Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg S. Gustmann
Vom Netzwerk:
Sie an. Ist das okay? Haben Sie ein Handy?«
    »Klar. Haben Sie was zum Schreiben?«
    Martin notierte: 0173-4277890. »Hab ich. Bis dann. Ach, und danke.«
    »Wofür? Noch habe ich nichts für Sie getan.«
    »Dafür, dass Sie mir glauben. Ich stecke tief in der Patsche. Ich kann Freunde zurzeit gut gebrauchen.«
    »Na, warten wir’s ab. Versprechen Sie sich nicht zu viel von mir. Sollten Ihre Beweise nicht reichen, bin ich alles andere als Ihr Freund. Darauf können Sie wetten. Ich möchte nicht als Depp der ganzen Nation in der Presse erscheinen.«

Kapitel 42
    Juli 2011, Hamburg-Eimsbüttel

    Martin versicherte sich, ob die Tür zu seiner Wohnung im Prätoriusweg verriegelt war. Drei Sicherheitsschlösser, die er von innen abschloss, eine Handlung, die Schutz und Geborgenheit vorgaukelte. Er sehnte sich nach Ruhe und Zeit zum Grübeln, zum Sich-Fallen-Lassen in unsichtbare Hände. Er wollte Kontakt suchen zu seinem Inneren, einem weisen Ratgeber, dem Lösungsspender seiner Probleme, einer höheren Macht. Wie vertrackt eine Situation auch war, es gab immer einen Weg, das wusste er. Ein legaler Weg wäre ihm angenehm gewesen, doch diese Option hatte sich früh verflüchtigt wie Rauch, sobald er den Schornstein verließ.
    In einem Spinnennetz aus Intrigen gefangen, eingebunden in perfiden Täuschungen – es musste genau auf diesem Wege geschehen, sich zu befreien. Die Gegner mit denselben Waffen einschüchtern, sie täuschen und vernichten.
    Martin warf die Tür des Schlafzimmers hinter sich zu und zog sich aus bis auf die Unterhose. Die Maske von Norbert Wagner hatte er abgelegt, sich geduscht und sich in der Dunkelheit des Raumes bei zugezogenen Vorhängen und herabgelassenem Rollo in sein Bett gelegt. Die Decke zog er bis unter die Nase und schloss die Augen. Wie in ein Grab hatte er sich gehüllt, sich verborgen vor der kreischenden Welt und geöffnet für die Stimmen, die leise und schüchtern aus der Tiefe an die Oberfläche schleichen wollten.
    In die Finsternis eingebettet wie in einen wärmenden Mantel, suchte er nach einem Weg, die Fäden, die man ihm lautlos und ohne seine Zustimmung entrissen hatte, neu zu ergreifen. Sie schwirrten vor seinen Augen in der Luft herum wie hauchdünne Weben, so zart und empfindlich, beinahe unsichtbar, schwer zu fassen.
    Martin warf den Kopf auf dem Kissen von einer Seite zur anderen, brabbelte unsinniges Zeug vor sich hin, befand sich in einem Raum zwischen Schlaf und Wachsein. Schicksal, zischte er höhnisch durch die Lippen. Was für eine bescheuerte Sache, dieses verdammte Schicksal! So war es doch immer. Nie, zu keinem Zeitpunkt würde er es einem ›Herrn Schicksal ‹ freiwillig gestatten, die Führung in seinem Leben zu übernehmen. So ein Scheiß, fluchte er in die Kissen hinein. Für Krisen gab es nie passende Zeitpunkte, immer war es im Moment gerade nicht günstig. Keine Frage. Daher, weil ihr dies bekannt war, fragte die Krise erst gar nicht und tat, was sie wollte. Kam unangekündigt, richtete sich frech und dreist im irdischen Leben ein und spuckte große Töne. Was konnte man dann tun, außer sich ins Bett zu legen, Ruhe zu bewahren, bei dem einen oder anderen Rat zu suchen, den Hals zu recken und nach einer Möglichkeit Ausschau zu halten, die Situation wieder in den Griff zu bekommen.
    Das Zitat eines Schriftstellers drängte sich ihm auf. Er hatte sich diesen Satz eingeprägt: ›Die Tragik seines Schicksals beruht in der Nichtzulassung des Tragischen als endgültiger Lebenseinschätzung – denn dadurch wird das Tragische doppelt so groß und überzeugend.‹
    Martin kam zur Ruhe. Der Kopf beruhigte sich. Daher, und so handhabte er es schon immer, hüllte er sich ein in wohlige Daunen, um die lauten, keifenden Stimmen von außen zum Schweigen zu bringen und den leisen von innen Raum zu geben.
    Die Augen geschlossen, dachte er nach, bewegte sich nicht und fasste die Lage in kurze kryptische Informationen zusammen. Als würde er seinem Inneren die Sache erklären wollen, als läse er laut vor, damit es begriff, wie ernst die Lage war.
    Nach einer Stunde des Denkens, Abwägens meinte er, eine Lösung gefunden zu haben. Immer wieder hatte er die Konstellationen neu formiert, die Worte gewählt, sie gestrichen, neu geschrieben auf dem Bogen sperrigen Papiers in seinem Kopf: Es musste wie ein Schauspiel sein, nichts anderes würde funktionieren; es galt mitzuspielen in diesem miesen Stück, nur dass einige Figuren a priori nicht auf der Liste der Akteure

Weitere Kostenlose Bücher