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Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg S. Gustmann
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werden.
    »Vertraust du mir nicht mehr?«, fragte er in weinerlichem Ton. »Ich dachte, wir sind Freunde. Wie kannst du nur so an mir zweifeln? Ich helfe dir seit Tagen aus deinem Schlamassel heraus, verschaffe dir eine neue Identität und du? Du schnüffelst mir nach. Warst womöglich noch in der Grindelallee und hast dich umgehört.«
    Unbeeindruckt antwortete Martin: »Stimmt. Frau Schüttler hat mir gesagt, dass Lamprecht von einem auf den anderen Tag nicht wieder aufgetaucht ist, und im Theater hat man mir erzählt, dass ihr befreundet gewesen seid.«
    »Boah, ich fasse es nicht. Du ermittelst gegen mich.« Jerome trat bis auf zehn Zentimeter an Martins Nase heran. »Ein Wort von mir bei den Bullen und du fliegst auf, Herr Norbert Wagner alias Martin Pohlmann, derzeit wohnhaft Prätoriusweg 17. Willst du das?«
    »Wenn du mich verpfeifst, verpfeife ich dich. So einfach ist das. Außerdem bist du mir noch eine Antwort schuldig.« Martin versuchte, ruhig und überlegen zu reagieren.
    Jerome wandte sich ab.
    »Weißt du was? Du kannst mich mal. Denk, was du willst, aber ich hab den Karl-Heinz bewundert. Mich hat er auch verlassen, nicht nur die Truppe.«
    »Wart ihr …? Ich meine …«
    »Du willst wissen, ob ich schwul bin? Na und? Wenn es so wäre, was dann?«
    Martin hob die Schultern. »Nichts dann. Ist schließlich deine Sache.«
    »Stimmt. Ist meine Sache, auch meine Beziehung zu Karl-Heinz. Und jetzt will ich nichts mehr davon hören. Er ist weg, das ist alles, was ich weiß.«
    Martin nickte.
    »Bist du jetzt fertig mit deinem Herumgeschnüffel?«
    Martin wandte sich ab und ging ein paar Schritte von Jerome weg. Vorerst würde er die Suche nach Lamprecht unterbrechen. Es glich einer Pattsituation. Sie brauchten und erpressten sich gegenseitig. Auffliegen wollte keiner von beiden, nicht vor Ablauf der Zeit, die sie benötigten, um ihre jeweiligen Ziele zu erreichen, so unterschiedlich sie auch waren.

    *

    »Und? Schon einen Plan, wie es weitergeht, Herr Kommissar?«
    Frustriert verstummte Martin einen Augenblick. Einen Plan? Nein, einen richtigen, wohldurchdachten Plan hatte er nicht. Noch nicht.
    »Den Spott und Sarkasmus kannst du dir schenken. Hätte Klaus Schöller mir nicht seinen bescheuerten Brief zukommen lassen, wäre mein Leben noch in Ordnung. Langweilig?« Martin nickte. »Ja, vielleicht, aber okay. Es gibt Schlimmeres als Langeweile. Mein Kind würde geboren werden und wir wären eine Familie geworden.«
    »Mir kommen gleich die Tränen, Alter. Denkst du, du bist der Einzige, der was verloren hat? Alle müssen kämpfen, für Kohle, für ’n Dach über dem Kopf, für Anerkennung. Alle für irgendwas.«
    Martin erahnte, was Jerome damit meinte. Er vermutete, Jerome spielte auf Erlebnisse aus seiner Vergangenheit an.
    »Du hast es nicht leicht gehabt, hm?«
    »› Nicht leicht‹ ist nett formuliert. ›Beschissen ‹ würde besser passen. Meine Eltern waren Säufer, ich war ihre Putze, bis ich abgehauen bin. Waren noch nicht mal meine richtigen Eltern.«
    »Sondern?«
    »Na, meine Adoptiveltern. Ich wurde adoptiert. Schon mal was von Klappenkindern gehört?«
    »Ja, klar. Mütter, die ihre Kinder nicht aufziehen wollen oder können, geben sie in einer Babyklappe ab.«
    »Mich haben sie auf der Treppenstufe zum Pfarrhaus abgestellt. Ähnlich beschissen wie ’ne Babyklappe. Meine sogenannte ›Mutter‹ hat sich für Kohle vögeln lassen, ’ne Hostess für reiche Knilche, kapiert? Und als sie bemerkt hatte, dass sie schwanger war, hat sie ’ne Abtreibung versucht. Die ist in die Hose gegangen, also hat sie mich später beim Popen entsorgt. So einfach ist das.«
    »Und der Vater?«
    »Du meinst, mein Vater? Mein Erzeuger?« Jerome lachte bitter. »Der weiß nicht mal, dass es mich gibt. Hat von Anfang an klargestellt, ein Balg kommt nicht infrage. Hatte schon einen Sohn mit seiner Alten. Das reichte ihm völlig.«
    »Aber du weißt, wer dein Vater ist?«
    »Klar weiß ich das. Bin Journalist. Finde alles heraus, schon vergessen?«
    »Hast du schon mal daran gedacht, Kontakt zu ihm aufzunehmen? Ich meine, vielleicht ist er gar nicht so abgeneigt, dich kennenzulernen.«
    Jeromes Gesicht verwandelte sich in eine Fratze, als müsse er starke körperliche Schmerzen ertragen.
    »Er würde mir den Hals umdrehen, so viel ist sicher. Und ich ihm auch.«
    »Probier es doch mal«, forderte Martin.
    Jerome hob die Hand.
    »Stopp. Themawechsel, okay? Das geht dich einen Scheißdreck an.«
    »Okay, okay.

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