Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Die Drohung ihrem Mann gegenüber war ja auch eindeutig. Klar, dass sie Bammel hat.«
»Hat sie Polizeischutz?«
»Ein Mann von einer Sondereinheit ist für heute vor ihrem Haus. Sonst ist nichts geplant.«
Martin sah auf die Uhr. »Okay, ich bin wieder weg. Will noch zu Catherine.«
Werner und Lorenz nickten betreten. Martin machte Anstalten zu gehen, winkte Lorenz mit einem ehrlichen Lächeln und verließ das Büro. Werner folgte ihm auf den Flur. Er legte die Hand auf Martins Schulter.
»Übrigens, du siehst furchtbar aus, wenn ich das so mal sagen darf. Wenn ich irgendwas für dich tun kann, lass es mich wissen.«
Martin senkte den Kopf. »Sie will mich verlassen, hat sie gesagt. Ich würde sie nicht lieben. Wenn ich auf sie gehört hätte, wäre das nicht passiert.«
Werner versuchte, unbekümmert zu wirken. »Ach, das sagt sie nur so. Das meint sie nicht ernst. Sie liebt dich doch.«
»Aber sie hat Panik, dass noch mehr passiert. Dass mir was passiert, dass ich eines Tages nicht nach Hause komme und sie sitzt da und wartet.«
»Das machen alle Frauen von Bullen durch. Frag mal Susanne. Mittlerweile hat sie sich daran gewöhnt. Nur dass ich so wenig Zeit habe, nervt sie, aber Angst? Nö, die hat sie eigentlich nicht.«
»Trotzdem, ich will nicht, dass es vorbei ist. Nicht schon wieder. Ich bin über vierzig, habe die Frau meines Lebens gefunden, gestern meinen Sohn verloren und jetzt auch noch sie? Soll schon wieder alles aus sein?« Martin drehte den Kopf weg. Er hatte schon wieder Tränen in den Augen, die er verbergen wollte. Von der Raubeinigkeit, die man ihm nachsagte, war in diesen Tagen nichts zu spüren.
Er straffte sich. »Ich muss mich zusammenreißen und ich will diesen Kerl finden. Hilfst du mir dabei?«
»Ja, sicher. Wir hängen uns da rein.« Werner nahm Martin in den Arm wie einen Bruder.
»Okay, ich hau ab. Und behalt Schöller im Auge. Der Mann hat mehr Dreck am Stecken als alle im Präsidium zusammen. Ich erzähl es dir später. Ich ruf dich an.«
»Okay, pass auf dich auf. Ach, und Martin: Bevor du zu Catherine gehst, geh duschen und zieh dir was Nettes an. Wenn du sie überreden willst, zu dir zurückzukommen, solltest du duften wie eine Blumenwiese.«
»Woher hast du denn den Mist?«
Werner grinste. »Vom Eheseminar.«
Martin nickte und dachte sich seinen Teil. »Stimmt schon. Ich hab nur drei Stunden geschlafen. Trotzdem danke für den Tipp. Bis bald.« Martin hob die Hand zum Abschied und fuhr zurück nach Lüneburg.
Nach einer belebenden Dusche, der perfekten Kleiderwahl und einem starken Kaffee wollte Martin das Haus verlassen, um Catherine zu besuchen. Wieder stach ihm der Fleck am Boden ins Auge und diesmal konnte er ihn nicht so belassen. Es war ihr Blut, ihre Schmerzen, die dort auf dem Teppich nach Rache schrien. Er nahm einen kleinen Wischeimer aus der Küche und kippte Teppichreiniger hinein, unkontrolliert und geistesabwesend. Er stemmte sich mit seinem Gewicht auf den Schrubber und rieb das Reinigungsmittel tief in den Teppich ein, als wolle er die Sünden der ganzen Menschheit damit tilgen, zumindest aber seine eigenen.
Mit der Zeit wurde das Rotbraun blasser. Es verflüchtigte sich mehr und mehr und mit jedem Farbton, den es schwächer wurde, wuchs sein Hass auf denjenigen, der ihr das angetan hatte. Doch auch die Wut auf sich selbst schwoll an. Warum hatte er nicht auf sie gehört und die Finger von dem Fall gelassen? Er musste das nicht tun. Niemand außer dem toten Klaus Schöller hatte ihn aufgefordert, den Dingen auf den Grund zu gehen. Und jetzt? Jetzt war es zu spät. Zu tief steckte er bereits mit drin und keinesfalls ließ er sich von einem unbekannten Irren einschüchtern. Er wollte Rache. Sein Kind sollte nicht umsonst gestorben sein. Und wenn er das gesamte Präsidium nach Maulwürfen und korrupten Typen umpflügen sollte, der Preis musste von jemandem bezahlt werden.
Nach einer halben Stunde war der Teppich sauber und an der bearbeiteten Stelle deutlich dünner. Die Haut seiner Fingerkuppen war verschrumpelt und bleich. Sie erinnerten ihn an die Leiche von Klaus Schöller, als sie aus der Außenalster gefischt wurde. Eine weitere halbe Stunde später saß er bei Catherine am Bett und hielt ihre schwache Hand in der seinen.
»Wie geht es dir heute, mein Schatz?«
Ihre Augen füllten sich zum wiederholten Mal mit Tränen. »Ich kann nicht glauben, dass, wenn ich nach Hause komme, ich das Zimmer des Kleinen nicht dafür benutzen kann, wofür es
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