Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
nur danach aussehen, dass er danach sucht, aber in Wirklichkeit ist man an einer Aufklärung gar nicht interessiert, weil der Anschlag gewollt war. So gesehen, stellt Ihre Position eine einzigartige Chance für uns dar.«
Martin gab sich erstaunt.
»Oh, Sie wissen aber gut über mich Bescheid.«
»Na, was denken Sie denn! Glauben Sie, ich treffe mich, nach all dem, was ich erlebt habe, mit jedermann? Ich habe umfangreich über Sie recherchiert und glauben Sie mir, ich verfüge noch immer über eine Menge Kontakte.«
»Das heißt, auch Sie haben mich überwacht und spannen mich jetzt vor Ihren Karren?«
»Nun, so würde ich das nicht nennen, aber ja, es stimmt, ich muss mich darüber informieren, wem ich einen Auftrag geben kann und wem nicht.«
»Herr Professor, bei allem Respekt vor Ihren Verdiensten, aber ich glaube, Sie sind nicht in der Position, mir einen Auftrag übertragen zu können. Ich unterstehe Ihnen in keiner Weise. Ob ich in dieser Sache weiter ermittle oder nicht, untersteht meiner alleinigen Entscheidungsfreiheit.«
»Nun, das mag vielleicht stimmen. Dann nennen Sie es eben eine Bitte. Doch so, wie ich Sie einschätze, können Sie nicht einfach tatenlos zusehen, wie die Welt den Bach runtergeht.«
»Was denken Sie, was ich schon tun könnte? Ich glaube, Sie überschätzen meine Möglichkeiten.«
»Das sehe ich ganz anders. Aber gut, besprechen wir das nach dem Essen.«
Martin blickte verstohlen auf die Uhr. Er sah zu Jerome, der sich beruhigt zu haben schien. So richtig schlau wurde er immer noch nicht aus diesem Mann.
»Ich glaube nicht, dass wir noch Zeit haben, etwas mit Ihnen zu essen. Vielen Dank für Ihr Angebot, aber unser Flieger geht in zwei Stunden. Die Fahrt dauert ja auch eine Stunde. Ich denke, wir sollten jetzt los.«
»Entspann dich, Martin«, sagte Jerome. Ja, er hatte sich beruhigt, mehr noch, er hatte sich wieder vollständig verwandelt. Er war wieder Herr seiner Emotionen und gab sich gelassen und überlegen. Mit sachlicher Stimme verkündete er: »Wir bleiben hier heute Nacht.«
Martin sah Jerome erstaunt an. Jerome gab sich überrascht.
»Ach, hab ich dir das nicht erzählt? Wir sind eingeladen, hier zu übernachten.«
Martin stemmte die Hände in die Hüften.
»Leute, so geht das nicht. Ich muss nach Hamburg zurück. Meine Verlobte liegt im Krankenhaus und ich habe immerhin noch einen Job.«
Sokolow hob die Hand.
»Blödsinn. Vergessen Sie Ihren alten Job. Wenn Sie sich dort blicken lassen, nimmt man Sie hopps, schon vergessen?«
»Na toll. Und was machen wir jetzt?«
»Als Nächstes werden wir gemütlich essen und trinken und einen Plan schmieden, wie wir den Dreckschweinen das Handwerk legen können.«
»Verdammt!«
»Wo wollen Sie auch hin? Nach Hause können Sie eh nicht mehr. Man erwartet Sie dort, um Sie einer staatsfeindlichen, verschwörerischen Aktivität zu bezichtigen. Man wird Anschuldigungen gegen Sie erheben, gegen die Sie nichts ausrichten können, es sei denn …«
»Es sei denn, … was?«
»Es sei denn, Sie bleiben für eine Weile im Untergrund und kommen denen zuvor. Sie brauchen Beweise für die Taten Schöllers, Beweise für seine Mitwirkung an der Ermordung Lohmeyers. Wenn Ihnen das gelingt, haben Sie eine Chance. Es gibt noch zwei andere in Hamburg, denen Sie vertrauen können.«
»Und? Die wären? Ich dachte, alle in Hamburg werden schon ferngesteuert von Ihrer ominösen Schattenmacht?«
»Hartleib und der Staatsanwalt, dem Sie durch Ihren letzten Fall zu viel Ruhm und Ehre verholfen haben. Er hat Ihre Informationen dazu verwendet, diese alten Nazis Fürst und Wegleiter hinter Schloss und Riegel zu bringen. Und da wäre natürlich noch Lorenz, den niemand mehr für voll nimmt.«
»Ach ja, ich vergaß. Sie wissen bestens über mich und meine alte Abteilung Bescheid.«
»Das und noch viel mehr. Wir hier im Osten wissen alles. Das können Sie mir glauben. Entscheidend ist nur, wie man das Wissen verwendet. Nicht alle sind dem Westen so wohlgesonnen wie ich.«
»Na schön, wenn ich diesen Menschen tatsächlich vertrauen kann, dann möchte ich jetzt sofort mit Kommissar Hartleib telefonieren.«
»Nun, das halte ich nicht für eine so gute Idee. Nicht dass er nicht loyal wäre, aber er hat keine Ahnung von dem Ausmaß der Überwachung, in die er verstrickt ist.«
Martin sah auf die Uhr. Es war Mittwoch. Am Abend würden Susanne und Werner letztmalig ihr Eheseminar besuchen. Sie würden entscheiden müssen, ob sie sich trennen
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