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Schattenlord 7 - Das blaue Mal

Titel: Schattenlord 7 - Das blaue Mal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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Weißen Hauses. Hier würde der gewählte Herrscher Dar Anuins dereinst stehen und zu den Bürgern sprechen, als Gleicher unter Gleichen. Der Boden unter ihren nackten Füßen fühlte sich gut an. Der Stein war von Trollen geschlagen und über mehrere Tagesreisen hierher transportiert worden, um währenddessen von den drei alten Göttern Apzu, Thiamat und Thante mit allerlei Schutzzaubern belegt zu werden. Wer hier stand, reinen Herzens war und nur das Beste wollte, würde stets die Zuneigung der Städter für sich gewinnen - und er würde gegen alle äußeren Gefahren gefeit sein.
    Sie schob den Kopf in den Nacken und suchte mit Blicken jene Elfen, die eben daran waren, die Spitze der größten Felsnadel im Kraterinneren zu erklimmen. Sie bewegten sich mit jener Geschicklichkeit und jener Ausdauer, die den Hochadligen des Elfengeschlechts Vorbehalten war. Bald würden sie ihr Ziel erreicht haben, um dort Taue zu verankern und Provisorien für nachfolgende Bauarbeiter zu legen. In zehn Tagen sollte damit begonnen werden, dort oben eine Kartause zu errichten. Ein Heim für all jene, die innere Einkehr suchten, um einen neuen Blickwinkel für die guten und schlechten Dinge des Lebens zu erhalten. Hoch über ihrer herkömmlichen Existenz - und dennoch ganz weit weg vom Himmel, den sie niemals erreichen würden, sosehr sie auch danach strebten. Es würde ihnen Schönheit zeigen und zugleich Demut lehren.
    Doch es war noch lange nicht so weit. Die Arbeiten würden mühevoll und langwierig werden.
    Abelae winkte ihr zu. Er war eben in eine Diskussion mit Genevrie verwickelt, die die Bodennutzung des fruchtbaren Vulkansteins mit der ihr eigenen Beharrlichkeit vorantrieb.
    Jeder Bewohner Dar Anuins brachte sich mit all seinen Begabungen ein. Auch wenn oftmals gestritten und geflucht wurde - diese Leute waren mit Feuer und Flamme bei der Sache. Das Feuer unter ihnen und die darin eingewobenen Zauber sorgten dafür, dass sich die Stadt prächtig entwickelte.
    Shire kehrte ins Weiße Haus zurück, trank Kräuterwasser, das Körper und Geist stärkte. Dann machte sie sich wieder an die Arbeit. Mehrere grob behauene Gesteinsbrocken warteten darauf, ihren neuen Plätzen zugeordnet zu werden. Shire spürte das in ihnen verborgene Potenzial auf und ließ sie dann von Trollen oder angeschirrten Riesengrogs zu den jeweiligen Orten verbringen. Es würde ein langer, anstrengender Tag werden.

5
     
    Palastleben
     
    H üte dich vor der Wächter-Furie ... Immer wieder kam ihr Laychams Satz in den Sinn. Warum hatte sich der Mann mit der Silbermaske nur so rätselhaft ausgedrückt, warum hatte er das Kind nicht beim Namen genannt?
    Allem Anschein nach hatte er Lirla gemeint. Die Frau mit dem Engelsgesicht hatte nun schon öfters ihre Ähnlichkeit mit einer altgriechischen Rachegöttin unter Beweis gestellt. Sie war unberechenbar. Sie konnte Lob verteilen, wo es nicht angebracht war, und bei geringsten Anlässen aufs Ordinärste zu schimpfen beginnen.
    Zoe nahm es mit jener Langmut hin, die ihr bei ihrer Karriere stets geholfen hatte. Es ist schließlich kein Honiglecken, mit überkandidelten Friseuren, eigenbrötlerischen Visagistinnen, nervös umherwuselnden Agenten sowie einem Show-Verantwortlichen am Rand des Nervenzusammenbruchs fertig zu werden, die einen allesamt umlagern - und dennoch auf dem Catwalk frisch wie der neue Tag zu wirken. Um anschließend selbst in Hysterie zu verfallen, um nur ja dem Klischee eines dümmlichen Models zu entsprechen.
    »Sitz gerade!«, herrschte Lirla sie an. »Das Besteck wird kreuzweise hingelegt, sobald du dein Essen beendet hast. Man erwartet von dir, dass du von allem kostest - aber nie mehr als die Hälfte deines Tellers leer isst. Danach kommt das Kopfkreisen, sodass jedermann im Saal dein Blaues Mal erkennen kann. Die Hände vor der Brust verschränken. Dreimal tief durchatmen ...«
    So viele Benimmregeln, so viele Ge- und Verbote. Viele Konventionen ähnelten denen der Menschenwelt, andere wiederum ließen sie den Kopf schütteln. Warum muss ich bloß, nachdem ich meinen Wein ausgetrunken habe, ins leere Glas spucken? Und warum gilt es als sittlich, den Sitznachbarn während eines Gesprächs mit einem Bein zu berühren?
    »Du träumst schon wieder!«, fuhr Lirla sie wütend an. »Pass gefälligst auf, wenn ich was sage!«
    Aramie kredenzte Fruchtsaft und Snacks, die an Glückskekse erinnerten. Ihre Wangen waren angeschwollen, das rechte Auge schillerte. Zoe wagte es kaum, den Kopf zu heben und

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