Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
wird es wohl nicht sein, der ganzen Welt das Zahlungsmittel zu entziehen.«
»Es wird auch nicht mehr nötig sein. Durch den implantierten Chip brauchst du kein Bargeld mehr. Sieh doch mal die Vorteile: Es kann nicht mehr gestohlen werden, nicht gefälscht werden. Was ist mit Steuerbetrug oder Schwarzgeld, Drogenhandel, Bestechung, Geldwäsche, Prostitution, illegalen Geschäften, Terror-Finanzierung? Ich sage dir, ohne Bargeld wäre das alles schwer bis kaum machbar . Ursprünglich wollte man zunächst den Chip zum bargeldlosen Bezahlen in Smartphones einarbeiten. Scheinbar haben sie es eilig und überspringen diesen Schritt.«
Martin schüttelte den Kopf. »Starker Tobak oder, mein Lieber?«
»Vor zwanzig Jahren hätte man darüber vielleicht noch gelacht, vor hundert Jahren erst recht. Man hätte dich in die Psychiatrie eingeliefert, wenn du behauptet hättest, dass es mal elektronischen Geldverkehr geben würde. Es wäre ja auch nicht möglich gewesen, doch was wurde nicht alles in den letzten hundert Jahren erfunden. Die Technik ist explodiert. Niemals zuvor in der Geschichte der gesamten Menschheit hat sich alles derart schnell entwickelt.«
»Aber es hat doch immer einen Untergrund in Krisenzeiten gegeben. Menschen haben sich gewehrt, sich zusammengeschlossen und die Geschichte hat gezeigt, dass häufig die belagernde Macht überwunden werden konnte.«
»Diesmal handelt es sich um ein größeres Kaliber. Nehmen wir noch einmal den Punkt Bestechung. Angenommen, du könntest es schaffen, dich des Implantierens des Chips zu verwehren, würdest du unter normalen Umständen im Untergrund weiterleben. Du würdest innerhalb eines schwarzen Netzwerkes leben, müsstest tauschen, wie im Krieg, um dir Lebensmittel oder andere Güter des täglichen Lebens zu beschaffen. Doch wie lange könntest du durchhalten? Wen würdest du bestechen können? Irgendwann ist dein Hab und Gut aufgebraucht und ohne Geld wärest du über kurz oder lang hilflos.«
»Woher nimmst du diese Visionen? Steht tatsächlich so etwas in der Bibel?«
Feldmann drehte sich auf seinem Bett nach rechts, öffnete eine metallene Schublade und zog seine zerlesene Bibel hervor. Er blätterte ans Ende des Buches und fand mühelos die Stelle, die er zitieren wollte. Dann las er langsam vor. Martin schloss für einen Augenblick die Augen.
»Und es bewirkt, dass allen, den Kleinen und den Großen, den Reichen und den Armen, den Freien und den Knechten, ein Malzeichen gegeben wird auf ihre rechte Hand oder auf ihre Stirn, und dass niemand kaufen oder verkaufen kann als nur der, welcher das Malzeichen hat oder den Namen des Tieres oder die Zahl seines Namens. Hier ist die Weisheit! Wer das Verständnis hat, der berechne die Zahl des Tieres, denn es ist die Zahl eines Menschen, und seine Zahl ist 666.«
Martin betrachtete Feldmann, der mit zittriger Stimme die Verse aus Offenbarung verlesen hatte.
»Und dieses Malzeichen soll der Chip sein?«
»So ist es. Kein Kaufen oder Verkaufen ohne den Chip.«
Martin sackte in sich zusammen. »Alois, nun komm schon. Wie alt ist dieser Text? 2000 Jahre?«
»Von Johannes in einer Vision von Gott empfangen und aufgeschrieben, genau. Ich weiß, das klingt unglaublich und verrückt. Doch warum sollte Johannes so etwas schreiben, wenn es nicht wahr wäre? Schau dich doch mal um. Die Welt läuft auf ein ganz bestimmtes Szenario zu, eine große gewollte Weltwirtschaftskrise. Dann, auf dem Höhepunkt der Krise, wenn alles, vor allem der Wohlstand, gefährdet ist, dann werden die Menschen wieder nach einem starken Mann rufen. Nach jemandem, der sie in den Wirrungen leiten kann.«
»Einem Führer?« Martin schnaubte verächtlich. »Das hatten wir doch schon mal und es ist nicht gut gegangen.«
»Aber sie sind ihm gefolgt wie die Lemminge. Du weißt doch: ›Wollt ihr den totalen Krieg?‹ Und alle haben Ja gebrüllt. Kann man sich das vorstellen?«
»Alois, kein Mensch würde noch einmal darauf reinfallen.«
»Na, wenn du dich da mal nicht täuschst. Ich denke, sie werden es tun, weil es nicht so plakativ geschehen wird. Nicht so plump wie damals, sondern geschickt durch die Medien lanciert.«
»Lohmeyers Witwe hat mir geraten, mich an Sokolow zu wenden, der den Bio-Chip erfunden hat. Schon mal von ihm gehört?«
Feldmann nickte. »Ich kenne Sokolow flüchtig. Ich habe ihn nur ein oder zweimal auf den Treffen damals gesehen. Ist lange her. Aber ich habe seine Karriere ein wenig verfolgt. Er wuchs langsam in die
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