Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Pohlmann deutete auf die Papiere, die zu seinen Füßen auf dem Boden verteilt lagen.
»Wollen wir nicht ›Du‹ sagen? Ist doch blöd, das ›Sie‹.« Jerome rückte mit seinem Bürostuhl vor und hielt die Flasche zum Anstoßen hin. »Jerome, aber das weißt du ja schon.«
Pohlmann fühlte sich überrumpelt. Zum vertrauten Du überzugehen, kam einer Art Komplizenschaft gleich, andererseits könnte es nicht schaden, einem Informanten auf persönlicher Ebene zu begegnen. Auf diese Weise erhoffte er, noch mehr Informationen auf dem Silbertablett serviert zu bekommen. Warum nicht Freundschaft schließen mit einem Informanten. Einen Freund belügt man nicht.
»Na, meinetwegen. Ich bin Martin.«
Jerome grinste hinter der Flasche, die er zum Mund führte. Sein Plan ging auf.
Martin nahm einen weiteren Schluck.
»Also, noch mal. Was ist mit stichhaltigen Beweisen? Und wieso redest du über den Tod von Reinhard Schöller und nicht über den von Klaus? Mich interessiert in erster Linie, wie Klaus ums Leben gekommen ist. Der Alte ist schließlich noch in Amt und Würden, oder?«
»Möglicherweise nicht mehr lange. Er ist auf dem besten Weg, seine Geheimdienstkarriere zu versauen. Er ist mitschuldig am Tod seines Sohnes, er hat nicht dichtgehalten, hat zugelassen, dass sein Filius zu viel Infos über ihn und die Truppe ausgräbt. Wenn so etwas passiert, hat man sein Todesurteil bereits in der Tasche. Außerdem steht das nächste Treffen der Bilderberger vor der Tür und sein Job ist unter anderem der, für Sicherheit und Verschwiegenheit zu sorgen. Er hat sich darum zu kümmern, dass alle dichthalten und kein dummer Journalist, wie ich es bin, es schafft, sich einzuschleusen.« Jerome trank die Flasche aus und öffnete gleich danach die nächste.
Pohlmann schüttelte den Kopf und starrte vor die schwarzen Platten, mit denen die Fenster verdunkelt waren. »Das ist mir viel zu wenig. Mit Andeutungen kann ich nichts anfangen.«
Jerome hob die Hand. Sie zitterte leicht. »Nicht so hastig, junger Mann. Wir sind erst am Anfang unserer stürmischen Beziehung. Nicht gleich alles am ersten Tag. Wir müssen uns erst kennenlernen.« Jerome stellte das Jever auf den Tisch und wandte sich der Tastatur zu. Mit großer Schnelligkeit flogen seine Finger über Buchstaben und Zahlen, während sein Blick auf den Monitoren ruhte. Der Seitenaufbau gestaltete sich mit High Speed und ein Foto mit drei Männern darauf baute sich auf einem der Bildschirme auf.
»Komm her!«, befahl er Pohlmann. »Kennst du die?«
Pohlmann stand auf und lehnte sich vor. »Logisch. Der eine ist Reinhard Schöller. Der andere ist Lohmeyer, der Minister, der jetzt tot …«
»Und kennst du auch den dritten?«
Pohlmann kniff die Augen zusammen. Diesen Mann hatte er noch nie gesehen. Jerome wusste, dass Pohlmann ihn nicht kennen konnte.
»Das ist Thomas Wieland. Nie gehört, stimmt’s?« Pohlmann schüttelte schwach den Kopf.
»Wieland ist ein deutscher Schakal wie Schöller. Fünfzehn Jahre jünger, um ein Zehnfaches brutaler und ein Hundertfaches ehrgeiziger. Dieses Bild ist einen Tag vor Lohmeyers Tod entstanden. Wieland ist mit ziemlicher Sicherheit Lohmeyers Killer oder er mordete in Kooperation mit Schöller. Vermutlich haben die beiden das Ding gemeinsam durchgezogen. Das weiß ich noch nicht so genau. Ich denke, Schöller würde alles tun, um seine Position bei den Bilderbergern zu festigen.« Jerome ließ diese Information auf Pohlmann einen Augenblick wie die Betäubungsspritze eines Zahnarztes einwirken. Dann setzte er nach. »Wieland ist ein exzellenter Sprengstoffexperte, Auftragskiller, Söldner, treuer und loyaler Anhänger der neuen Bewegung. Aufstrebendes exekutives Rädchen der Schattenmacht. Alles, was er weiß, hat er von Schöller. Arbeitet zurzeit offiziell als IT-Manager mit makelloser Vita und eigener IT-Firma, inoffiziell ist er ein skrupelloses Schwein, dem keine Sauerei zu schmutzig ist.«
»Woher haben Sie …«, Pohlmann korrigierte sich, »woher hast du das Bild?«
»Ich hab Lohmeyer eine Woche lang beschattet und an dem Alten bin ich sowieso ständig dran. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie sich wieder trafen, und siehe da, Lohmeyer trifft auf seinen Mörder. Schöller und Wieland kennen sich seit zwanzig Jahren. Wieland ist so etwas wie ein Zögling von Schöller.« Jerome wies mit seinem Finger auf das Foto. »Sie spielen mit Lohmeyer. Niemand weiß, was sie dort besprechen, denn nun ist er tot. Zerrissen in alle
Weitere Kostenlose Bücher