Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
er erfahren, wo sich Sokolow aufhielt? Martin bedachte den nächsten Schritt und wählte die neue Handynummer Werners.
»Ja!«, ertönte es genervt.
»Hallo, Werner, ich bin’s. Ich habe den Inhalt des Sticks gecheckt und – wie erwartet – es ist ein Haufen Zeugs von diesem Sokolow darauf.«
»Dem Wissenschaftler?«
»Genau. Hat für verschiedene Regierungen gearbeitet, war bei Bilderberger-Treffen dabei und sollte in den letzten Wochen für die Markteinführung des Bio-Chips dem Ding den letzten Schliff verpassen. Er hat Lohmeyer die entscheidenden Unterlagen zukommen lassen, woraufhin Lohmeyer seine Stellungnahme in den Medien und seinen Rücktritt abgeben wollte.«
»Du meinst, wegen Sokolows Unterlagen ist Lohmeyer getötet worden?«
»Indirekt. Er muss erkannt haben, was wirklich gespielt wird. Er muss hinter die wahren Absichten der Bilderberger gekommen sein und vor allem hinter die wahre Bestimmung des Chips. Darauf ist unter anderem von einer ›zentralen Aktivierung‹ die Rede.«
»Also ist Sokolow umgeschwenkt und hat Lohmeyer streng geheime Unterlagen zukommen lassen. Was bedeutet diese zentrale Aktivierung?«
»Das möchte ich ihn gerne selber fragen, ich werde aus dem Zeugs nicht ganz schlau. Ein Haufen Diagramme und Auswertungen, sogar EKGs und EEGs, die ich nicht interpretieren kann. Allerdings ist er nach offiziellen Angaben an einem Herzinfarkt gestorben.«
»Was du natürlich bezweifelst.«
»Die Witwe von Lohmeyer hat es mir gesagt. Sokolow ist der Schlüssel zu allem, vielleicht auch zum Tod von Klaus.«
»Und? Was sollen wir jetzt tun? Du weißt, wie intensiv Schöller um mich herumschleicht.«
»Kannst du herausfinden, wo Sokolow gelebt hat? Er ist gebürtiger Russe und lebte zuletzt in Prag.«
»Okay, ich probier’s. Wird aber schwierig sein, seinen derzeitigen Aufenthaltsort ausfindig zu machen.«
»Hey, du leitest die SOKO Lohmeyer. Wenn du den Fall löst, kannst du dich auf eine Beförderung freuen, bist dicke in den Medien, Susanne wird dich wieder lieb haben und …«
»… ja und Schöller wird mich hassen.«
Martin lachte. »Das kann sein, aber das ist es wert. Du kannst mich jederzeit anrufen.«
Er legte das Telefon beiseite und forschte weiter. Die Unterlagen von Sokolow ergaben mehr und mehr ein großes Bild, aus vielen verschiedenen Puzzleteilchen zusammengesetzt.
Am frühen Nachmittag bemerkte Martin seinen Hunger. Er ging in die Küche, suchte im Kühlschrank nach etwas Essbarem und fühlte sich an Zeiten erinnert, in denen er Single war. Catherine kam ihm in den Sinn und sein Gewissen meldete sich. Er wollte sie anrufen, schon Stunden zuvor. Würde sie etwas von ihm wissen wollen, hatte sie ihm verziehen und überhaupt – hatte sie recht mit ihren Vorwürfen? Trug er die Schuld an ihrem Zustand? Martin schmierte sich ein belegtes Brot, aß es lustlos, trank Wasser dazu und fühlte sich mies. Gerade als er den Teller auf der Spüle abstellte, schellte sein Handy. Er kramte es aus der Hosentasche hervor und nahm das Gespräch an.
»Hallo, Martin. Hier ist Alois. Man sagte mir auf dem Revier, dass du unterwegs seiest. Wo erwische ich dich gerade? Störe ich?«
»Hallo, Alois«, freute sich Martin ehrlich. Feldmanns Stimme kam zu ihm schwach und gepresst. »Nein, du störst nicht. Ganz und gar nicht. Schön, dass du anrufst. Wie geht es dir?«
»Ooch, danke, ganz gut. Ich bin operiert worden.«
Martin dachte einen Augenblick lang nach. Wann hatte er seinen Freund das letzte Mal gesprochen? War es nicht erst vor wenigen Tagen gewesen?
»Operiert? Warum? Der Krebs?«
Feldmann schnaufte hörbar am anderen Ende. Gern wäre Martin jetzt bei ihm gewesen. »Man hat mir einen Teil vom Darm entfernt und einen künstlichen Darmausgang gelegt. Es geht schon. Man hat mir versichert, dass man alles entfernt hat, was vom Tumor befallen war. Du weißt doch, Unkraut vergeht nicht.«
»In welchem Krankenhaus liegst du?«
»Maria Hilf in Harburg.«
»Ist es okay, wenn ich dich besuchen komme?«
»Ich dachte schon, du fragst nie.«
»Klar, ist doch logisch. Ich komme gern. Ich mache mich auf den Weg und bin in einer halben Stunde bei dir.«
Martin steckte sein Handy wieder ein, warf sich eine leichte Jacke über und verließ die Wohnung. Wieder einmal bemerkte er, dass er den alten Mann mochte und es ihn schmerzen würde, wenn es ihn einmal nicht mehr gäbe. Nicht viele Menschen auf seinem Weg verstanden es, ihn so zu begleiten, wie Alois es tat. Er war für ihn
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