ist das möglich?«
    »So tritt ein und sei mein Gast. Die Tür ist offen.«
    Die Ohnenamenfrau öffnete die Tür und trat ein. Sie sah keine Tür auf der anderen Seite, und das war schlecht. Wie sollte sie hindurchgelangen?
    An einem Tisch mit zwei Stühlen saß ein Schattenriss. Er begrüßte sie. Er lächelte ihr zu. Er forderte sie auf, Platz zu nehmen.
    Zögernd nahm die Ohnenamenfrau die Einladung an. Sie betrachtete den Schattenriss. Er ähnelte nichts, was sie je gesehen hatte. Trotzdem kam er ihr vertraut vor. »Ist das du ?«, fragte sie.
    »Ich«, antwortete »du«.
    »Nein, du «, wiederholte sie.
    »Ja, ich.« Der Schattenriss deutete auf sie. »Und

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