Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
du?«
»Ja, ganz hervorragend. Du warst ruhig und sachlich, konzentriert und überlegen. Ich möchte sagen, du warst perfekt. So überzeugend hast du es noch nie hinbekommen. Ich muss dich loben.«
Jerome kicherte und hielt sich die Hand vor den Mund.
»Danke. Das ist sehr nett von dir, dass du das sagst.«
»Na ja, ich muss zugeben, erst war ich skeptisch, als du mir von deinen Plänen erzählt hast, aber nun muss ich sagen: Hut ab. Er frisst dir aus der Hand. Sogar seine Waffe lässt er hier bei dir. Er vertraut dir. Erstaunlich!«
»Na ja, das war doch Sinn der Sache.«
»Ja, das stimmt. Du bist tatsächlich ein hervorragender Schauspieler.«
Jeromes Augen leuchteten.
»Trotzdem muss ich dich auch tadeln.«
»Wieso? Alles ist bestens. Hast du doch grade gesagt.« Jeromes Stimme wurde weinerlich. Eben noch ein Lob, nun schon wieder Schelte.
»Du hast ihm deinen richtigen Namen verraten. Das war nicht klug.«
Jerome wiegelte ab. »Ach, das ist doch nicht schlimm. Frank Reichstein. Was soll er schon damit anfangen können? Es gibt über mich nichts mehr zu lesen, was ihn stören könnte. Außerdem – er wird keine Gelegenheit bekommen, dieses Wissen anbringen zu können.«
»Aber sein Freund Werner vielleicht.«
»Egal. Ich habe alle Registereinträge gelöscht. Es ist alles weg.«
»Na, ich hoffe, dass du recht behältst, mein Lieber. Es könnte dir kurz vor dem Finale noch das Genick brechen.«
Jerome nahm eine weitere Tablette. Der Disput strengte ihn an. »Warum musst du nur immer so schwarzsehen?«
»Nicht nur ich sehe das so. Die anderen sind ganz meiner Meinung. Du musst vorsichtiger sein. Es steht zu viel auf dem Spiel.«
Jerome wischte sich die Stirn ab und schnaubte. »Pah! Wer sollte das besser wissen als ich? Hört endlich auf, euch Sorgen zu machen. Ich habe alles im Griff. Ich hatte immer alles im Griff. Ihr werdet schon sehen.«
Eine weitere Stimme meldete sich zu Wort. Sie war lauter, intensiver, aggressiver. »Nichts hast du im Griff, du Loser! Du bist nichts, ein Haufen Scheiße bist du, weißt du nicht mehr? Gar nichts hast du im Griff.«
Jerome wandte sich um. Er ballte die Fäuste, sie zitterten.
»Lass mich in Ruhe. Immer musst du mich ärgern. Du bist böse zu mir. Hör endlich auf damit, sonst werd ich petzen.«
Der andere brüllte ihn an. »Es ist ein Risiko und eine Dummheit gewesen, ihn hier bei uns aufzunehmen!«
Jerome schrie zurück: »Nein, war es nicht. Er ist mein Freund. Er ist okay.« Jerome stemmte die Hände in die Hüften. Er nahm allen Mut zusammen, sich zu verteidigen, seinem Widersacher Paroli zu bieten. »Außerdem, du bist es gewesen, der die anderen abgeschlachtet hat, nicht ich. Und jetzt sei endlich still.«
Jerome verließ fluchtartig den Raum, in dem er seine Medizin aufzubewahren pflegte. Der Geruch in der Dunkelheit war immer noch sehr intensiv, trotz aller Bemühungen, ihn zu übertünchen. Er hasste ihn. Er ließ das Licht im Bad brennen, ging hinüber und setzte sich wieder an den Schreibtisch. Er verbarg den Kopf in seinen Händen und atmete schwer. Er verschwendete keinen Blick mehr auf den Monitor, auf dem er Martin beobachtet hatte, und schaltete ihn zugunsten anderer Kameras weg. Er wischte sich die Tränen weg. Dann atmete er noch einmal tief durch und wendete sich dem Flugplan des Hamburger Flughafens zu. Martin würde sich hingelegt haben. Was sollte er auch sonst anderes tun?
Der Flugplan rollte sich vor seinen Augen aus. Vier Flüge nach Prag, zwei von ihnen zu horrenden Preisen in der ersten Klasse. Er buchte zwei Plätze, einen auf den Namen Claude Renier und den anderen auf den Namen Norbert Wagner. Zwei Durchschnittstypen mit Allerweltsgesichtern. Zwei Geschäftsleute mit Aktenkoffern. Mitarbeiter einer Versicherung, die einen Deal in Prag abschließen wollten. Er ließ die Flüge von Claude Reniers Konto abbuchen. Es würde Wochen dauern, bis sie merkten, dass es diesen Mann in dieser Form nicht mehr gab. Abgesehen davon, war der Dispositionskredit vollkommen ausgeschöpft. Die Commerzbank würde keinen weiteren Dispo mehr einräumen. Claude Renier war schon lange tot. Es würde auch nicht nötig sein. Eine neue Quelle hatte sich ihm kürzlich aufgetan und die war unermesslich ergiebig. Sie sprudelte förmlich über.
Nach der Buchung öffnete er einen Ordner, in dem sich die Liste mit den Namen der Bilderberger befand, die am letzten Treffen teilgenommen hatten. Auch der Öffentlichkeit wurde eine solche Liste präsentiert,
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