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Schattenmelodie

Schattenmelodie

Titel: Schattenmelodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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Typen zusammen, der vor mir saß.
    „Welches? Das?“ Er zog es unter dem Buch hervor, das darauf lag und auf dessen Einband kein Titel stand. „Ja, zum dritten Mal. Ich mag es einfach sehr. Kennst du es?“
    Ich nickte, versuchte dabei aber, möglichst gleichgültig auszusehen. Alles sträubte sich in mir, mit Janus plötzlich so eine intime Gemeinsamkeit wie ein Lieblingsbuch zu entdecken.
    „Hab es vor sieben Jahren gelesen. Kann mich kaum noch erinnern.“
    „Aber es hat dich überrascht, dass ich es lese.“
    Ich zuckte einfach mit den Schultern.
    „Magst du Bücher?“, fragte er daraufhin.
    „Ich liebe Bücher.“ Bei der Frage gelang es mir nicht, mich gleichgültig zu geben.
    „Das ist wunderbar. Ich betreibe hier in der Gegend ein Antiquariat.“
    „Tatsächlich?“
    Janus besaß einen Buchladen? Ich hatte mir noch gar keine Gedanken gemacht, was ihn umtreiben könnte. Aber dass er eine Buchhandlung führte, warf auf einmal ein neues Licht auf ihn. Ob das wohl stimmte, meldete sich sofort mein Misstrauen.
    „Ich würde es dir gerne einmal zeigen. Was hältst du davon?“
    Statt aus meinem Mund, kam die Antwort von Tom neben mir, der mir das leere Glas aus der Hand nahm. „Ich glaube, für heute hast du genug geholfen, Neve. Ist ja nicht viel los heut.“ Während er zum Ausschank zurückging, rief er noch: „Den Laden geh dir auf jeden Fall anschauen. Er ist wirklich was Besonderes.“
    Ich fühlte mich völlig überrumpelt. Meinen Arm hielt ich immer noch angewinkelt, als würde ich das Glas halten. Meine Hand griff ins Leere. Ich hätte jetzt gerne das leere Glas noch gehabt, um mich daran festzuhalten. Ich ging in jeden Buchladen, an dem ich vorbeikam. Aber ich mochte nicht mit Janus mitgehen, gleichzeitig aber doch. Oder nicht jetzt gleich. Oder doch jetzt sofort.
    „Jetzt gleich?“, fragte ich.
    „Meinetwegen. Eigentlich wollte ich gar kein zweites Bier und sowieso aufbrechen.“
    Er hatte eigentlich gar kein zweites Bier gewollt, na toll …
    Janus trank es in einem Zug aus und packte seine Bücher in eine lederne Umhängetasche. Dann sah er mich an, weil ich immer noch unschlüssig vor ihm stand.
    „Oder bist du müde? Wir müssen natürlich nicht gleich heute …“
    „Nein, nein. Ich habe Feierabend und nichts weiter vor und wenn es in der Nähe ist … Ich liebe Antiquariate. Ich bin schon gespannt.“
    Es war, als wenn ein Teil aus mir sprach, der völlig in Vergessenheit geraten war, weil er so lange geschwiegen hatte. Wie eine andere Stimme, die gar nicht zu mir gehörte. Ich nahm meinen Mantel vom Ständer, zog ihn über, band meinen roten Schal um und verließ mit Janus das Absturz . Tom nickte zum Abschied hinter seiner Theke hervor. Sein Gesichtsausdruck dabei allerdings behagte mir nicht. Er hatte so etwas Väterliches. So hatte er Charlie noch nicht angesehen.
     

Kapitel 19
     
    Es war schon dunkel draußen. Zuerst liefen wir nur nebeneinander her und schwiegen. Vielleicht sollte ich doch eine Ausrede finden, um lieber nach Hause zu gehen? Aber ich war viel zu neugierig auf das Antiquariat. Merkwürdig, dass es hier eins geben sollte, das ich noch nicht kannte.
    „Wenn du jetzt bei Tom arbeitest, dann heißt das, du bist zurzeit dauerhaft in Berlin?“
    „Ja, so in etwa.“
    „In dem Haus am Wetterplatz?“
    „Na ja. Mal sehen. Die Wohnung ist schon recht provisorisch. Wohin gehen wir?“
    „Rüber zum Helmholtzplatz und dann in die Lychener. Am Ende wird sie zu einer Sackgasse und da ist es.“
    „Da, wo sie auf die S-Bahn-Trasse stößt?“
    „Ja, genau.“
    „Warum habe ich es dann immer übersehen?“
    „Weil es im Hinterhof ist.“
    „Im Hinterhof?“
    „Ja, ich habe keine Laufkundschaft. Nur Stammkunden und das Internet.“
    Auf einmal war es mir unheimlich, mit einem Fremden gleich in einem Hinterhof zu verschwinden. Allerdings hatte ich nie wirklich was zu befürchten. Im Notfall konnte ich mich einfach in Luft auflösen und das war’s. Dafür gab es keinen Ärger vom Rat der magischen Welt. Zum Glück war ich jedoch noch nie in eine gefährliche Situation geraten.
    „Und davon kannst du leben?“
    „Ja, ganz gut sogar – wenn man bescheiden ist. Ich bin hauptsächlich als Buchscout tätig, bekomme Anfragen wegen Sonderausgaben und besorge sie für Leute, die dafür ziemlich gut zahlen.“
    Das Antiquariat befand sich in einer Remise mit zwei Etagen. Ein schön saniertes Gebäude aus Backstein, das typische Holzfenster mit Rundbögen besaß. Im

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