Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
schweren, ehemals blauen Limousine war zu sehen. Die Marke des Wagens war nicht mehr zu erkennen. Drei Zinksärge standen nebeneinander, in deren einen die erste verkohlte Leiche hineingelegt wurde. Martin suchte die Fernbedienung und entdeckte sie auf dem Sofa. Er schaltete den Ton an.
›Soeben wurde gemeldet, dass Verteidigungsminister Hans Peter Lohmeyer, sein Sekretär Dieter Zöllner und dessen Fahrer Walter Kruppke einem grausamen Bombenanschlag zum Opfer gefallen sind. Ihre Körper konnten nach der Detonation nur noch tot geborgen werden. Im Umkreis von 50 Metern sind alle Fensterscheiben zerborsten und es gibt unzählige Verletzte innerhalb dieses Radius. Die Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr vor Ort beschreiben das Inferno als unfassbaren terroristischen Akt, der seinesgleichen sucht und auf grausame Weise an den angeblich von der RAF ausgeführten Mord an Alfred Herrhausen vor über 23 Jahren erinnert. Es kam eine Bombe zum Einsatz, deren Sprengkraft derart überdimensioniert war, dass nur der Tod des Politikers als erklärtes Ziel infrage kommt. Über die Motive, die Täter oder eine terroristische Gruppe kann derzeit nur spekuliert werden. Lohmeyer hat in den letzten Wochen die volle Aufmerksamkeit in Bezug auf die neue Anti-Terror-Chiptechnologie auf sich gezogen. Zu Beginn noch ein glühender Verfechter dieser als revolutionäre Sicherheitsmaßnahme gepriesenen Initiative, hat Lohmeyer vor zwei Tagen öffentlich eine drastische Kurswende vorgenommen, die weder auf Zustimmung der Kanzlerin noch des Innenministers gestoßen war. Einzig bei den protestierenden Menschen der letzten Monate, denen die intrakutane Implantation eines Überwachungschips in den Handrücken eines jeden deutschen Bürgers ein Dorn im Auge war, fand Lohmeyer begeisterte Bestätigung. Deutschland war neben Frankreich und Großbritannien bisher nur eines der wenigen Länder, das sich der weltweiten Erfassung personenbezogener Daten zum Schutz gegen Terrorismus, dem Vorschlag der Implantation des Mikro-Chips, entzogen hatte. Lohmeyer, der als aggressiver Vorreiter in Sachen interner Staats-Sicherheit galt, hat aus unverständlichen Gründen seine Zustimmung zu dieser Technologie kurzfristig verweigert und seinen Rücktritt vom Amt angekündigt. Er war soeben auf der Fahrt zu einem Fernsehinterview, in dem er eine umfassende Erklärung zur Funktionsweise jener Chips abgeben wollte. Unglücklicherweise kann nun dieses Interview nicht mehr stattfinden. Ob sein Tod im Zusammenhang mit dieser politischen Neuorientierung steht, wird in intensiven Nachforschungen aufzuklären sein.
Brigitte Fröhlich, für Sie live vor Ort in ›RTL-Explosiv‹. Und nun zurück ins Studio.‹
Martin schaltete den Ton aus, ließ den Fernseher jedoch weiter laufen. Dies würde nicht die einzige Nachricht zu Lohmeyers Ableben bleiben. Er ließ sich auf das Sofa neben Catherine fallen. Das Cool Pack an seiner Wange wurde allmählich warm und nutzlos.
»In was für einer Welt leben wir bloß?«, sagte sie und hielt sich die Hände vors Gesicht, als erneut die erschütternden Bilder des Tatorts eingeblendet wurden. Es wirkte wie eine Szene aus einem Krieg.
»In diese Welt soll ich ein Kind hineinsetzen?«
In diesem Augenblick klingelte das Handy in Martins Hosentasche. Er nahm es zur Hand, sah aufs Display und konnte die Nummer keiner ihm bekannten Person zuordnen. Er drückte die grüne Taste und meldete sich.»Hallo.«
»Kommissar Pohlmann?«
Eine ihm fremde Stimme mit französischem Dialekt hallte in den Hörer.
»Ja. Und mit wem hab ich das Vergnügen?«
Martin verdrehte die Augen. Nach einem albernen Spielchen mit einem Spinner stand ihm jetzt nicht der Sinn.
»Nennen Sie mich einfach Jerome.«
»Das heißt, das ist nicht Ihr richtiger Name?«
»Genau. Für Sie nur Jerome.«
»Und was wollen Sie von mir, Jerome ?«
»Nicht ich, sondern Sie wollen etwas von mir.«
Martin verdrehte erneut die Augen. »Ach ja? Was könnte das wohl sein?«
»Die Wahrheit zum Beispiel.«
»Au, Mann, jetzt wird’s mir zu blöd. Sie sagen mir endlich, was das soll, oder ich lege auf.«
»Sie haben doch gerade den Bericht über den Mord an Lohmeyer gesehen.«
Martin sah Catherine an, die versuchte, aus dem Gesagten schlau zu werden.
»Das stimmt. Woher wissen Sie das?«
»Und vor zwei Stunden haben Sie Klaus Schöller tot aufgefunden, nicht?«
Martin schwieg einen Augenblick zu lange.
Jerome sprach weiter. »Und nun haben Sie eine Speicherkarte in der
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