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Schattenmenagerie

Schattenmenagerie

Titel: Schattenmenagerie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Buehrig
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Konkretes habe ich noch nicht geplant. – Wie kommen Sie darauf?«
    »Ach, war nur so ein Gedanke«, lenkte
Kroll ein. Die Mutter aber hatte sofort Lunte gerochen:
    »Der Graf von Stolberg kam nämlich
auf Mallorca ums Leben. – Und offenbar liegt es für die Polizei nahe, dass wir damit
zu tun haben könnten.«
    »Aber das ist doch schierer Unsinn!«,
beeilte sich ihr Sohn anzufügen.
    Das Dienstmädchen
brachte das Familienbuch. Kroll nutzte die Gelegenheit, um es genauer zu betrachten.
Nicht mehr die Jüngste, dachte er. Ein biederes Mauerblümchen. Obwohl, – in ihrer
Art eigentlich ganz ansehnlich. Bestimmt eine treue Seele. – In ihren Augen schimmert
eine gewisse Glut. Ich kann mir vorstellen, dass sie einen heimlichen Liebhaber
hat. – Aber sicherlich nicht den jungen Herrn. Dann hätte es hier im Raum gefunkt.
– Irgendwie macht sie einen etwas verlegenen Eindruck. Als ob sie meine Anwesenheit
irritiert. Ich werde ihr nachher mal ein wenig auf den Zahn fühlen.
    Die Zofe verschwand unauffällig,
während die Herzogin umständlich in dem Buch herumblätterte, bis sie fündig wurde.
    »Hier steht es. Am 2. April waren
mein Mann und ich zu Gast bei der Kieler Landesregierung. – Sie können sich dort
höheren Orts gern informieren. Der Herr Landespräsident wird es Ihnen bestätigen.«
    Der Inspektor musste gestehen: »Gut,
Ihre Angaben werde ich überprüfen, aber ich möchte Ihnen schon jetzt versichern,
dass ich sie nicht anzweifle. Das ist reine Routinearbeit, – wenn Sie verstehen,
was ich meine.« Die Gastgeberin überhörte die Anspielung. Kroll machte eine kleine
Pause, bevor er fortfuhr. »Wie viele Schlüssel gibt es zu der Lübecker Stadtvilla,
und wer verfügt über sie?«
    »Wenn ich recht informiert bin,
hängt einer im Schlüsselkasten, dort im Gang. Wir benutzen ihn selten, nur, wenn
wir mal nach Lübeck müssen, zum Beispiel anlässlich eines Konzerts des Schleswig-Holstein-Musikfestivals.
Ein zweiter befindet sich in den Händen des Hausmeisters aus der Nachbarschaft,
der dort für das Anwesen sorgt. Ein dritter hängt in dem Arbeitszimmer meines Mannes
im Eutiner Schloss. Die Mitglieder des Stiftungsrats dürfen die Villa benutzen,
wenn sie zu dienstlichen Zwecken in Lübeck sind. – Das wäre alles. Mehr Schlüssel
existieren meines Wissens nicht.«
    Kroll erhob sich, machte ein paar
Notizen in seinem kleinen Merkheft. »Nun, das hat mir schon ein Stück weitergeholfen.«
Er klappte sein Notizbuch zu und verabschiedete sich. »Vielen Dank für Ihre freundliche
Geduld mit mir. Ich bin sicher, dass sich jegliche Verdachtsmomente in Luft auflösen
werden. – Bitte richten Sie Ihrem Gatten meine Empfehlung aus. Ich glaube nicht,
dass es noch notwendig sein wird, ihn zu inkommodieren.«
    Auch dieses Fremdwort hinterließ
bei der Herzogin keinen Eindruck. Sie hielt es für billige Ironie. So war es aber
nicht gemeint. »Theresa wird Sie hinausbegleiten.« Sie klingelte erneut. Sofort
war das Dienstmädchen präsent. Ziemlich brüsk befahl ihr die Herzogin: »Der Herr
möchte gehen. Bitte begleiten Sie ihn hinaus.«
    Kurz bevor Kroll durch die Salontür
verschwand, drehte er sich um und kratzte sich mit dem Daumen über die Stirn. Das
hatte er im Fernsehen bei Inspektor Columbo gelernt.
    »Ach, beinah hätt ich’s vergessen.
– Sagt Ihnen der Name Caoba etwas?«
    Die Frage schlug wie eine Bombe
ein. Die Herzogin bekam ein knallrotes Gesicht und drehte sich wutentbrannt zu ihrem
Sohn um, der jetzt beim Fenster zum Park stand und scheinbar interessiert die Bäume
betrachtete. Er sackte bei der Frage erschrocken in sich zusammen.
    »Peter Anton, haben wir dir nicht
jeden weiteren Umgang mit dieser Person verboten? – Wieso wird dieser Name in unserem
Hause erwähnt? Er ist tabu für dich, das weißt du. – Andernfalls werden wir dich
auf der Stelle enterben!«
    So wurde der Inspektor unfreiwillig
Zeuge einer pikanten Familienauseinandersetzung. Theresa, das Dienstmädchen, neigte
dezent ihr Haupt, um die Distanz einer Angestellten zu wahren. Kroll ließ nicht
locker: »Entschuldigen Sie bitte, aber Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet.«
    Die Herzogin schluckte ein paar
Mal heftig, bevor sie sich zu einer Erklärung herabließ.
    »Die Adoptivtochter des Wildhüters
drüben in der Alten Schäferei am Ostufer des Eutiner Sees heißt so. Eine Schwarze,
ein stummes Waldmädchen, das nicht in unsere Kreise passt. Und außerdem minderjährig.
– Mein Sohn hatte …«
    »Bemüh dich

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