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Schattenmelodie

Schattenmelodie

Titel: Schattenmelodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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auf.
    „Das war Minnerennienkraut, ganz sicher. Wir können uns nicht verreist haben!“, fluchte Janus.
    Ich dachte ebenfalls, dass wir aus Versehen in der magischen Blase irgendeiner modernen Wüstenstadt gelandet wären. Doch als mir Dubai durch den Kopf schoss, wusste ich, was los war.
    „Nein, wir haben uns nicht verreist. Wir sind an dem Ort, den Grete im Durchgang gesehen hat. Und Sulannia auch. Das muss bei uns sein, ganz in der Nähe.“
    Der heiße Wüstensand, in dem wir standen, war schneeweiß, während sich vor uns zylinderförmige, sandfarbene Wolkenkratzer mit riesigen verspiegelten Glasfenstern in den Himmel erhoben.
    „Der Sand brennt durch meine Schuhe“, sagte Janus. „Wir müssen in den Schatten.“
    Auch ich spürte die Hitze, die durch meine Stiefel drang. Also rannten wir auf das erste Haus zu und erreichten eine Promenade. Im Schatten einer der Palmen, die die Allee säumten, wurde die Hitze etwas erträglicher.
    Was uns umgab, erinnerte mich an einen sauberen 3D-Entwurf eines Architekten, der eine futuristische Stadt mitten ins Nichts hineingeplant hatte. Alles sah perfekt aus. Die Häuser, die Straßen, die ordentlich angelegten Grünflächen voller Kakteen. Doch es fehlte das Leben, keine Autos, keine Spaziergänger, keine Gerüche, kein Müll.
    „Hier gibt es bestimmt kein Minnerennienkraut“, fiel mir ein, und die Erkenntnis jagte mir einen Schauer über den Rücken.
    „Nein“, bestätigte Janus. „Von hier müssen wir sicher mit etwas anderem …“ Er führte den Satz nicht zu Ende.
    „Es war ein Fehler, ohne ein magisches Buch loszureisen“, klagte ich.
    „Dann hätten wir gar nicht reisen können“, bemerkte Janus.
    „Ich weiß.“ Ich hielt die Hand vor die Augen, weil das Licht unheimlich blendete.
    „Eins dieser Gebäude müsste die Akademie sein“, sagte Janus.
    „Meinst du? Ich habe das Gefühl, dass es hier überhaupt niemanden gibt.“
    „Wahrscheinlich wirkt das nur so. Wegen der Hitze. Da spielt sich das Leben hinter den Fassaden ab.“
    „Aber dann müssten wenigstens irgendwo Autos unterwegs sein“, warf ich ein.
    „Komm.“ Janus nahm meine Hand und wir liefen unter den Palmen entlang, in das Häusermeer hinein. Überall bot sich das gleiche Bild einer hochmodernen, aber völlig ausgestorbenen Stadt. Janus steuerte auf das großzügige Eingangsportal eines Wolkenkratzers zu. Ich zögerte. Sollten wir wirklich eins dieser Häuser betreten? Janus bemerkte mein Zögern. „Wir müssen wenigstens mal nachsehen.“
    Ich hoffte, dass die Türen verschlossen wären und niemand öffnen würde, wenn wir klingelten. Als wir uns einer großen Schiebetür näherten, schob sie sich jedoch selbstständig auf. Janus zog mich hinein.
    Wir fanden uns in einem Marmorfoyer wieder. Aus einer Wand plätscherte Wasser in einen Brunnen und mir fiel auf, dass ich großen Durst hatte.
    „Meinst du, man kann es trinken?“
    „Sieht ganz so aus“, antwortete Janus und steuerte auf den Empfangstresen in der Mitte der Halle zu. Dahinter befand sich natürlich niemand. Ich näherte mich dem Brunnen und roch an dem Wasser. Es duftete gut, genauso wie das Quellwasser aus dem Fluss hinter meinem Turmhaus. Ich formte meine Hände zu einer Schale und kostete. Es schmeckte auch so. Janus kam zu mir und trank auch etwas.
    „Weißt du, wie mir das ganze hier vorkommt? Als wäre es gerade frisch fertiggestellt worden und warte nun auf den Einzug all seiner Bewohner.“
    Ich nickte. „Vielleicht sollte ich mich verwandeln und mir einen Überblick verschaffen.“
    Auf Janus’ Stirn erschien eine Grübelfalte. Ich spürte, dass er mich nicht allein lassen wollte. „Wir könnten auch schauen, ob die Fahrstühle funktionieren und ins oberste Stockwerk fahren.“
    „Okay.“
    Die Fahrstühle funktionierten und führten hinauf zu einer gigantischen und vollständig verglasten Plattform. Von hier zeigte sich, dass die Stadt rund wie eine Insel gebaut war. Drumherum erstreckte sich bis zum Horizont nichts als gleißendweißer Wüstensand.
    „Es sieht tatsächlich aus wie eine magische Blase. Eine, die verlassen wurde.“ Janus lief am Panoramafenster entlang und ich folgte ihm. Genau wie unten sah alles wie aus dem Ei gepellt, aber noch völlig unbenutzt aus. Verlassene magische Blasen – Ob es so etwas gab? Und warum hatten Sulannia und Grete sie durch die Wasserader hindurch gesehen? Eine Wasserader, die es eigentlich gar nicht geben konnte.
    „Oder es ist der liebste Ort von

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