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Schattenmenagerie

Schattenmenagerie

Titel: Schattenmenagerie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Buehrig
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recherchieren. Die familiären
Verhältnisse des Grafen sind uns nicht geläufig. Soviel ich weiß, existieren keine
näheren Nachkommen.«
    Jemand klopfte dezent an der hohen
Holztür zum Salon. Ein elegant gekleideter und gut aussehender junger Mann trat
ein. Peter Anton Herzog von Altenburg hatte eine auffällige Ähnlichkeit mit seiner
Mutter. Jugendlicher Stolz und auch ein Schuss Überheblichkeit sprachen aus seinen
Augen. Kroll fand ihn etwas dandyhaft.
    Nachdem sie ein paar Höflichkeitsfloskeln
ausgetauscht hatten, heftete der Inspektor seinen Blick auf das Gesicht seiner Gastgeberin
und fragte sie direkt heraus:
    »Ist es richtig, dass Sie eine Villa
in Lübeck am Mühlenteich besitzen?«
    Kroll beobachtete genau die Reaktion
seiner beiden Gegenüber. Durch den Körper der Herzogin ging ein deutlicher Ruck,
so verwundert war sie über den plötzlichen Themenwechsel. Ihren Sohn schien die
Frage in keiner Weise irritiert zu haben. Schließlich kannte er den Inhalt des vorigen
Gesprächs nicht, fiel Kroll ein.
    Die Frau warf einen kurzen Blick
auf ihren Sohn, den das alles nicht sonderlich zu interessieren schien. Dann schaute
sie dem Inspektor fest in die Augen.
    »Ja, das ist richtig. Wir haben
dort eine Stadtwohnung. – Aber was hat die Frage mit dem Grafen Stolberg zu tun?«
    Kroll flüchtete sich in eine Gegenfrage.
Er wollte nicht zu früh die Katze aus dem Sack lassen.
    »Nutzen Sie und Ihre Familie die
Wohnung regelmäßig?«
    Ehe die Mutter antworten konnte,
schaltete sich der Sohn in das Gespräch ein.
    »Nein. Hin und wieder übernachte
ich dort, wenn ich Dinge in Lübeck zu erledigen habe. Meine Eltern waren dort seit
Jahren nicht, wenn ich richtig informiert bin.«
    »Wann waren Sie denn das letzte
Mal dort?«
    Der Gastgeberin schien der Geduldsfaden
zu reißen. Sie hängte sich die Kette vom Hals und wog das schwere Stück langsam
in der rechten Hand, als wäre sie eine scharfe Waffe.
    »Entschuldigen
Sie bitte, aber soll das ein Verhör werden? Ich möchte endlich wissen, was die Fragerei
mit Ihrem Besuch zu tun hat. Es hieß, Sie wollten sich bei uns über den Grafen Stolberg
erkundigen. Und jetzt stochern Sie in unseren privaten Angelegenheiten herum! –
Ich bin ein wenig indigniert, wenn Sie wissen, was ich meine.«
    Jetzt hielt
es Kroll an der Zeit, rücksichtslos mit aller Härte den Grund seines Besuchs zu
offenbaren. Er schaute dem jungen Mann fest in die Augen.
    »In Ihrer Villa
wurde gegen Mittag des 2. April ein Mord begangen.«
    Schlagartig breitete sich eine eiskalte
Atmosphäre im Salon aus. Die Herzogin ließ vor Schreck die Kette auf den Boden fallen.
Ihr Sohn zuckte heftig zusammen und starrte den Inspektor ungläubig mit offenem
Mund an.
    Die beiden müssten schon sehr gute
Schauspieler sein, um so ehrlich erschrocken zu reagieren, schoss es Kroll durch
den Kopf. Aber wer weiß …?
    Die Herzogin fasste sich als Erste.
»Wie bitte? – Sagen Sie das noch einmal!«
    »Am 2. April wurde um die Mittagszeit
in Ihrer Stadtwohnung eine Frau vergiftet und am Abend vom Garten aus in den Mühlenteich
geworfen. – Sie werden hoffentlich Verständnis dafür haben, dass ich Sie fragen
muss: Wo waren Sie, gnädige Frau, beziehungsweise Ihr Gatte?«
    Kroll bückte
sich und legte die Kette der Frau in die verkrampft geöffnete Hand zurück. Dann
richtete er seinen Blick auf die Hände des jungen Mannes, die dieser unwillkürlich
gefaltet hatte, als wolle er beten. Der Erbherzog rieb seine Daumen nervös an den
Fingerknöcheln. Die Herzogin stand auf und klingelte erneut nach dem Dienstmädchen.
    »Bringen Sie
mir unser Familienbuch.« Dem Inspektor gegenüber erklärte sie in einem distanzierten,
formalen Ton: »Entschuldigen Sie, dass ich Ihnen Ihre Frage nicht auf Anhieb beantworten
kann. Wir haben viele Verpflichtungen, müssen Sie wissen. Aber wir führen genau
Buch, so eine Art Tagebuch. Wenn Sie bitte einen Augenblick Geduld haben.«
    »Und wo waren
Sie, junger Mann, am fraglichen Tage zur fraglichen Tatzeit?«
    »Am 2. April? – Hm, da muss ich
nachdenken. – Mir fällt nichts Besonderes ein. Wahrscheinlich war ich hier zu Hause.
Ich muss für mein Examen lernen. Mein Studium füllt mich momentan sehr aus, müssen
Sie wissen.«
    »Was studieren
Sie denn, wenn ich fragen darf?«
    »Spanisches Immobilienrecht, – wenn
Sie erlauben. Ich möchte mich in dieser Richtung selbstständig machen.«
    »Immobilien auf Mallorca?«
    Der junge Mann schaute ihn verständnislos
an. »Nein,

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