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Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg S. Gustmann
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Ex-Journalisten auf die Zukunft anstoßen.«
    »Hey, spinnst du? Was soll das hier werden? ’ne weinerliche Vogel-Strauß-Variante? Du kannst nicht so tun, als wäre nichts geschehen. Du kannst nicht einfach wieder zurück. Außerdem, du bist nicht zum Verräter geboren. Ich hätte dir ja gern deine schöne heile Welt gelassen, aber die tun es nicht, abgesehen davon, es gibt sie nicht, diese heile Welt. Sie geht gerade mit großen Schritten den Bach runter. Die Bösen sehen nicht aus wie die Bösen und die Guten nicht wie die Guten. Alles verschmilzt miteinander. Es reicht, wenn 99 Prozent der Bevölkerung nicht sehen, was los ist. Du solltest zu dem einen Prozent der Sehenden gehören. Ach, übrigens – wo hast du die Akten von Sokolow versteckt? Du wirst ja nicht so dämlich gewesen sein, sie auf der Festplatte abzuspeichern oder bei dir zu tragen?«
    Martin wischte sich den Mundwinkel mit einem Ärmel ab. »An einem sicheren Ort, glaub mir.«
    Jerome nickte, stand auf und schob den Stuhl knatschend zurück. »Los, komm. Bevor du jetzt moralisch vollständig abkackst, zeige ich dir, wo du pennen kannst. Es ist nichts Besonderes, aber dafür ist es sicher.«
    Martin stand auf. Sie ließen den Abfall, wo er war. Was machte es noch für einen Unterschied aufzuräumen? Das Chaos breitete sich wie Nebel ungehindert aus.
    Sie gingen eine weitere düstere Etage nach unten und kamen in einen Flur, der zu einigen Gesellschaftsräumen führte. Eine alte Tischtennisplatte ohne Netz stand in der Mitte des Raumes, zwei abgewetzte Schläger lagen am Rand darauf. Der Kunststoff, der die Schläger bedeckt hatte, hatte sich in feine Krümel zerlegt. Das nackte Holz kam wie bei beginnender Glatzenbildung zum Vorschein. Leere Bierflaschen verteilten sich auf dem Boden, eine IKEA-Lampe mit einer schwachen 25- Watt- Birne baumelte von der Decke. In der hinteren Ecke standen zwei Sofas. Eines war von Messern zerschnitten und öffnete dem Betrachter sein Inneres wie ein gerissenes und ausgeweidetes Tier.
    Jerome deutete auf das heile der beiden. »Auf der kann man ganz gut pennen.«
    »Schon ausprobiert oder wie?«
    »Ja klar, als ich hier ankam.«
    »Und wo schläfst du?«
    »Oben. In der fünften. ’ne Decke hab ich leider nicht mehr, aber es ist ja warm heute. Lass halt deine Jacke an.«
    »Gibt es hier ein Klo oder ’ne Dusche?«
    »Sicher. Zehn Klos sogar und alle nebeneinander. Kannst dir eins aussuchen. Waschen kannst du dich in einem der Becken.« Jerome kratzte sich am Kopf. »Seife gibt es, glaub ich, keine mehr. Na ja, für eine Nacht wird es schon gehen.«
    Martin sah sich um und die Trostlosigkeit in seinem Inneren nahm ein Maß an, das er nicht mit Worten beschreiben konnte.
    »Ich komm schon klar.« Es klang wenig überzeugend.
    »Na gut. Ich kümmere mich um den Rest. Morgen treffen wir Sokolow. Lass mich nur machen.« Jerome hatte schon die Klinke in der Hand, drehte sich noch einmal zu Martin um. »Und denk dran: Offiziell wohnt und arbeitet hier keiner. Also kein Licht nach draußen dringen lassen. Alles klar?«
    Jerome verschwand und zog die Tür hinter sich zu.
    In seiner Etage angekommen, schloss er das Sicherheitsschloss auf und ging hinein. Hinter sich verriegelte er erneut. Bei allem Vertrauen Martin gegenüber – nachts wollte er allein sein, allein mit sich und den anderen.

Kapitel 33
    Juni 2011, Hamburg

    Martin durchmaß den sonderbaren Raum mit kleinen Schritten. Hier hatten also Menschen ihre Freizeit verbracht, nach der Arbeit, in ihrer Mittagspause, vielleicht an Wochenenden. Das Mobiliar war seit gut zehn Jahren nicht mehr benutzt worden, so schätzte er. Vielleicht auch länger. Es war schwer zu sagen. Mobiliar verweste ja nicht wie Lebewesen. Sein Verfall ließ sich nicht berechnen. Klamotten aus den Siebzigern oder Achtzigern.
    Der Raum war von innen abgedunkelt, so wie alle Räume, die er bisher gesehen hatte. Martin wollte den Griff des Fensters bewegen, um es einen Spaltbreit zu öffnen, etwas Sauerstoff hereinzulassen, doch es rührte sich keinen Millimeter. Es war blockiert, wie alle anderen Fenster auf jeder Etage. Niemand sollte hineinschauen, niemand sollte hinausrufen können. Martin versuchte, sich zu erinnern. Das einzige Sicherheitsschloss befand sich an Jeromes Etage, dort surrte auch die kleine Kamera ihre Bahnen. Martin wusste von den Monitoren und den Kameras auf dem Grundstück, im Eingangsbereich und auf den Fluren.
    Jerome hatte sich abgesichert und zwar gründlich. Er

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